VON CLEMENS POKORNY | 30.01.2015 17:02

Flüchtling oder Asylbewerber – ein Unterschied

Wie so ziemlich alle Bereiche des öffentlichen Lebens reglementieren die EU und ihre Mitgliedsstaaten auch das Recht auf Asyl. Wer als Flüchtling, subsidiär Schutzberechtigter oder gar Asylbewerber anerkannt werden will, muss hohe Hürden überwinden. Als die größte erweist sich nicht selten die EU-Bürokratie.

Kaum jemand verlässt gerne seine Heimat, wenn er nicht dazu gezwungen ist. Trotzdem werden Asylbewerber immer wieder gefragt: Warum haben Sie Ihre Heimat verlassen? Obwohl Zuwanderer zuhause alles aufgeben mussten, obwohl sie oft ein schreckliches Schicksal erlitten haben, obwohl sie nachweislich mehr Geld in die Sozialkassen einzahlen als ausbezahlt bekommen: Die reichen europäischen Staaten wollen genau wissen, wer in sie einzuwandern begehrt – und weshalb. Denn die Beweggründe der Betroffenen entscheiden wesentlich darüber mit, ob sie bleiben dürfen oder nicht.

Warum das Wort „Rasse“ nicht in eine Verfassung gehört

Als Flüchtling gilt laut Genfer Flüchtlingskonvention (1951) jede Person, die „aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Staatszugehörigkeit, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung außerhalb ihres Heimatlandes befindet und dessen Schutz nicht beanspruchen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht beanspruchen will; oder die sich als Staatenlose infolge solcher Ereignisse außerhalb ihres Wohnsitzstaates befindet und dorthin nicht zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht zurückkehren will“. Die Konvention war eine Konsequenz aus den zunehmenden Flüchtlingsströmen in Folge der beiden Weltkriege. Doch nicht jeder Flüchtling hat auch das Recht auf auf dauerhaften Aufenthalt in dem Land, in das er geflohen ist, und auf staatliche Unterstützung.

Denn das Recht auf Asyl setzt dreierlei voraus: Der Asylbewerber muss Flüchtling sein (vgl. oben), deshalb ohne Umweg über „sichere Drittstaaten“ nach Deutschland eingereist sein und dort einen Asylantrag gestellt haben. Als „sichere Drittstaaten“ gelten derzeit alle Nachbarstaaten Deutschlands – Asylrecht wird also hierzulande grundsätzlich nur Flüchtlingen gewährt, die per Flugzeug oder Schiff eingereist sind. Über eine europaweite Datenbank (EURODAC) können die EU-Staaten nachvollziehen, wo in Europa die betreffende Person erstmals registriert wurde. Verfolgung durch den Heimatstaat lässt sich zudem oft schwer nachweisen – vor allem dann, wenn in der Heimat gar keine funktionierenden staatlichen Institutionen existieren.

Als Alternative zum Flüchtlingsstatus kann der Titel „Subsidiär Schutzberechtigter“ nach der Qualifikationsrichtlinie der EU angesehen werden, der ebenfalls (zunächst befristeten) Schutz vor Abschiebung bietet. Subsidiär schutzberechtigt ist, wem aufgrund eines bewaffneten Konfliktes oder drohender unmenschlicher Behandlung bis hin zur Todesstrafe im Heimatland der Aufenthalt in demselben nicht zuzumuten ist.

Trotz des Leids, das Menschen, die aus ihrer Heimat geflohen sind, miterleben mussten, setzt die EU der Zuwanderung durch Flucht also enge Grenzen. Prinzipiell sieht sie die meisten Schutzsuchenden als illegale Immigranten an, weil ihnen in der Regel offizielle Einreisedokumente fehlen. Und aus vielen Gründen können Flüchtlinge sogar in Abschiebehaft genommen werden – wie Verbrecher. Nach zahllosen überwundenen Gefahren auf der Reise von Afrika oder Asien nach Europa stehen die Überlebenden unter den Geflohenen also oft vor dem größten Hindernis: Der Bürokratie der EU-Staaten, die – sieht man sich die Lage kritisch an – Zuwanderung eher verhindern als ermöglichen soll.