VON MAXIMILIAN REICHLIN | 15.07.2014 14:48

Das Car-to-X-System – Die Lösung, oder ein Teil des Problems?

Autos und andere Fahrzeuge haben sich, gerade in den letzten Jahren, ständig weiterentwickelt und verbessert. Gerade die Elektronik und die digitale Technik kann auf diesem Gebiet einiges leisten. Rückfahrkameras, Start-Stopp-Automatik oder unterstützende Systeme wie Einparkhilfen machen unsere Autos immer intelligenter. Der neueste Coup: Car-to-X-Kommunikation. Hier „spricht“ das eigene Auto quasi mit allen anderen auf der Straße befindlichen Fahrzeugen und sogar mit der Straße selbst. Dadurch soll das Fahren sicherer und umweltbewusster gestaltet werden. Doch damit kommen auch viele neue Probleme auf.


Car-to-Car-Kommunikation (C2C) heißt es, wenn zwei Fahrzeuge mithilfe eines drahtlosen Netzwerkes miteinander „kommunizieren.“ Der Gedanke dahinter: Fährt ein Fahrer um eine nicht gut einsehbare Kurve, hinter der ein Stauende lauert oder ein liegengebliebenes Fahrzeug wartet, kann das schnell zu Unfällen führen. Der Fahrer weiß nicht, was auf ihn zukommt. Sein Auto jedoch könnte es wissen – wenn eines der anderen Fahrzeuge im Stau es ihm „sagt.“ Das funktioniert über ein kabelloses Datennetzwerk, über das die beiden Autos miteinander verbunden sind. Bremst ein in der Nähe befindlicher Wagen plötzlich stark oder hält über einen langen Zeitraum eine konstant niedrige Geschwindigkeit, werden diese Daten an das eigene Fahrzeug weitergeleitet. Dieses kann den Fahrer warnen oder selbst reagieren.

Verkehrsinformatik: vielversprechende Karrierechancen.

Bei der Car-To-Infrastructure-Kommunikation (C2I) „spricht“ das Auto nicht mit den anderen Fahrzeugen, sondern mit der Straße selbst, beispielsweise mit Ampeln oder Verkehrsschildern. Es kann etwa automatisch die Geschwindigkeit reduzieren, wenn die Grünphase der nächsten Ampel sich dem Ende zuneigt. Ebenso wie bei C2C werden auch hier Informationen von den Geräten ausgetauscht. Ein Überbegriff für beide Systeme nennt sich „Car-to-X“ und gilt als der neueste Streich auf dem Gebiet der Mobilität. Das Problem: Für eine gelungene C2C-Kommunikation müssten theoretisch mindestens 30 Prozent aller auf der Straße befindlichen Automobile damit ausgerüstet sein, eine C2I-Kommunikation funktioniert nur, wenn auch die Infrastruktur dementsprechend aufgewertet wird. Noch steckt das System also in den Kinderschuhen.

Grund zum Optimismus bietet jedoch zumindest das Projekt „Sichere Intelligente Mobilität Testfeld Deutschland“ (kurz: simTD) verschiedenster Autohersteller, Zulieferer und staatlicher Förderer. In sechsmonatigen Tests im Bundesland Hessen konnte das System seine Tauglichkeit beweisen. Die Ergebnisse sind vielversprechend, noch denkt allerdings kaum ein Hersteller über eine Serienproduktion nach. Obwohl noch vor zwei Jahren über eine Serienreife ab dem Jahr 2015 gesprochen wurde, scheinen sich die Pläne jetzt im Sande zu verlaufen. Denn: Wo die Infrastruktur fehlt, hat ein ausgeklügeltes System keinen Sinn. Hier wollen weder die Autohersteller, die auf den entsprechenden Ausbau der deutschen Straßen warten wollen, noch die Bundesregierung, die für einen solchen Ausbau ohne die praktische Umsetzung seitens der Hersteller keinen Anlass sieht, die ersten sein, die Geld in die Hand nehmen. Ein Henne-Ei-Problem.

Weitere Probleme treten auf: Ein Systemfehler in nur einem einzigen Fahrzeug könnte, durch falsche Daten, etwa über die Geschwindigkeit des Vordermannes, eine Kettenreaktion aus fehlerhaften Reaktionen seitens der nachfolgenden Fahrzeuge in Gang setzen. Das Ergebnis wäre eine Massenkarambolage, eine Situation, die das C2C-System eigentlich vermeiden sollte. Und da die Kommunikation hauptsächlich über ein kabelloses WLAN-Netz funktioniert, ist auch die Gefahr potenzieller Hackerangriffe nicht eben klein. Diese könnten, sofern erst einmal eine gewisse Anzahl an Fahrzeugen am C2C-System teilnehmen, einen enormen Schaden anrichten. Hier müssen sich Hersteller und Finanziers die Frage stellen, wie sinnvoll ein solches System ist, wenn sich die Probleme, die dadurch gelöst werden sollten, nur verschieben.