VON C.V.A. | 22.05.2014 17:35

Warum das Wort „Rasse“ nicht in eine Verfassung gehört

Brandenburg hat es getan, Berlin will es auch tun: das Wort Rasse aus Artikel 3 des Grundgesetzes herausstreichen. Die Grünen und die Piratenpartei möchten den Begriff „Rasse“ aus der Berliner Landesverfassung tilgen, da die Verwendung des Begriffs die Existenz von menschlicher Rasse impliziere und so rassistisches Gedankengut letztendlich fördere. In der Verfassung steht: „Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, wegen seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen oder seiner sexuellen Identität benachteiligt oder bevorzugt werden.“

Die zwei Parteien möchten in der Verfassung Berlins den Begriff „Rasse“ durch die Wortkombination „aus rassistischen Gründen“ ersetzen, wie es in Brandenburg bereits geschehen ist. Der Piraten-Abgeordnete Fabio Reinhardt meint, dass gerade durch die Existenz des Wortes Rasse in der Verfassung, der Rassismus nicht glaubhaft bekämpft werden kann. Viele stimmen dem Formulierungs-Vorschlag noch nicht zu. Der SPD-Abgeordnete Sven Kohlmeier wirft beispielsweise die Frage auf, wer eigentlich festlegt, was rassistische Gründe sind. Dennoch sind SPD und CDU insgesamt nicht abgeneigt dem Antrag der zwei Parteien zuzustimmen, was notwendig wäre, da für eine Verfassungsänderung eine Zweidrittelmehrheit benötigt wird.

Xenophobie

Längst ist bekannt, dass es biologisch betrachtet keine verschiedenen Menschenrassen gibt. Nur bei Haustieren ist die Rede von Rassen, sogar bei Wildtieren wird nur noch der Begriff Unterarten verwendet. Warum dann beim Menschen? Eine biologisch genetisch begründetet Einteilung der Menschen in Rassen ist nicht haltbar, vielmehr ein kulturelles Konstrukt, da der Mensch zu den homogensten Spezies überhaupt gehört. Die Art „Homo sapiens“ kann biologisch noch nicht einmal in Unterarten aufgeteilt werden. Die Rassentheorien des 19. und frühen 20. Jahrhunderts sind heute obsolet und der Begriff in Bezug auf den Menschen ebenfalls. Genau hier liegt das Problem der Verwendung des Begriffs Rasse in der Verfassung. Denn schon eine Einteilung der Menschheit in Kategorien wie Rasse oder Volk legt den Grundbaustein für Diskriminierung. Das Wort suggeriert, die Existenz menschlicher Rassen und widerspricht so dem aktuellem Stand der Wissenschaft. Noch dazu ist der Begriff geschichtlich enorm belastet. Doch problematisiert wird der Begriff erst seit den 70er Jahren. Zuvor wurde er auch von Gegner des Rassismus ganz natürlich verwendet.

Jedoch die Suche nach der richtigen Begrifflichkeit ist eine schwierige. Ayse Demir, die Sprecherin des Türkischen Bundes in Berlin Brandenburg schlägt das Wort „ethnische Zugehörigkeit“ als zeitgemäße Formulierung vor und warnt davor, die Diskussion unnötig in die Länge zu ziehen. Der Piraten-Landesvorsitzende Christopher Lauer sieht in der Aufzählung das eigentliche Problem und schlug ganz einfach den Satz „Kein Mensch darf diskriminiert werden“ für die Verfassung vor. Bis jetzt wurde noch keine sprachlich sinnvolle Lösung gefunden. Wir dürfen gespannt sein, wie sich die einzelnen Bundesländer entscheiden werden. Doch auch wenn das Wort aus der Verfassung getilgt wird - der Rassismus wird nicht einfach aus Deutschland verschwinden. Zumindest aber können sich Menschen mit rassistischem Gedankengut nicht mehr auf ein schriftliches Dokument, wie die Verfassung berufen.