VON MAXIMILIAN REICHLIN | 27.03.2013 10:58
Auf unbestimmte Zeit geliehen – Das Phänomen „Leiharbeit“ in Deutschland
Sie sind billig, sie sind flexibel und sie sind beinahe in unbegrenzter Zahl vorhanden. Immer mehr Firmen in Deutschland setzen auf Leiharbeiter anstatt auf Festangestellte. Doch die Rahmenbedingungen der „geliehenen“ Arbeitskräfte sind durch das Gesetz nicht ausreichend abgesteckt. Kritiker sprechen von Ausbeutung und moderner Sklaverei. UNI.DE klärt die Hintergründe.
Leiharbeiter. Sie kommen aus Polen, Tschechien und in der letzten Zeit auch aus Spanien und Griechenland, wo aufgrund der Wirtschaftskrise schlechte Arbeitsbedingungen herrschen. In Deutschland werden sie dann durch Leiharbeitsagenturen an andere Firmen weitervermittelt, wenn dort etwa die Nachfrage kurzfristig steigt. Knapp 910.000 Leiharbeiter waren 2011 in Deutschland beschäftigt. Eine Rekordzahl. Kurz angelernt erledigen sie einfachere Aufgaben. Wenn die Firma sie nicht mehr benötigt, werden sie von ihrer Agentur wieder anderweitig vermittelt.
Zeitarbeit: Der Sklavenhandel des 21. Jahrhunderts?
Arbeitgeber können dadurch kurzfristig flexible Arbeitskräfte einstellen und Geld sparen, die Arbeitnehmer erhalten den dringend benötigten Job. Immer öfter jedoch mutiert die Leiharbeit in Deutschland zu dem, was von Kritikern bereits als "moderne Sklaverei" bezeichnet wird. Extrembeispiel ist hier das Online-Versandhaus Amazon.
Die ARD zeigte kürzlich in der Reportage „Ausgeliefert! Leiharbeiter bei Amazon“ das mögliche Ausmaß des Systems: ausländische Arbeiter werden hier mit einem versprochenen Stundenlohn von knapp 10 Euro nach Deutschland gelockt – wo sie erfahren, dass sie nicht für Amazon, sondern für eine Leiharbeitsfirma tätig sein werden und statt dessen nur 8,50 Euro pro Stunde verdienen, ständig überwacht von einer Sicherheitsfirma. Akkordarbeit, unzureichende Unterbringung und Verpflegung sowie Schikane seitens der Sicherheitsfirma prägen das Bild bei Amazon, wo vor allem in der Vorweihnachtszeit vermehrt auf Leiharbeiter gesetzt wird. In manchen Amazon-Werken ist dann nur jeder fünfte Arbeitnehmer festangestellt.
Obwohl der Internetriese sich mittlerweile von der dubiosen Sicherheitsfirma H.E.S.S. getrennt hat, steht Amazon noch immer in der Kritik. Die Gewerkschaft ver.di kämpft nun für „Equal Pay“, also die gleiche Vergütung für Zeitarbeiter und Festangestellte, und bessere Arbeitsbedingungen. ver.di-Vorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger sagte im Gespräch mit Focus Money, das Ziel sei nun „dass Menschenwürde bei Amazon Einzug hält.“
Gleiche Arbeit, ungleiches Geld
Equal Pay Day
Geballte Kraft gegen die Lohnkluft zwischen Mann und Frau
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Eine andere Extremform der Leiharbeit trifft nicht nur ausländische Arbeiter, sondern vermehrt auch Deutsche. Wenn diese beispielsweise für eine langfristige Tätigkeit angestellt werden, allerdings nur einen Zeitarbeitslohn verdienen, der
bis zu 25% unter dem eines Festangestellten liegt. Vom Krankenpflegepersonal bis zum Hausmeister kann diese Gesetzeslücke von Arbeitgebern genutzt werden, um Geld zu sparen und trotzdem auf gut ausgebildete Arbeitskräfte zurückgreifen zu können.
Ein von der Bundesarbeitsministerin Ursula Von der Leyen angeregtes Gesetz versucht diesen Missstand zu beheben und legt fest, dass Zeitarbeit nur „vorübergehend“ zulässig ist. Über die Auslegung dieses recht schwammig definierten Zeitraums lässt sich allerdings diskutieren. Klagen seitens der Leiharbeiter können daher nur von Einzelfall zu Einzelfall entschieden werden. Von vielen Arbeitgebern kann diese undeutlich definierte Angabe immer noch
als Gesetzeslücke genutzt werden. Gewerkschaften und unabhängige Organisationen wie die Initiative
"Gleiche Arbeit - Gleiches Geld" kämpfen allerdings weiter für „Equal Pay“ und Gleichberechtigung der Zeitarbeiter.
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Der amerikanische Chemiekonzern Monsanto begann im Jahr 1996 mit dem Verkauf einer Sojabohne, die gegen das Pestizid RoundUp resistent ist. Damals enthielten nur 2 Prozent der Sojabohnen in den USA dieses patentierte Gen. Im Jahr 2008 waren es bereits mehr als 90 Prozent. Seit Monsanto ein Patent auf diese chemie-resistente Bohne hat, hat sich das Leben der Landwirte in den USA sehr verändert. Vor knapp 10 000 Jahren sammelten Farmer die guten Samen ihrer Ernte ein um sie anschließend wieder auszusähen. So wurde damals Saatgut hergestellt. Aber Monsanto hat einen neuen Weg in der Nutzpflanzenproduktion eingeschlagen. Der Konzern besitzt alle Rechte an der Sojabohne RoundUp Ready. Im Jahr 1980 hat der oberste Gerichtshof der USA entschieden, dass Nutzpflanzen patentierbar sind. Wie viel Macht kann ein Konzern auf die Landwirtschaft in den USA ausüben?
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