VON ANGELA SCHWEIZER | 17.11.2015 15:48

Start mit Hindernissen - Flüchtlinge und ihre Integration im deutschen Arbeitsmarkt

Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist zentral für die Integration und Zukunftsperspektive von Flüchtlingen. Das noch junge Anerkennungsgesetz der Bundesrepublik soll es erleichtern, im Ausland erworbene Berufsabschlüsse anzuerkennen, und ist laut Statistik erfolgreich. Doch warum ist es für Flüchtlinge immer noch so schwer, in Lohn und Brot zu kommen?




Was regelt das Anerkennungsgesetz?

Seit 2012 gilt in Deutschland das Anerkennungsgesetz. Demnach haben Menschen mit ausländischem Berufsabschluss den Rechtsanspruch – unabhängig vom Stand ihres Asylverfahrens – dass innerhalb von drei Monaten geprüft wird, ob ihre Qualifikation gleichwertig mit dem deutschen Referenzberuf ist. Zwar wurde dies bei 96 Prozent der gestellten Anträge im Jahr 2014 anerkannt, allerdings waren von den 13.200 anerkannten Berufsabschlüssen im Jahr 2014 nur 501 syrische, 60 irakische und 30 afghanische Anträge.

Damit die Menschen auch eine Chance auf Anerkennung haben, die ihre Papiere auf der Flucht nicht mitnehmen konnten, gibt es außerdem die Möglichkeit, ihre Kompetenzen bei einer Arbeitsprobe nachzuweisen.

Studium für Flüchtlinge

Hindernisse und Herausforderungen auf dem Weg zur Anerkennung

Gleichzeitig sind Flüchtlinge die neue Hoffnung der deutschen Handwerksbetriebe – allein 2014 blieben zu Beginn des Ausbildungsjahres Jahr 20.000 Stellen unbesetzt. Doch der Weg in den Beruf ist lang und voller Hürden: Sprache gilt als zentral und wichtigster Schritt zur Integration, doch Sprachkurse sind rar und werden zusammen mit der Bürokratie als die größten Hindernisse bei der Arbeitsmarktintegration in Deutschland angesehen. Außerdem geht während der langen Monate des Wartens wertvolles Fachwissen verloren, oder die Menschen stellen nach dem Wiedereinstieg fest, dass sie ihren alten Beruf gar nicht mehr ausüben wollen. Überforderte Behörden, das nach wie vor bestehende sechsmonatige Arbeitsverbot, sowie die Gesetzgebung, laut der innerhalb der ersten 15 Monate geprüft werden muss, ob es keine Bewerberinnen und Bewerber aus EU-Ländern für den Job gibt, all dies erschwert den Zugang für Flüchtlinge.

Sind jedoch diese Hürden gemeistert und die Menschen im Job, gibt es eine Vielzahl neuer Herausforderungen, die auch viel Rücksicht von den Vorgesetzten fordern. Viele Flüchtlinge sind traumatisiert und leben zudem in Angst vor Abschiebung. Der Druck ist groß und viele sind es nicht gewohnt, ihre Ängste zu thematisieren und über Gefühle zu sprechen. Außerdem befürchten sie die Arbeit zu verlieren, die oft ihre einzige Chance ist. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks fordert deshalb Betreuerinnen und Betreuer, die die Flüchtlinge zu Behördengängen begleiten, bei der Wohnungssuche helfen, zwischen Vorgesetzten vermitteln und denen sie sich anvertrauen können, da familiäre Bezugspersonen fehlen.

Ehrenamtliches Engagement der Flüchtlinge

Unkomplizierter ist das Ehrenamt: Viele Flüchtlinge engagieren sich in ihren Unterkünften. Die vielen Arbeiten wie Müll wegbringen, Kehren, Kleider sortieren oder kleinere Reparaturarbeiten könnten dort sonst weder von den Hauptberuflichen noch von den freiwilligen Helferinnen und Helfern verrichtet werden, dafür reichen die Kapazitäten nicht aus. Außerdem beugt der ehrenamtliche Einsatz Konflikten in Heimen vor und lenkt die Menschen ab von dem zermürbenden langen Warten auf Sprachkurse oder den Asylbescheid. Manchmal kann daraus sogar eine Karriere entstehen: In Berlin meldete sich ein junger Syrer als ehrenamtlicher Helfer bei der AWO. Er hinterließ einen so guten Eindruck, dass die AWO ihm schließlich eine Festanstellung anbot.