VON MAXIMILIAN REICHLIN | 04.11.2016 14:00

Die Blockchain könnte eine Revolution des Finanzwesens auslösen

Die sogenannte Blockchain wird bereits jetzt als Heiland der Finanz- und Bankenbranche gehandelt. Mithilfe einer dezentralen Datenbank verspricht die Technologie, absolut manipulations- und fälschungssicher zu sein. Finanztransaktionen ließen sich damit sicher und transparent abwickeln. Damit ist die Blockchain auch prädestiniert für den Einsatz in anderen Bereichen, zum Beispiel bei Online-Shops, im Zwischenhandel von Waren und Dienstleistungen oder als System für politische Wahlen. Doch was ist die Blockchain genau und warum ist das Finanzwesen deswegen so aus dem Häuschen? UNI.DE erklärt.


Seit geraumer Zeit geht ein bestimmtes Schlagwort durch die weltweiten Tech-Blogs, das Wirtschaftsfachleute aller Branchen (vor allem aber der Finanzbranche) in Euphorie versetzt. Die Rede ist von der sogenannten „Blockchain“. Diese Technologie verspricht, das Finanzwesen zu revolutionieren, Manipulation und Cyber-Kriminalität einen Riegel vorzuschieben und Transaktionen sicherer und transparenter zu machen. Schon jetzt sind sich Expertinnen und Experten darüber einig, dass die Blockchain unsere Art, Transaktionen zu leisten, grundlegend verändern könnte. Dabei steckt die Technologie noch in den Kinderschuhen und kommt noch kaum zur praktischen Anwendung.

Die „Blockchain“ einfach erklärt

Was ist eine Blockchain? Im Grunde wird mit diesem Begriff eine Art dezentrale Datenbank beschrieben. Das ist zunächst nichts Aufregendes, birgt aber ungemein viele Vorteile. Da eine Blockchain dezentral ist, lagern die enthaltenen Daten nicht auf einem Server, sondern werden auf alle Computersysteme verteilt, die Teil des Netzwerkes sind. Jede Nutzerin und jeder Nutzer hat also vom eigenen Rechner aus Zugriff auf die Daten und kann sie einsehen. Gleichzeitig sind die Daten so gut wie fälschungssicher, denn da auf jedem Computer alle Daten in Echtzeit vorliegen, fällt dem System sofort auf, wenn ein einzelner Datensatz manipuliert wurde. Die Datenkette lässt sich also um neue Blöcke erweitern (daher der Begriff „Blockchain“) aber nicht nachträglich verändern.

Eine solche Blockchain lässt sich theoretisch für jede Art von digitaler Transaktion nutzen, beispielsweise für den Kauf von Waren oder für Finanztransaktionen. Ein Beispiel ist das System Everledger aus den USA: Diese Datenbank basiert auf dem Blockchainprinzip und speichert Daten über den Kauf und Verkauf von Diamanten. Wenn Nutzerin A einen Stein an Nutzer B verkauft, werden alle relevanten Daten in einem unveränderlichen „Block“ zusammengefasst, darunter das Datum des Verkaufs und Angaben über den Diamanten. Nun können alle Nutzenden von Everledger einsehen, dass sich der Stein im Besitz des Nutzers B befindet. Gestohlene Diamanten zu verkaufen wird so zunehmend schwieriger, je mehr Händler auf die Blockchain vertrauen.

So könnte die Blockchain das Finanzwesen auf den Kopf stellen

Den wahren Wert der Technologie sehen Fachleute in dem Einsatz in der Finanzbrache. „Blockchain ist die größte Neuerung seit der Erfindung des Internets. Sie wird die gesamte Finanzwelt revolutionieren“, so etwa Lawrence Wintermeyer, Chef des Finanztechnologieverbands Innovate Finance aus London. Diverse Banken testen bereits Blockchain-Lösungen, darunter auch große Finanzhäuser wie die Schweizer UBS, die Credit Suisse, die Deutsche Bank und die Commerzbank. Auch in den USA wird fleißig experimentiert. Die US-Börse Nasdaq hat bereits Anfang des Jahres eine auf Blockchain basierende Handelsplattform gestartet. Es dürfte also nicht mehr lange dauern, bis die ersten Blockchain-Systeme auch im klassischen Finanzwesen Fuß fassen.

Bitcoins: Die digitale Währung

Bislang nutzen noch wenige Systeme die vorhandene Technologie. Eine davon ist das digitale Finanztransaktionssystem Bitcoin, das auf der gleichnamigen Kryptowährung beruht. Überweisungen von einem Teil des Netzwerks an den anderen werden in diesem System anders als im herkömmlichen Bankverkehr ohne zwischengeschaltete Institution getätigt. Damit sind die Zahlungen mit der digitalen Währung transparent und sicher vor Manipulation. Schon jetzt gibt es einige Online-Shops, die Bitcoins als Währung akzeptieren und damit ebenfalls Teil des weltweiten Netzes sind.

Weitere Anwendungsfälle und Zukunftsaussichten

Weitere Möglichkeiten, die sich mit der Blockchain bieten, sind vor allem für Verwaltungsapparate interessant. So könnten auch Wahlen mithilfe eines solchen Computersystems durchgeführt werden. Durch die Fälschungssicherheit der Datenblöcke wäre Wahlmanipulation kein Thema mehr, zudem könnte so jede Wählerin und jeder Wähler vom privaten Computer aus eine Stimme abgeben. Eine weitere Möglichkeit wäre die Etablierung von Systemen zum Kauf und Verkauf von Musik, Kunst oder Büchern – ohne zwischengeschaltete Plattenlabels oder Verlage und mit einer Rechteverwaltung, die ganz in der Hand der Kunstschaffenden liegt. Das Innovationspotential von Blockchains ist bereits jetzt schon sehr groß und wird wohl gerade in den kommenden Jahren noch steigen.