VON MAXIMILIAN REICHLIN
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07.10.2013 12:51
Gemeinsam sind wir stark? – Die Pläne der EU zur Bankenunion
Auch knapp fünf Jahre nach der Pleite der großen amerikanischen Bank Lehman Brothers ist die dadurch ausgelöste große Finanzkrise noch nicht komplett überstanden. Immer noch wird mit faulen Papieren gehandelt, in vielen Mitgliedsstaaten der EU veröden die Banksektoren. Abhilfe schaffen soll nun die lang ersehnte Bankenunion, um bessere Übersicht zu schaffen, vor allem aber, um das Vertrauen der Bürger in die Banken wiederherzustellen. Doch was ist die Bankenunion? Was spricht für eine solche Maßnahme, was dagegen?
Im Grunde ist es ein Drei-Stufen-Plan, der die europäische Finanzwelt, beziehungsweise die Banken der Mitgliedsstaaten, retten soll. Schon Mitte September trafen sich die Chefs der 28 Mitgliedsstaaten mit Vertretern der Europäischen Zentralbank (EZB) im litauischen Vilnius, um über den Beginn der ersten Phase zu verhandeln, der im vergangenen Jahr noch für 2013 vorausgesagt worden war, nun jedoch um ein Jahr nach hinten verschoben werden musste.
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Startprobleme der Bankenunion
Die erste Phase, das bedeutet erhöhte Aufsicht. Anstatt in Zukunft die Banken der Mitgliedsstaaten jeweils von den nationalen Behörden beaufsichtigen zu lassen, soll es durch die Bankenunion bald ein zentrales Instrument geben, um alle Banken gleichermaßen zu überwachen. Das zumindest war der ursprüngliche Plan, mittlerweile hat man sich allerdings darauf beschränkt, nur die größten Banken unter die Aufsicht dieser neuen Behörde zu stellen. Damit fallen nicht an die 6.000 Banken im gesamten EU-Raum unter die Aufsicht, sondern lediglich etwa 130. Mit der Überwachung dieser Banken wurde die EZB beauftragt, die in Vilnius angab, im Herbst 2014 mit der praktischen Arbeit beginnen zu können.
Phase zwei, ein zentraler gemeinsamer Abwicklungsfond für krisengeschüttelte Banken, soll zwischen 2015 und 2018 voll einsatzfähig sein. Sicher ist allerdings noch nichts, denn im Moment ist noch nicht einmal die erste Säule der Bankenunion ganz in trockenen Tüchern. Die
Frage nach der Haftung verzögert die Bankenunion. Wer muss etwa zahlen, wenn eine Bank vom neuen Aufsichtsinstrument EZB geschlossen werden muss? Der jeweilige EU-Staat und damit die Steuerzahler? Die Bank selbst? Mittel aus einem gemeinsamen „Aufsichtstopf“ aller Mitgliedsstaaten? Und was passiert mit der erst kürzlich ins Leben gerufenen Aufsichtsbehörde EBA?
Vorteile und Nachteile
Abgesehen von diesen bohrenden Fragen, die vor allem die Staatschefs in diesen Tagen umtreiben dürften, liegen die Vorteile einer Bankenunion klar auf der Hand: Eine solche geplante Bankenunion würde die Zusammenarbeit zwischen den EU-Staaten stärken, wenn es um den Finanzmarkt geht. Mit einer zentralen Aufsicht wie vom EZB geplant könnten große Crashs – wie etwa der der Lehman Brothers vor fünf Jahren – eventuell früh erkannt und verhindert werden, um den weltweiten Finanzmarkt zu schonen.
Dennoch kommen
große Bedenken vor allem aus Deutschland und Großbritannien: Hier hat man die Befürchtung, dass gerade die zweite Säule der Bankenunion zu Problemen führen könnte, der gemeinsame Abwicklungsfond. Aus diesem könnten sich marode Banken etwa „selbst bedienen“, ohne zuvor den Umweg über einen staatlich finanzierten Rettungsschirm gehen zu müssen. Hier sieht man sich mit zwei Problemen konfrontiert.
Zum Einen die Frage, wie dieser Fond in erster Linie finanziert werden soll. Im schlimmsten Falle müssten Steuergelder hinein fließen, letzten Endes würde also doch wieder der Steuerzahler für das Risiko der Banken haften. Zum Zweiten könnte der leichtere Zugang zu Rettungsgeldern die Banken zu noch riskanteren Geldgeschäften hinreißen. Ein Teufelskreis würde in Gang gesetzt, den keine Bankenunion aufhalten könnte – zumindest in der Vorstellung der Kritiker.