VON JULIA ZETZ | 14.05.2013 17:00

Wirklich einfache Steuersysteme

Im Jahr 2003 wurde diskutiert, beratschlagt und am Ende alles hingeworfen. Die Liberalen und die Union stritten sich um einfache Steuersysteme. Auf einem Bierdeckel sollte jeder Bürger seine Einkommensteuererklärung selbst machen können. Doch zehn Jahre später haben die Bürger weniger Durchblick denn je. Wo gibt es wirklich einfache Steuersysteme und kann das in Deutschland wirklich funktionieren?


Der 31. Mai rückt näher. Und in vielen Deutschen Haushalten herrscht jetzt der Ausnahmezustand. Die jährliche Steuererklärung ist fällig. Der Vater sucht verzweifelt die Belege für seine Werbungskosten, die Mutter versucht die Zinseinkünfte in die Anlage KAP einzutragen und die Kinder sorgen für das restliche Chaos. Mehr als 30 Millionen Bundesbürger geben jährlich eine Einkommensteuererklärung ab. Etwa ein gutes Drittel von ihnen lässt dabei von einem Steuerberater oder einem Lohnsteuerhilfeverein beraten.

Bierdeckel-Steuererklärung ade

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Im Jahr 2003 stritten sich die Liberalen und die Union erbittert um die Vereinfachung des Steuersystems. Die einen wollten einfache Steuersysteme, die anderen waren strikt dagegen. Fazit: die Bierdeckel-Steuererklärung hat es nie geschafft. Aber warum gibt es in Deutschland keine einfachen Steuersysteme? Was macht die jährliche Einkommensteuererklärung so kompliziert?

Wer Hierzulande seine Versicherungen als Sonderausgaben bei der Steuererklärung absetzen will, der muss schon genau aufpassen. Und wer mit Aktien handelt, der braucht spätestens jetzt einen Steuerberater. Ehegattensplitting, Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, Zinseinkünfte oder Vermietung. Für jede Einkunftsart gibt es unterschiedliche Regelungen, die sich auch jedes Jahr wieder ändern.

Copy and Paste – Der Norden macht es vor

Wer im Norden Europas lebt und dort seine Steuern zahlt, der profitiert von einfachen Steuersystemen. Wer hier seine Steuererklärungen beim Finanzamt abgeben möchte, der kann das einfach mit einer simplen SMS erledigen. Hier sammeln die Finanzämter das ganze Jahr über die Daten der Bürger und man sendet einfach eine SMS und bestätigt die Richtigkeit. Wie das geht? Mit einer Personennummer. Jeder Bürger, der im Norden von Europa lebt, erhält eine solche Nummer.

Würde ein solches System auch in Deutschland funktionieren? Wohl eher nicht. Datenschützer würden sich die Haare raufen. In einem Land wie Deutschland, indem das Sammeln von Daten rechtsradikaler Straftäter schon als Einschnitt in die Persönlichkeit gewertet wird, ist es wohl kaum möglich, alle wichtigen Steuerdaten automatisch an die zuständigen Behörden zu übermitteln. Aber gibt es keine Möglichkeit, dem Bürger mit einfachen Steuersystemen das Leben zu erleichtern?

Neue Chance für die Bierdeckel-Steuererklärung?

Sechs junge CDU- und CSU-Abgeordnete haben im März ein neues und vor allem einfaches Steuersystem vorgeschlagen. Vorbild für die neue Steuerreform ist die des Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz. Nach seiner Reform sollte es in Deutschland nur noch drei Steuersätze geben, die alles einfacher und transparenter machen sollten. "Wir möchten mit einer Pauschale erreichen, dass der Großteil der Steuerpflichtigen keine Quittungen und Kassenbelege mehr sammeln muss", sagt Linnemann, einer der Initiatoren der neuen Steuerreform.

Diese Pauschale soll die bisherige Werbungskostenpauschale von 1.000 Euro ersetzen. Sie beinhaltet Werbungskosten, haushaltnahe Dienstleistungen und außergewöhnliche Belastungen. Entsprechend soll die neue Pauschale auch „signifikant höher sein“. Die jungen Abgeordneten möchten den bisherigen Einkommensteuertarif um einen Inflationskoeffizienten ergänzen.

Ob Koeffizient, neue Werbungskostenpauschale oder einheitliche Steuersätze. Solange der normale Bürger ein Fremdwörterlexikon für seine Steuererklärung benötigt, werden sich noch viele Menschen bis Ende Mai die Haare raufen.