VON JULIA ZETZ | 21.03.2014 13:40

Ein Blick aus der Zukunft in die Zukunft

Es gibt Momente in meinem Leben, da zweifle ich an meinen Entscheidungen. Waren sie immer richtig? Wohl kaum. Nicht selten hatten sie fatale Folgen. Nicht für andere, sondern für mich. Ich stand vor einer Kreuzung, wusste nicht, welche Richtung ich wählen soll und entschied mich für die falsche. Manchmal wünsche ich mir eine Zeitmaschine um an die Stellen meines Lebens zurück zu reisen, die mich dazu gebracht haben, falsche Entscheidungen zu treffen. An manchen Tagen packe ich meine Tasche und steige in meine gedankliche Zeitmaschine. Ich reise zurück in meine Kindheit, in meine Jugend oder zum letzten Mittwoch. Dann gehe ich auf eine phantasievolle Reise, die mir nur eine Frage beantworten soll: Was wäre passiert, wenn...

Meine erste Station auf der heutigen Reise ist das Jahr 1994. Es ist ein warmer Sommertag und es gab Zeugnisse. Ich war nie eine besonders fleißige Schülerin, aber dennoch war ich nie die Schlechteste. Aber dieses Zeugnis ist etwas besonders, denn es enthält einen Satz, der vielleicht über den Rest meines Lebens entscheiden soll. Da steht, dass ich den Übertritt auf das Gymnasium nicht geschafft habe. Und hier ruft auch schon der Schaffner der Zeitmaschine: „Erster Halt: Entscheidung über deine schulische Laufbahn!“. Ich war zehn Jahre alt, Schule war mir nicht wichtig, mit Freunden spielen hatte oberste Priorität. Damals entschied ich mich gegen die Aufnahmeprüfung, doch was wäre wohl passiert, hätte ich diese Entscheidung damals nicht getroffen? Hätte ich vielleicht meine Leidenschaft zur Mathematik erst noch entdeckt? Wäre ich heute Physikerin oder Ärztin?

Formel der Freiheit

Und schon fährt die Zeitmaschine weiter, der Schaffner ruft: „Nächster Halt: Entscheidung über deine berufliche Laufbahn!“. Es ist Herbst im Jahr 2001, ich bin gerade 16 Jahre alt geworden. Mitten in der Pubertät zwingt man mich, über den Rest meines Lebens zu entscheiden, denn ich soll mir einen Ausbildungsberuf aussuchen. Ich entschied mich für den Beruf der Steuerfachangestellten. Ich kann zwar nicht mit Zahlen umgehen, aber dafür lese ich gern, schließlich gibt es ja viele Steuergesetze. Und so ein Steuerberuf ist ja schließlich auch ganz solide. Was wäre wohl passiert, wenn ich nicht auf meine Eltern, sondern auf mein Bauchgefühl gehört hätte? Wäre ich dann zuerst ein Jahr ins Ausland gegangen, hätte mich und die Welt neu entdeckt?

Der Schaffner ruft: „Vorsicht, alle einsteigen, wir fahren los!“. Nach einer Weile kommen wir an der letzten Haltestelle an, ich bin erstaunt, es ist heute. Besser gesagt, es ist der Moment, indem ich mich entscheide in die Zeitmaschine zu steigen. Was wäre wohl, wenn ich meine Entscheidungen nicht in Frage stellen würde? Was wäre, wenn ich zu dem stehen würde, was ich getan und entschieden habe? Könnten alle diese Wege, die ich falsch und richtig gegangen bin, vielleicht dazu beitragen haben, dass ich der Mensch wurde, der ich heute bin?