VON PHILLIPPINE SENSMEIER | 11.05.2012 09:37

Helikopter-Eltern: Wenn Kinder unter Beobachtung stehen

Sie kreisen um ihre Sprösslinge wie Hubschrauber, die Verbrecher jagen und das nur, damit sie im Falle einer brenzligen Situation in das Leben ihrer Kinder eingreifen können: Helikopter-Eltern. Überfürsorgliche Eltern, die nicht loslassen und damit ihren Nachwuchs in erhebliche Schwierigkeiten bringen können. Was es damit auf sich hat und wie man sich aus den Fängen der Helikopter-Eltern lösen kann.

Aus dem Englischen übernommen (Helicopter Parents) und dort auch als „Overparenting“ bekannt, bezeichnet der Begriff „Helikopter-Eltern“ einen Erziehungsstil, der sich durch exzessives Einmischen in das Heranwachsen der eigenen Kinder auszeichnet. Aus Angst, der Nachwuchs könnte falsche Entscheidungen treffen oder eigene Fehler machen, aus denen er ja eigentlich lernen sollte, versuchen diese Eltern ihm einen Schritt voraus zu sein und somit vor falschen Handlungen zu schützen. Wendy Mogel, klinische Psychologin aus den USA, beschreibt in ihrem Buch The Blessing of a Skinned Knee, dass dieser Erziehungsstil oftmals zu erheblichen Mängeln in der sozialen, ethischen und emotionalen Entwicklung des Kindes führen könne. Neben der Tatsache, dass Helikopter-Eltern die Risiken, die ihren Kindern drohen, falsch einschätzen, ist vor allem die Beschränkung auf die eigenen Bedürfnisse und Wünsche ein großes Problem, das weder zur Selbstständigkeit noch zur Widerstandsfähigkeit des Kindes führt.

Viele Studenten haben große Probleme, sich von ihren Eltern zu lösen. Eigentlich sollten sie von Zuhause ausgezogen sein, die Welt kennenlernen und ihre Rolle im Erwachsenenleben finden. Stattdessen ist die Zahl derer, die noch Zuhause wohnen, laut der 19. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks, in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Die Helikopter-Eltern lassen ihre Kinder ungern gehen und diese lassen sich so lange wie möglich umsorgen. Aber auch Studenten, die aus dem Elternhaus ausgezogen sind, können von den elterlichen Hubschraubern umkreist werden: Wichtige Entscheidungen, wie beispielsweise die Studienwahl, werden nur gemeinsam getroffen und das Wochenende verbringt man im warmen Nest – immerhin macht Mutti noch die Wäsche. Dies kann jedoch dazu führen, dass die Kinder gar nicht mehr aufhören wollen zu studieren. Sie schieben die Abschlussarbeit auf und fürchten sich vor der Selbstständigkeit, die nach dem Studium kommen sollte.

Selbstcoaching

Doch was ist es, das die Eltern zu Helikoptern macht? Albert Wunsch, Erziehungswissenschaftler und Autor des viel diskutierten Buches „Die Verwöhnungsfalle“, meint, Eltern sähen ihre Kinder heutzutage als Projekt. Wenn man sein Kind schon erfolgreich durch die Schule gebracht habe, möchte man auch, dass es etwas Anständiges studiert. Die Helikopter-Eltern projizieren ihre Wünsche auf die Nachkommen. Außerdem fällt es vielen von ihnen schwer, sich nach dem Auszug ihres Kindes wieder mit sich selbst und ihrer Partnerschaft zu beschäftigen. Doch genau das sollten Helikopter-Eltern eigentlich tun. Der Schritt in ein Leben ohne ständigen Kontakt zum Kind ist zwar kein leichter, jedoch ein notwendiger. Entscheidungsfreiraum und Vertrauen sind die wichtigsten Begleiter auf dem Weg zur Selbstständigkeit. Junge Menschen müssen lernen Verantwortung für ihr eigenes Leben zu übernehmen, sei es im Rahmen der Studienwahl, bei der Finanzierung des Lebensunterhaltes oder bei der Entscheidungsfindung in Alltagsfragen. Vielleicht sollten sie diejenigen sein, die den Kontakt zu ihren überfürsorglichen Eltern einschränken und ihnen im Guten erklären, wie wichtig ein selbstbestimmtes Leben für sie ist. Universitäre Beratungsstellen und Studentenwerks-Psychologen können ihnen bei den ersten Schritten helfen.