VON LISI WASMER | 19.04.2014 18:23

Mehr als real – Augmented Reality

Manchmal rücken bahnbrechende Technologien erst lange nach ihrer tatsächlichen Geburtsstunde in unseren Interessensfokus – nämlich dann, wenn sie im Begriff sind unseren Alltag zu revolutionieren. So war das zum Beispiel mit dem Internet, dessen Grundlagen bereits in den 1960er Jahren gelegt wurden und das trotzdem erst noch keine zwei Jahrzehnte scheinbar elementarer Bestandteil unseres täglichen Lebens ist. Ebenfalls in den 60er Jahren veröffentlichte der MIT-Student Ivan Sutherland als erster die Realisierung einer „Augmented Reality“, also einer mit computergenerierten Informationen angereicherten Realität.


Das Interesse der breiten Öffentlichkeit für „Augmented Reality“ wurde im Frühjahr 2012 geweckt, als Google verlauten ließ, demnächst eine Brille mit integriertem Display auf den Markt bringen zu wollen, worüber mittels Spracheingabe Informationen abgerufen und sogar Videos aufgezeichnet werden können. Inzwischen werden Untersuchungen mit einer Art Beta-Version der „Google-Glass“ durchgeführt, für Verbraucher soll die Computerbrille noch dieses Jahr veröffentlicht werden.

Die Reaktionen auf Google Glass fallen durchaus nicht nur positiv aus. Laut „Zeit“ ist sie in vielen Kasinos, Nachtclubs und Bars jetzt schon verboten, der Verkauf in der Ukraine und in Russland soll wegen Spionage-Gefahr unzulässig sein. Unabhängig davon, was man nun von der hochpotenten Sehhilfe halten möchte: Beeindruckend ist und bleibt die Technologie dahinter. Augmented Reality, erweiterte Realität – in Zukunft wird sie vermutlich ebenso wenig aus unserem Alltag wegzudenken sein wie jetzt schon Internet, 3D-Fernsehen oder Smartphones.

Die Kunst des Träumens

Was ist Augmented Reality?

Tatsächlich ist die erweiterte Realität längst nichts Neues mehr. Sie fällt uns nur nicht sonderlich auf. Und das liegt fast in der Natur der Sache. Schließlich geht es darum, die von uns wahrgenommene Realität möglichst geschickt durch zusätzliche Informationen anzureichern. Das sind fast immer visuelle Informationen, die Bandbreite an Erweiterungen erstreckt sich aber auch über andere Sinnesmodalitäten, sei es auditiv, haptisch oder sogar olfaktorisch.

Bekannt dürfte beispielsweise die Einblendung von Abseitslinien bei einer Fußballübetragung oder das „Nachzeichnen“ einer Ideallinie in einer Aufnahme vom Abfahrtsschirennen sein. Auch Zusatzinformationen wie Geschwindigkeitsbegrenzungen oder Richtungspfeile, die im Navigationssystem im Headup-Display eines Autos angezeigt werden, gehören zur Augmented Reality. Und die erweiterte Realität kann auf vielerlei Weise mehr genutzt werden: Für „virtuelle“ Einbauanleitungen in Autofabriken, für realitätsnahe Besichtigungen von Bauprojekten, deren Grundstein noch nicht einmal gelegt wurde, oder sogar zur Unterstützung bei medizinischen Eingriffen, etwa in der Leberchirurgie.

Erweiterte Möglichkeiten

Es ist diese außerordentlich vielfältige Einsetzbarkeit von Augmented Reality, welche die Technologie so interessant macht – für Industrieriesen wie Google ebenso wie für die Wissenschaft. Ob Koblenz, München oder Weimar – kaum eine technische Universität, die nicht an der Thematik forscht.

Ein Video aus Italien zeigt deutlich, welche Möglichkeiten sich durch erweiterte Realitäten zum Beispiel auch für den immer populärer werdenden Wissenschaftsbereich des „Edutainment“ (Education durch Entertainment) eröffnen könnten: Möglichkeiten, die für Laien anmuten wie aus einem Science Fiction Film; Möglichkeiten, die vor wenigen Jahren allein aufgrund der aufwändigen Technologie hinter Augmented Reality Produkten noch vollkommen utopisch wirkten – aber eben auch Möglichkeiten, die (nicht zuletzt dank der ebenfalls rasant fortschreitenden Smartphone-Technologie) schon bald Teil unseres „erweiterten“ Alltags sein könnten.