VON NORA GRAF | 05.10.2015 14:10

Bedroht und abgeholzt: Die Welt und ihre Wälder

Mittlerweile verbindet man mit sportlichen Großereignissen oftmals Skandale und Vorkommnisse, die bei dem Normalbürger nur mehr Kopfschütteln auslösen. Und da machen auch die Olympischen Spiele in Südkorea keine Ausnahme. 2018 sollen dort die Winterspiele statt finden. Dafür rodet Südkorea den weltweit größten Bestand an Wangsasre-Bäumen für die Pisten der Winterspiele. Ähnlich wie in Sotschi, wo auch schon das Gebot der Nachhaltigkeit umfassend umgangen wurde und ganze Naturschutzgebiete für die Spiele benutzt wurden. Nun fällt man in der Stadt Pyeongchang unzählige Bäume in einem über 500 Jahre alten Wald, und gefährdet damit auch geschützte Tierarten wie den Eurasischen Fischotter, die Bengalkatze, den echten Marder und das Gleithörnchen.


Was in Südkorea für Olympia gemacht wird, ist leider in vielen Teilen der Welt an der Tagesordnung. Die Wälder der Erde schrumpfen drastisch. Alle zwei Sekunden etwa verschwindet eine Fläche so groß wie ein Fußballfeld an wichtigem Urwald.

Der Regenwald um den Amazonas zum Beispiel hat in den letzten 20 Jahren 763.000 Quadratkilometer verloren, eine Fläche, die mehr als doppelt so groß ist wie Deutschland. Weitere 1,2 Millionen Quadratkilometer gelten als stark geschädigt. Auch wenn die Zerstörung des Regenwaldes am Amazonas in den vergangenen Jahren zurück gegangen ist, so steigt sie seit 2013 wieder an. Gründe dafür sind Rodungen für Rinderweiden oder für den Sojaanbau.

In Indonesien zerstört man Torfregenwälder, um Plantagen für Ölpalmen zu schaffen. Allein deutsche Firmen importieren jährlich rund eine Million Liter indonesisches Palmöl, das für Kosmetika, Waschmittel, Schokoriegel oder Biosprit verwendet wird.

Völker, die ums Überleben kämpfen

Eine häufige Ursache für den Waldschwund ist Fachleuten zufolge insbesondere der illegale Holzeinschlag. In Peru werden riesige Mengen Regenwald vernichtet, meist für kommerzielle Zwecke, etwa für Gartenmöbel oder Bodenbeläge. Auch wenn es gesetzliche Regelungen zum Schutz des Regenwaldes gibt, fällt ein Großteil des Tropenwaldes illegaler Rodung zum Opfer, schätzungsweise bis zu 90 Prozent des eingeschlagenen Tropenholzes. Schuld an dieser Misere ist die Korruption, immer noch weit verbreitet in Politik und Industrie, und das über die nationalen Grenzen Perus hinaus: Auch die das illegale Holz importierenden Länder wie China oder die USA, die wohl beide Augen zudrücken, profitieren von dem korrupten System.

Und die Folgen des Naturwaldschwundes sind fatal. Insgesamt gibt es nur noch sieben große zusammenhängende Urwaldgebiete: die borealen Urwälder und temperierten Küstenregenwälder in Nordamerika, die tropischen Amazonas-Regenwälder in Südamerika, die temperierten Bergwälder Chiles, die borealen Wälder in Nordeuropa, die Schneewälder Sibiriens und die tropischen Regenwälder Zentralafrikas und Südostasiens. Wenn also große Teile dieser Lungen der Erde zerstört werden, so bricht auch einer der wichtigsten Grundlage für ein ausgeglichenes Leben auf der Erde weg. Denn sie regulieren das Klima, mildern extreme Hitze, Frost, Trockenheit und Stürme ab, produzieren Sauerstoff, reinigen Luft und Wasser – und bilden insbesondere eine der wichtigsten Kohlenstoff-Speicher. Überdies bieten sie nicht nur geschätzten 100 Millionen Tier- und Pflanzenarten ein Zuhause, sondern auch vielen indigenen Völkern. Ein Punkt, der eigentlich jeden davon abhalten sollte, die wichtigen Urwälder zu zerstören ist wohl der, dass aufgrund seiner extrem dünnen Humusschicht der Regenwald praktisch nicht wieder aufgeforstet werden kann.

Greenpeace fordert daher schon seit Jahren die Errichtung von Schutzzonen und den sofortigen Stopp der wirtschaftlichen Nutzung in den Kernzonen der Urwälder. Auch die Vereinten Nationen befassen sich seit Jahren mit diesem Problem. Bei der internationalen Klimarahmenkonvention 2005 wurde erstmals ein Konzept diskutiert und 2007 beschlossen, das finanzielle Anreize für den Schutz von Wäldern schafft und dadurch Emissionen verringert, das so genannte REDD-Konzept (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation). Nach jahrelangen Verhandlungen entstand der erweiterte Mechanismus REDD+. Dieser beinhaltet neben der Reduzierung von Entwaldung und Degradierung von Wäldern die Erhaltung und Erhöhung von Kohlenstoffbeständen sowie ein nachhaltige Waldbewirtschaftung. Bei der Klimakonferenz 2013 in Warschau einigten sich die 194 Vertragsstaaten auf einen unabhängigen Überprüfungsmechanismus und die nationale Überprüfung des Konzeptes kann nun erfolgen. Jedoch sind diese Maßnahmen für die Mitgliedsstaaten freiwillig, da ein verbindliches Gesamtklimaabkommen noch nicht beschlossen wurde.

Zumindest gibt es seit 2013 in Deutschland ein neues Holzhandels-Sicherungs-Gesetz, das das Holz aus allen Ländern erfasst – auch aus der EU selbst. Holz aus illegalem Einschlag wird beschlagnahmt. Für schwere oder wiederholte Verstöße können auch höhere Geldstrafen bis hin zu Gefängnisstrafe drohen. Leider bestehen solche Regelungen in Südkorea nicht und man muss mit ansehen, wie weitere Naturschutzgebiete mitsamt ihrem Pflanzen- und Artenreichtum vielleicht für immer verschwinden.