VON MAXIMILIAN REICHLIN
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30.12.2014 12:07
Europa deine Flüchtlinge – Über die Verteilung der Asylbewerber innerhalb der EU
Immer mehr Flüchtlinge suchen in Europa Schutz, wie aktuelle Statistiken belegen. Deutschland nimmt von den Flüchtlingen am meisten auf, liegt in Relation auf die eigenen Einwohner allerdings nur im unteren europäischen Mittelfeld. Schon fordern Kritiker mehr Solidarität für die Flüchtlinge von Seiten der Regierung, Innenminister Thomas de Maizière pocht dagegen vor den Partnerländern auf ein gerechtes Verteilungssystem. UNI.DE berichtet.
Was Asylanträge innerhalb des ersten Quartals 2014 anbelangt, steht Deutschland EU-weit eindeutig an der Spitze. Das belegen die veröffentlichten Zahlen der Statistikbehörde Eurostat. Rund 100.000 Flüchtlinge haben von Januar bis März in Europa um Asyl gebeten, etwa 36.000 davon in Deutschland. Nur etwa die Hälfte dieser Zahl hat der Zweitplatzierte Frankreich vorzuweisen, danach folgen Schweden und Italien. Innenminister Thomas de Maizière hält die Anzahl der aufgenommenen Flüchtlinge in Deutschland für „überdurchschnittlich“ und fordert eine gerechtere Verteilung der Anträge sowie ein stärkeres Engagement der europäischen Partner.
Ohne Angst verschieden sein
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Setzt man die Anzahl der Bewerber allerdings in Relation zur Einwohnerzahl der Staaten, befindet sich Deutschland mit 460 Asylsuchende pro eine Million Einwohner nur im unteren Mittelfeld. Hier ist Schweden absoluter Spitzenreiter mit über 1.000 Anträgen – doppelt so viele, wie der Zweitplatzierte Malta. Der Grund für die ungleichmäßige Verteilung der Flüchtlinge an die einzelnen EU-Staaten ist das Fehlen eines bindenden Systems, wie etwa de Maizière es fordert. Innerhalb der EU gilt immer noch die sogenannte Dublin-Regel, die festlegt, dass sich immer jenes Land für einen Asylantrag verantwortlich zeigen muss, in dem der Flüchtling zum ersten Mal europäischen Boden betreten hat.
Doch selbst an diese Vorgaben halten sich nicht alle EU-Staaten. Viele Flüchtlinge wandern bereits nach kurzer Zeit aus der Mittelmeerregion weiter nach Norden. Gründe sind die unzureichende Unterbringung und Versorgung, etwa in Italien, Spanien und Griechenland, und die überdurchschnittlich lange Dauer der bürokratischen Verfahren. Viele dieser Flüchtlinge gelangen früher oder später
nach Deutschland. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann warnte bereits, Deutschland hätte kaum noch Kapazitäten für die Aufnahme von neuen Asylbewerbern. Auch übte er harsche Kritik an der italienischen Flüchtlingspolitik: Es sei eine Schande, dass Italien die eigenen Flüchtlinge „einfach in den Zug nach Deutschland setzt.“
De Maizière schlug im Oktober beim Treffen der EU-Innenminister in Luxemburg einen versöhnlicheren Ton an: Man schulde Italien Solidarität, auch aufgrund der oft aufwendig durchgeführten Seerettungen, etwa vor der Küste Libyens. Dennoch forderte auch der Minister eine Registrierungspflicht für alle EU-Staaten, worauf sich die Teilnehmer der Konferenz
schließlich auch einigten. In Zukunft müssen Flüchtlinge in dem Land, in dem sie ankommen, mit Fingerabdrücken registriert werden. So soll verhindert werden, dass immer mehr Asylbewerber von Süden nach Norden wandern.
Kritiker betonen unterdessen die mangelnde internationale Solidarität aller EU-Staaten, vor allem vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion um syrische Flüchtlinge. Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl berichtet von rund 1,6 Millionen Asylbewerbern aus Syrien und seinen Nachbarstaaten von denen Deutschland nur lediglich 5.000 aufnehmen wolle. Insgesamt komme die gesamte EU mit den auf einer internationalen Flüchtlingskonferenz in Berlin angekündigten Zahlen
nicht einmal auf 1% der syrischen Flüchtlinge. Zu wenig, findet die Organisation.