VON CLEMENS POKORNY
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17.07.2014 12:44
Teuer von A nach B. Über die versteckten Kosten der Mobilität
Mobilität ist teuer – aber nicht nur für den Reisenden. Insbesondere der Straßenverkehr generiert über Unfälle und den Schadstoffausstoß hohe Folgekosten für Staat und Wirtschaft. Deshalb ergreift der Gesetzgeber Maßnahmen zur Verkehrsreduktion und setzt der Automobilindustrie Anreize zur Entwicklung effizienter und zugleich umweltfreundlicher Techniken. Doch beim Ausbau des Verkehrsnetzes geht die Politik nach wie vor in eine falsche Richtung.
Mobilität ist heute für viele Berufe Voraussetzung, egal ob als Individualverkehr mit dem Auto, als Bahnfahrten oder Fliegen. Maßnahmen wie die Pendlerpauschale fördern das noch. Doch zusätzlich zu der individuellen finanziellen Belastung erzeugt der globale Verkehr, insbesondere auf der Straße, erhebliche ökologische und wirtschaftliche Kosten. UNI.DE verschafft einen Überblick zur Lage in Deutschland.
Bundesweit trägt der Verkehr zu 21% zum Kohlenstoffdioxidausstoß bei und liegt damit hinter dem Energiesektor (46%) auf Platz 2 bei der Freisetzung des Treibhausgases. Über 75% des gesamten Verkehrsaufkommens entfallen auf den Straßenverkehr, der dementsprechend auch für die relativ meisten Abgase verantwortlich zeichnet. Kohlenmonoxid und Stickstoffoxide werden vor allem von Benzinmotoren emittiert und schädigen die Atemorgane, während die Dieselmotoren vor der Durchsetzung entsprechender Filter besonders viele krebserregende Rußpartikel in die Umwelt abgaben. Der Verkehr trägt also nicht nur durch Unfälle dazu bei, dass der Wirtschaft durch den Ausfall von Arbeitskräften hohe Ausfälle entstehen. Wie viel Geld für die Folgen der Verkehrsabgase benötigt wird, lässt sich natürlich kaum ermitteln, weil Krankheiten wie Lungenkrebs selten auf eine eindeutige oder alleinige Ursache zurückgeführt werden können und auch andere Faktoren zum Schadstoffausstoß betragen. Gesichert ist aber: Alleine durch Unfälle entstanden in Westeuropa im Jahr 2004 Folgekosten für Angehörige, Unternehmen und den Staat in Höhe von über 150 Milliarden Euro – der traurige Hauptanteil von über 110 Milliarden Euro geht auf das Konto des PKW-Verkehrs.
Was allen gehört, wird von keinem geschützt
Wer trägt die Verantwortung für Allgemeingüter? Und wie kann diese Verantwortung eingefordert werden?
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Während die Zahl der Unfallgeschädigten nicht zuletzt durch technische Innovationen immer mehr zurückgeht,
nimmt der Schadstoffausstoß deutlich langsamer ab. Umso dringender stellt sich die Frage: Wer kommt für die durch den Verkehr entstehenden Kosten auf? Die Verursacher lassen sich kaum konkret bestimmen und daher nur kollektiv zur Kasse bitten. Automobilhersteller, die Spritschleudern produzieren, oder auch Spediteure, die mit ihren Fahrzeugflotten die Umwelt in erhöhtem Maße belasten, generieren mit ihrem Geschäftsmodell sogenannte externe Kosten, für die als solche sie nicht unmittelbar aufkommen. Hier kann der Staat lenkend eingreifen und diese
externen Kosten „internalisieren“, also zu einer direkten finanziellen Belastung für die Betroffenen machen. Das geht beispielsweise über die LKW-Maut oder die bereits im Jahr 1992 eingeführten EURO-Abgasnormen, die Autohersteller zur Entwicklung und Weiterentwicklung schadstoffarmer Modelle zwingen und bereits zu einer erheblichen Reduzierung des Schadstoffausstoßes beigetragen haben.
Lenkungsmaßnahmen wie die geplante PKW-Maut, hohe öffentliche Parkgebühren, die Ökosteuer oder auch Umweltzonen innerhalb von Städten tragen erfolgreich zu einer Verringerung des Verkehrsaufkommens bei.
Voraussetzung für alle derartigen Maßnahmen bleibt, dass die Mobilität derjenigen Menschen gesichert ist, die auf ein Fahrzeug angewiesen sind. Das ginge auch mit der von Experten seit Jahrzehnten beschworenen Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene, während das bestehende Straßennetz kaum mehr ausgebaut, sondern vor allem gepflegt werden müsste. Doch de facto ergreifen die Verantwortlichen in Deutschland bekanntlich
lieber populäre Maßnahmen wie Ortsumfahrungen oder spektakuläre Großprojekte, mit denen sie sich nebenbei ein Denkmal zu setzen versuchen. Aktionismus statt vieler kleiner, durchdachter Maßnahmen fördert die Mobilität aber kaum – sondern erzeugt vor allem hohe Kosten.