VON CLEMENS POKORNY | 13.01.2014 13:35

Canugan: Fahrräder zu Rollstühlen

In Uganda leben fast doppelt so viele Behinderte wie in Deutschland, und deren berufliche Perspektiven sehen noch düsterer aus als bei uns. Hilfe zur Selbsthilfe, die nicht bevormundet, sondern den Bedürftigen auf gleicher Augenhöhe begegnet, leistet unter anderen das kanadisch-ugandische Projekt Canugan. Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt auf der Finanzierung des lokalen Umbaus von normalen Drahteseln zu Rollstuhl-Fahrrädern.

Die Spirale der Armut zu durchbrechen gelingt schon in hochentwickelten Ländern nur wenigen Menschen. Behinderte tun sich dabei besonders schwer, werden sie doch oft erst durch eine Behinderung arm und finden dann kaum mehr eine Arbeit. Viel dramatischer als bei uns ist die Lage Behinderter in Entwicklungsländern. Während in Deutschland nicht einmal jeder 11. Mensch als „schwerbehindert“ eingestuft wird, trifft das im zentralafrikanischen Uganda auf fast jeden sechsten zu. Die auf die Kolonialzeit folgenden Kriege und Bürgerkriege, zuletzt der Terrorismus der „Lord's Resistance Army“ unter Joseph Kony, dürften die Entwicklung des Landes nicht eben gefördert haben. Schlechte medizinische Versorgung und die Verbreitung von Landminen kommen hinzu. Doch das Land nimmt auch eine Führungsrolle im Kampf gegen AIDS ein – und ein kanadisch-ugandisches Projekt leistet seit 1996 Behinderten Hilfe zur Selbsthilfe bei der Bewältigung ihres Alltags.

CANUGAN Pres Jul-2013 from Navin Parekh on Vimeo.


Canugan“ heißt die Initiative unter dem Dach der Behindertenorganisation KADUPEDI im besonders armen westugandischen Distrikt Kasese. Canugan sitzt offiziell im kanadischen Ottawa. Seine Aufgaben liegen vor allem in Öffentlichkeitsarbeit und Spendenakquise. Dieses Profil entspricht der Entstehung des Projekts. Ein kanadisches Ehepaar wurde auf den Fall von Biiara Gatrida aufmerksam. Die heute 35-jährige Witwe und Mutter zweier Töchter verlor durch ihre Polio-Erkrankung die Funktionsfähigkeit beider Beine. Seitdem sieht sie sich gezwungen, ihre Kinder und sich selbst mit der Herstellung und dem Verkauf u.a. von Matten und Körben durchzubringen. Doch der Weg zum Markt ist weit, erst recht für eine Gehbehinderte, die sich nur mit den Armen kriechend fortbewegen kann. Die beiden Kanadier bezahlten ihr daher ein spezielles dreirädriges Fahrrad, das in einer Werkstatt in Kasese hergestellt wurde: mit einem breiten Sitz zwischen den hinteren Rädern sowie einem Antrieb über Handkurbeln.

Mittlerweile hat Canugan 13 Menschen in Uganda mit diesen Dreirädern ausgestattet. Darüber hinaus erhielten etliche bedürftige Behinderte ebenfalls lokal produzierte Blindenstöcke sowie Hörgeräte. Nachdem die Gemeinde der kanadischen Unterstützer weiter gewachsen ist, bemüht sie sich derzeit, ihre Aktivitäten auf ein Berufsbildungsprogramm auszudehnen. Dazu sind die Gründung weiterer Unterstützergruppen sowie Freiwilligenarbeit vor Ort in Uganda willkommen.