Schon zu Beginn des Krimis wird der Leser fast magisch in die malerische Szenerie der Alpen hineingezogen. Man riecht förmlich den aufkommenden Schnee und spürt den Atem des Mannes, der des Weges reitet. Der Landschaftsmaler Greider stört eines Tages die Idylle eines abgelegenen Tales hoch in den Alpen. Auf einem Maultier reitend betritt er das Dorf kurz vor Wintereinbruch und bittet um eine Unterkunft. Von einer Witwe mit junger Tochter wird er schließlich aufgenommen, nachdem er eine dicke Geldbörse vorweisen kann. Die Bewohner des Dorfes sind misstrauisch, niemand kennt den angeblich aus Amerika kommenden Fremdling und der nahende Schnee verhindert den Weg nach draußen. Greider muss also bis zum nächsten Frühling im Tal bleiben. Der Roman spielt Ende des 19. Jahrhunderts, doch in der eingeschworenen Gemeinde des Dorfes scheint die Zeit langsamer zu vergehen. Fest in Traditionen und Gewohnheiten verwurzelt, rüttelt die Ankunft des Fremden die scheinbare Ordnung kurzzeitig auf. Doch nach und nach gewöhnen sich die Bewohner an den Fremden.
Schon auf den ersten Seiten des Krimis wird dem Leser bewusst, dass es in dem Dorf nicht mit rechten Dingen zugeht. Eine namenlose Angst scheint die Menschen dort zu fassen. Anfangs noch diffus, wird zunehmend klar, dass die Furcht mit der Brenner-Familie in Verbindung steht. Die fünf Brenner-Söhne gehören zur ältesten Familie des Dorfes und verbreiten wo sie erscheinen eine Aura aus Angst, finsterer Autorität und Schrecken. Doch auch Greider ist für den Leser als Person schwer einzuschätzen. Was will er in diesem Tal, was führt er im Schilde? Dieser lebt sich derweil unauffällig ein und beginnt die Landschaft um sich herum detailgetreu aufzuzeichnen. Der Autor lässt den Leser lange im Unwissen, besonders durch eingeschobene Rückblenden und das personale Erzählen wird die Spannung des Romans bis ins Unermessliche geschürt.
Als es den ersten Toten gibt, scheint eine Tragödie nicht mehr aufzuhalten zu sein. Das Drama nimmt seinen Lauf und der Leser weiß bis zum Schluss nicht, was er glauben soll und was nicht. Thomas Willmann schafft es in seinem Roman den wunderbaren Kontrast zwischen malerische Alpenidylle und den schmutzig brutalen und niederen Beweggründen der Bewohner des Dorfes zu zeichnen. Das atemberaubende Western-Showdown sucht seinesgleichen. Der Genre-Mix zwischen Krimi und Western wirkt an keiner Stelle künstlich oder aufgesetzt. Im Gegenteil: Dem Autor gelingt eine Fusion verschiedenster Stilelemente, jenseits von einheitlichen Genremaßstäben und schafft so einen der originellsten Krimi-Western-Romane der letzten Jahre. Empfehlung: Nichts für schwache Nerven, aber für Fans actiongeladener Western und düsterer und stimmungsvoller Krimis à la Tannöd.
Willmann, Thomas: Das finstere Tal
Ullstein Taschenbuch 2011
ISBN 978-3-548-28368-5. Taschenbuch. Preis: 9,99 Euro.