VON MAXIMILIAN REICHLIN | 12.08.2015 14:27

Werbefreiheit für die Öffentlich-rechtlichen – Warum ARD und ZDF sich dagegen sträuben

Die Öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ARD und ZDF stehen schon seit einiger Zeit in der Kritik, zuerst wegen des 2013 eingeführten flächendeckenden Rundfunkbeitrages, nun immer mehr wegen gesteigerter Werbebemühungen. Viele fordern bereits die komplette Werbefreiheit für die Öffentlich-Rechtlichen, die Sender sträuben sich dagegen. Trotz der immensen Einnahmen durch Beiträge wollen ARD und ZDF nicht auf die zusätzliche Geldquelle verzichten. Warum es wohl nie zur Werbefreiheit im deutschen Fernsehen kommen wird, darüber informiert UNI.DE.


Erst vor einigen Monaten wurde der umstrittene Rundfunkbeitrag für die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender ARD und ZDF sowie das Deutschlandradio gesenkt. Statt rund 18 Euro gilt nun ein Satz von 17,50 Euro pro Haushalt und Monat. Das führt zu einer stolzen Summe von etwa 7,5 Milliarden Euro, die die deutschen Haushalte jährlich an die öffentlich-rechtlichen Sender überweisen. Trotzdem wollen diese nicht auf Werbung und Sponsoring als zusätzliche Einnahmequelle verzichten.

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Zwar werden die Zeiten in denen das „Erste“ und das „Zweite“ Werbung zeigen dürfen vom Gesetzgeber streng reglementiert – höchstens 20 Minuten pro Tag, keine Werbung an Sonn- und Feiertagen oder an Werktagen nach 20 Uhr – dennoch ist die Werbung in den Öffentlich-rechtlichen vielen Menschen immer noch ein Dorn im Auge. Gerade die besonders quotenstarke Sportschau der ARD nähere sich mit Werbeblöcken von teilweise sechs bis acht Minuten immer mehr an die privaten Sender wie RTL, Sat1 oder ProSieben an, deren Programm per Gesetz aus mehreren Stunden Werbung am Tag bestehen darf. Darüber hinaus ist das ZDF mittlerweile dazu übergegangen, auch Spielfilme durch Werbeblöcke zu unterbrechen. Bei den Privaten gang und gäbe, bei den Unabhängigen bisher undenkbar.

Auf Werbung solle also, so kritische Stimmen, bei den Öffentlich-rechtlichen komplett verzichtet werden, und sei es nur als Alleinstellungsmerkmal gegenüber den Privaten. Das würde auch die Legitimation der beitragsfinanzierten Sender stärken, findet Uwe Jean Heuser von der ZEIT: „Sie sollten auf Werbung und Sponsoring verzichten, originelle Formate für die Mattscheibe und das Netz entwickeln und selbstbewusst zu guten Sendungen stehen, auch wenn die nicht so viel Quote bringen“ schrieb er bereits vor zwei Jahren in einem Kommentar. Es stehe zu befürchten, dass Sendungen der Öffentlich-rechtlichen durch die Konzentration auf Werbeeinnahmen auch werbefreundlicher gestaltet würden, wodurch über kurz oder lang der Bildungsauftrag der Sender verloren gehe.

Das sehen die Rundfunkanstalten selbst aber ganz anders. Die Werbung behindere nicht den Bildungsauftrag, sondern gehöre vielmehr zur geforderten „Grundversorgung“ der Öffentlich-rechtlichen, wie das ZDF in einer Stellungnahme mitteilte. Außerdem seien ARD und ZDF ein wichtiger Kommunikationskanal für Werbung für junge Studenten oder Erwachsene mit Abitur oder Hochschulabschluss. Diese sogenannte „Premium-Zielgruppe“ wolle man bedienen. Zuletzt zöge, so Hans-Joachim Strauch, Geschäftsführer der ZDF Werbefernsehen GmbH, ein Wegfall der Werbung auch eine Erhöhung des Rundfunkbeitrages nach sich, den wohl kaum ein Gebührenzahler positiv aufnehmen würde – rund 1,40 Euro würde diese Steigerung ausmachen.

Es hat den Anschein, als wolle man sich hier auf einen Kompromiss verständigen: Verminderte Beiträge seit 2015, dafür aber mit Werbung und Sponsoring. Dass diese Strategie beizeiten beinahe schon perverse Züge annehmen kann, zeigt der Fall „Wetten dass...“ von 2013. Für Millionenbeträge buhlten Unternehmen um wertvolle Sendesekunden in Deutschlands bekanntester Show und platzierten fleißig Reklame, darunter der Automobilhersteller DaimlerChrysler oder die Solarenergiefirma Solarworld. Zwar distanzierte sich der Sender ZDF später von den Verantwortlichen, trotzdem sehen Fachleute hier einen klaren Verstoß gegen den Rundfunkstaatsvertrag, der unter anderem die Werbezeiten der Öffentlich-rechtlichen regeln soll.