VON CLEMENS POKORNY
|
25.03.2016 12:38
Atomausstieg: Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren
Der Atomausstieg wird teuer. Weniger, weil die Stromkosten für die Verbraucher steigen würden – dies dürfte sich in geringem Rahmen halten oder gar nicht eintreffen. Sondern, weil der sogenannte Rückbau der 17 Meiler in Deutschland – ihr Abbau und die Entsorgung des strahlenden Mülls – von den Stromkonzernen voraussichtlich kaum bezahlt werden können wird.
Wenn in Deutschland eine Privatperson oder eine Firma pleite geht, holen sich ihre Gläubiger mit staatlicher Hilfe alles von ihr, was zu holen ist. Auf der darüber hinausgehenden Summe, die nicht beigetrieben werden kann, bleiben die Gläubiger sitzen. Genauso könnte es dem Staat – also uns allen – beim Rückbau der Atomkraftwerke gehen. Den sollen eigentlich die AKW-Betreiber bezahlen, doch es ist fraglich, ob sie die nötigen Mittel dafür auftreiben können. Der Fehler, aus dem die Problematik resultiert, liegt im System Kernenergie und wurde gemacht, als in den 1960er-Jahren die ersten deutschen Meiler ans Netz gingen.
Für die Folgen ihrer Technologie – z.B. einen GAU oder eben den gesetzlich vorgeschriebenen Rückbau der AKW im Rahmen des Atomausstiegs – sind die Kraftwerksbetreiber nämlich viel zu wenig finanziell abgesichert. Die Folgekosten eines Atomunfalls etwa – mindestens 50 Mrd. Euro im Falle der Reaktorkatastrophe von Fukushima, bis zu 6 Billionen Euro bei einem Super-GAU in einem französischen Kernkraftwerk – könnte kein Energielieferant alleine tragen. In diesem Fall müssten dieselben einspringen, die auch schon Zwischen- und Endlagerung des Atommülls bezahlen: Wir, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. So betrachtet stellt sich der Preis, den wir tatsächlich für den vermeintlich so billigen Atomstrom entrichten müssen, als ziemlich hoch dar. Der Atomausstieg bis zum Jahr 2022 bedeutet für die Kraftwerksbetreiber daher nicht nur den Verlust ihrer vom Staat subventionierten Gelddruckmaschine, sondern auch neue Investitionen in Milliardenhöhe für Abbau und Entsorgung der 17 AKW in Deutschland. 48 Mrd. Euro müssten laut dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel dafür berappt werden, also im Durchschnitt fast 3 Mrd. Euro pro Kraftwerk.
Lobbyismus im Bundestag
Dass mit allein 1.111 Dauerausweisen in dieser Legislaturperiode weitaus mehr Interessensvertreter als Abgeordnete Zugang zum Reichstag besitzen, wirft einige Fragen auf
[...]»
RWE, Eon und Vattenfall
haben zwar 38 Mrd. Euro dafür zurückgelegt – es fehlen also theoretisch „nur“ 10 Milliarden. Doch
weil die Konzerne das Geld (erlaubterweise) investiert haben, z. B. in wenig rentable Kraftwerke, und weil ihr Wert an der Börse die Summe der Rückbaukosten zum Teil nur wenig übertrifft, hat der Staat kaum eine Chance, sich das ganze Geld zu holen, das für Abbau und Entsorgung der AKW nötig ist, ohne die Energieversorger in die Pleite zu treiben und auf den restlichen Kosten garantiert sitzen zu bleiben.
Es ist daher,
wie die Süddeutsche Zeitung bereits festgestellt hat, weniger bedeutsam, welches Modell für die Finanzierung des Rückbaus umgesetzt wird – in der Diskussion sind verschiedene Fonds, in die die Konzerne und der Staat in unterschiedlicher Weise einzahlen würden. Wichtiger und skandalöser ist die Tatsache, dass wir alle wieder in nicht unerheblichem Maße die Kosten tragen müssen, die private Konzerne verursachen, deren Köpfe jahrzehntelang auch dank staatlicher Subventionen sich die Taschen vollgestopft haben. Diese Ungerechtigkeit zieht sich, wie am Beispiel der Versicherungen für AKW gezeigt, wie ein roter Faden durch die Geschichte der Atomenergie in Deutschland. Auch hier geht also das Kalkül der Privatwirtschaft auf: Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren.
-
El Hierro – Das Energie-Paradies
Die Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen ist ein großer Traum der Neuzeit. Die kleine spanische Insel El Hierro hat jetzt bereits erreicht, wovon so gut wie jeder Staat der Welt noch weit entfernt ist. Hier versorgt nun ein einziges Windkraftwerk die gesamte Bevölkerung der Insel. Bald könnte El Hierro damit zum ersten CO2-Ausstoß-freien Wohnraum der Welt werden. Wie war dieses erstaunliche Projekt möglich und welchen Nutzen bringt es?
[...]»
-
Unkonventionelles Fracking verboten – mit ein paar Ausnahmen
Schon über ein Jahr lang schlagen sich Union und SPD mit einem Gesetz zum Thema Fracking herum. Auf einen gemeinsamen Nenner kamen sie bisher nie. Doch das hat sich nun geändert: Ende Juni kam es zu einer Einigung, mit der beide Seiten leben können: sie schieben die Verantwortung in Zukunft einfach den Bundesländern zu. Zusätzlich bleibt unkonventionelles Fracking verboten – bis auf einige Ausnahmen.
[...]»
-
Endlager in Deutschland – eine dauerhafte Lösung fehlt
Seit 2011 ist der Ausstieg aus der Kernenergie in Deutschland gesetzlich festgelegt. Neben der Abschaltung der Kraftwerke steht aber immer noch die Entsorgung der Abfälle im Raum. Trotz vielen Jahren der Kernenergienutzung hat es den Anschein, als ob erst jetzt aktiv an einer dauerhaften Lösung für die Entsorgung des Atommülls gearbeitet wird. Fragen nach der Finanzierung müssen geklärt und geeignete Standorte gefunden werden. Was dafür unternommen wurde und wird berichtet UNI.DE.
[...]»
-
Die deutsche Energiewende – ein Beispiel ohnegleichen?
Seit der Nuklearkatastrophe von Fukushima 2011 war man sich in der Politik in Deutschland einig – Atomstrom hat keine Zukunft. Nachdem unter der rot-grünen Regierung 1998 – 2005 Kernelemente der Energiewende wie Ökosteuer, Förderung von erneuerbaren Energien und Atomausstieg auf den Weg gebracht wurden, gab dieses traurige Ereignis in Japan auch den liberalen und konservativen Parteien den Anstoß, der Energiewende zuzustimmen. Deutschland ist allerdings mit seinem Energiewende-Programm nicht alleine, auch andere Länder treiben die Entwicklung voran, um den Technologie-Wettbewerb nicht zu verlieren. UNI.DE hat genauer hingeschaut.
[...]»
-
Energiewende – Strom selbst erzeugen wird immer attraktiver
Der Betrieb einer eigenen Photovoltaik-Anlage zur Stromerzeugung ist 2016 so rentabel wie noch nie: Neue Förderprogramme, gesunkene Investitionskosten und steigende Strompreise machen es möglich. Daher nutzen immer mehr deutsche Haushalte die Gunst der Stunde, um selbst in eigene Solaranlagen zu investieren. Besonders schnell amortisieren sich die Anlagen, wenn der Eigenverbrauch sehr hoch ist. Neue Modelle der Stromspeicherung erhöhen die Einsparmöglichkeiten sogar noch. Alternativen zum Solarstrom, wie Windkraftanlagen und die rechtlich umstrittenen Plug-and-Save-Module, sind dagegen noch immer mit Vorsicht zu genießen.
[...]»
-
Atomausstieg und erneuerbare Energien – Eine UNI.DE-Umfrage
Was haben wir aus dem Atomunfall in Fukushima gelernt und wie ist der Ausstieg aus der Atomenergie zu bewältigen?
[...]»
-
Gegen den Klimawandel: Boykott der fossilen Energieträger
Um dem menschengemachten Klimawandel wirksam zu begegnen, müssten öffentliche Gelder aus den Industrien abgezogen werden, die ihre Profite mit Kohle, Erdöl und Erdgas machen. Solche sogenannten Desinvestitionen haben schon in der Vergangenheit erfolgreich politischen Druck aufgebaut – etwa gegen das südafrikanische Apartheidsystem. Wenn sich Investitionen in fossile Energieträger immer weniger lohnen, wird Divestment zunehmen – doch bis dahin ist es trotz erster Erfolge noch ein weiter Weg. Und die Zeit drängt.
[...]»
-
Was kostet die Energiewende?
Bis 2022 soll der Ausstieg Deutschlands aus der Atomkraft vollzogen sein, gleichzeitig werden andere fossile sowie erneuerbare Energien gefördert. Die politische Umsetzung der Energiewende ist dabei ebenso umstritten wie die Kosten.
[...]»
-
Wasserkraftwerke und Umweltzerstörung - Wasser auf die Mühlen der konventionellen Energien?
Wasserkraftwerke sollen grünen Strom liefern, setzen aber ihrerseits massive Umweltzerstörung voraus und belasten das betroffene Ökosystem dauerhaft. Ist das Wasser auf die Mühlen der Lobbyisten von Kohle, Atom und Gas? Mitnichten. Die Energieerzeugung der Zukunft kann nur erneuerbar sein – doch um ihre Herkunft darf und muss gestritten werden (im positiven Sinne).
[...]»
-
Keine strahlende Siegerin: Die Geschichte der Kernenergie in Deutschland
Wenn in einigen Jahren die letzten Atomkraftwerke in Deutschland geschlossen werden, wird die Kernenergie bei uns eine über 60-jährige Geschichte hinter sich haben. Von Anfang an war sie überflüssig und wurde zunächst von wenigen skeptischen Menschen, dann von immer breiteren Bevölkerungsschichten abgelehnt. Der Staat versuchte lange Zeit, die Risikotechnologie mit brutaler Polizeigewalt gegen seine Bürgerinnen und Bürger durchzusetzen.
[...]»