VON NORA GRAF
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19.04.2016 15:56
Mit der Kraft des Wassers
Energiegewinnung durch Wind, durch Sonne oder auch durch Wasser: Erneuerbare Energien gewinnen im Zuge knapper Ressourcen stetig an Bedeutung. Während Wind und Solarenergie schon sehr verbreitet sind, sieht das mit dem Wasser als Stromlieferant noch eher bescheiden aus. Doch im Bereich der Nutzung von Meeren, Gewässern oder Flüssen tut sich einiges, da in dieser Art der Energiegewinnung großes Potenzial steckt.
Dieses Potenzial hat auch eine 15-jährige Schülerin entdeckt. Hannah Herbst hat eine Miniturbine erfunden, um die Kräfte der Natur in Strom zu verwandeln. Die Turbine nutzt dabei die Wasserkraft im Meer und setzt einen Propeller in der Maschine in Gang. Die so gewonnene Energie wird auf einen Generator übertragen und dort in Elektrizität umgewandelt. Hannah Herbsts erster 3D-gedruckter Prototyp hat vor der Küste Floridas bereits LED-Lichter betrieben. In Zukunft soll ihre Idee jedoch noch so weit ausgebaut werden, dass mithilfe der Turbine nicht nur komplette Häuser sondern auch Entsalzungsanlagen zur Trinkwasseraufbereitung versorgt werden können. Mit dieser Erfindung hat die junge Schülerin den US-amerikanischen Wettbewerb „Discovery Education 3M Young Scientist Challenge“ gewonnen.
Diese Art der Energiegewinnung machen sich auch Meeresströmungskraftwerke zunutze. Sie erzeugen aus der natürlichen Strömung des Meeres mithilfe einer Turbine elektrische Energie. Diese Art der Stromgewinnung löste auch die Gezeitenkraftwerke ab, die durch die Errichtung von Staudämmen an Meeresbuchten oder Flussmündungen verwirklicht wurden, heutzutage aber kaum mehr gebaut werden.
Da die Stauung des Wassers auch Auswirkungen auf die natürliche Umgebung hat, also auf die Tiere und Pflanzen, versucht man die Ozeanströmungen mittlerweile mithilfe sogenannter In-Flow-Gezeitenkraftwerke zu nutzen. Bei dieser Bauweise geben die Meeresströmungen ihre Bewegungsenergie direkt an die Turbinen mit angeschlossenem Generator ab, ohne dass jedoch dafür ein Stauwerk errichten werden muss. Diese Gezeitenturbinen befinden sich an einem Mast frei in der Strömung, so dass diese Art der Kraftwerke einem Unterwasser-Windpark ähnelt.
Nachhaltiges Wachstum durch „grüne“ Wirtschaft?
Ein Bericht der Vereinten Nationen behauptet, dass Wirtschaftswachstum, Energieverbrauch und Klimaschutz sich miteinander vereinbaren lassen
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Die im Moment wohl umweltfreundlichste Art der Wasserkraftnutzung stellen
Strom-Bojen dar. Für sie muss am wenigsten in die Ökosysteme der Gewässer eingegriffen werden, die natürlichen Flusslandschaften bleiben dabei erhalten. Dieses Strom-Bojen sind zehn Meter lang, 5,5 Meter breit, wiegen 6,4 Tonne und sind mit einem Anker am Grund befestigt. Auftrieb, Strömungsdruck, Gewicht, Anhängepunkt und Kettenlänge sorgen dafür, dass sich die Strom-Boje bei normalen Wasserständen immer selbständig in der stärksten Strömung knapp unterhalb der Wasseroberfläche einrichtet. Bei Hochwasser taucht sie sogar ab und schützt sich so vor Treibgut.
Der Rotor im Inneren des kleinen Kraftwerks wird durch die Strömung angetrieben und wandelt Strömungs- in Bewegungsenergie um – rund um die Uhr, 365 Tag im Jahr. Der unter Wasser produzierte Wechselstrom wird durch Kabel ans Ufer geleitet und sofort in das Stromnetz eingespeist.
Bereits 2006 hat die österreichische Firma Aqua Libre die Bojen nach einer Idee von Fritz Mondl erfunden. Im Jahr 2014, nach intensiver Testphase, drei Prototypen, zahlreichen Versuchen in der Schifffahrtsversuchsanstalt und einem Langzeittest, waren die Strom-Bojen bereit für den Einsatz im Wasser. Seit knapp zwei Jahren gibt es die schwimmenden Strömungskraftwerke nun in Wachau an der Donau. Damit sind die Strom-Bojen das weltweit erste technisch ausgereifte, wirtschaftliche Aggregat seiner Art.
Die Vorteile der Bojen sind nicht nur ökologischer, sondern auch wirtschaftlicher Natur.
Nach Angaben der Entwickler sind sie die einzigen Strömungswasserkraftwerke, die ein großes Hochwasser unbeschadet überstehen und überdies auch noch dann Strom liefern können, wenn manche klassischen
Laufwasserkraftwerke abgeschaltet werden müssen. Mit nur 10 Stunden Wartung pro Jahr und einer Lebensdauer von etwa 20 Betriebsjahren stellen die Strom-Bojen eine nachhaltige, umweltfreundliche und wirtschaftliche Revolution der Wasserkraftnutzung dar. Bleibt zu hoffen, dass diese Art der Energiegewinnung auch bald in Deutschland Einzug erhält.