VON CHARLOTTE MEYER | 15.04.2015 16:46

Globalisierter Tourismus – Fluch oder Segen?

Im Zuge der Globalisierung ist der Tourismus zum drittwichtigsten Wirtschaftszweig global angewachsen. Größere Mobilität und weltweiter Datenaustausch machen selbst die entlegensten Regionen der Welt für Touristen interessant. Doch globaler Tourismus birgt auch Gefahren für Natur und Kultur eines Reiselandes. Wie kanadische Indianer etwa mit steigendem Tourismus in ihren Heimatgebieten umgehen, berichtet UNI.DE.




Immer mehr internationale Vernetzung und enorm steigende Touristenzahlen

Durch die Globalisierung sind bisher selten bereiste Regionen für den Tourismus erschlossen und interessanter geworden. Durch die steigende Mobilität sind vor allem ferne Reiseziele leichter erreichbar und werden so zu Standardreiseländern. Aufgrund der steigenden Nachfrage auch an nicht klassischen Tourismusregionen konnte sich auch dort ein Standard für internationale Touristen einstellen. Vor allem der internationale Handel ermöglicht es, dass entsprechende Güter und erforderliche Technik in die Reiseländer gebracht werden. Können Reiseziele diese Standards verwirklichen steigen sie in der Anerkennung der Reiseunternehmen.

Laut der World Tourism Organization UNWTO ist seit den 50er Jahren die Zahl der weltweit einreisenden Touristen von 25 Millionen auf 922 Millionen im Jahr 2008 gestiegen. Vier Fünftel des Tourismusverkehrs betreffen dabei den Tourismus innerhalb einer Region, also beispielsweise innerhalb Europas oder der amerikanischen Kontinente. Die UNWTO geht weiter davon aus, dass sich der Tourismus zwischen den Regionen noch weiter erhöhen wird. Der Tourismus ist so in den letzten 50 Jahren global zum drittgrößten Wirtschaftszweig hinter der Öl- und Automobilindustrie geworden.

Die Kreuzfahrtindustrie boomt

Eingriffe in die Natur, Wiederaufleben von Kultur

Doch Globaler Tourismus bedeutet allerdings vor allem eine Belastung für Natur und Umwelt. Nicht nur, dass durch den Anstieg des weltweiten Verkehrs immer mehr fossile Ressourcen verbraucht werden und Treibhausgase in die Atmosphäre gelangen, sondern der Bau von Infrastruktur und Verkehrseinrichtungen für Touristen birgt oftmals erhebliche Eingriffe in natürlich gewachsene Landschaften. Jedoch kann Tourismus krisengebeutelten Ländern wirtschaftlichen Aufschwung versprechen, das Image eines Landes durch internationalen Austausch verbessern und neue Handelsbeziehungen hervorbringen.

Ebenso kann Tourismus zu einer erhöhten Wertschätzung von Natur und Kultur eines Landes beitragen und einen behutsameren Umgang bewirken. So berichtet etwa der Informationsdienst Tourismus und Entwicklung von dem im kanadischen Ontario heimischen Volk der Ojibwe, die an ihrer Kultur interessierte Touristen bei sich empfingen. Um dem entgegenzuwirken dass Reiseleiter von außerhalb das Wissen über die Rituale und Bräuche der Ojibwe vermitteln, gründete sich der „Great Spirit Circle Trail“, ein Zusammenschluss aus acht indigenen Völkern Ontarios, um Studierende aus indianischen Gemeinschaften die Möglichkeit zu geben, ihre Geschichte und Kultur zu erforschen und diese an Touristen weiterzugeben - ohne materielles Interesse. Ähnliche indigene Schutzgemeinschaften existieren etwa auf Bali, wo die indigene Bevölkerung ihre heiligen Stätten vor dem Tourismus schützt. Was Bali und Ontario dabei verbindet, ist der Prozess der „Indigenisierung“ oder „Traditionalisierung“. Dass sich nämlich indigene Völker wieder mehr auf ihre Traditionen besinnen, diese kultivieren und aufleben lassen. Gerade in Zeiten des globalen Austauschs und des Verfließens von kulturellen Grenzen scheint das Bedürfnis stärker zu werden, sich mehr als zuvor auf die eigenen Wurzeln berufen.