VON RICHARD KEHL | 16.11.2009 10:00

UNI Kino: Liebe Mauer

Eine andere Ost-West Beziehung

20 Jahre nachdem die Mauer zwischen Ost und West gefallen ist, wird sie im Kino wieder bröckelnd aufgebaut. Regisseur Peter Tim schildert eine ganz eigene Ost-West-Beziehung mit Seifenopern- Charakter.

Wir schreiben das Jahr 1989: In Berlin wohnt Studentin Franzi (Felicitas Woll) direkt an der Berliner Mauer. Nicht weil dort die Aussicht so schön ist, sondern die Mieten sehr preiswert sind. Zudem ist es auch praktisch mal im Osten auf „Schnäppchenjagd“ zum Einkaufen zu gehen – warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah. Bei einem ihrer Grenz-Shopping-Trips lernt Franzi den NVA-Soldaten wider Willen Sascha (Maxim Mehmet) kennen und „verguckt“ sich in ihn. Sascha ist ebenfalls von der jungen Studentin angetan. Um einen Studienplatz in Medizin zu bekommen, hat er sich für drei Jahre zur Volksarmee verpflichten müssen.

Nach flüchtigen Treffen entwickelt sich eine problematische Liebesbeziehung: Sie werden von beiden Geheimdiensten verdächtigt eine Revolution anzuzetteln. Franzi nutzt jede Gelegenheit ihren Soldaten-Freund im Osten zu besuchen. Sie soll für den Bundesnachrichtendienst als Kundschafter fungieren, während Saschas Ost-Freundin zur Bespitzelung angesetzt wird. Allerdings denkt keiner der beiden Liebenden daran, sein Gegenüber auszuspionieren. Stattdessen wird jede Gelegenheit genutzt beide Geheimdienste auf eine falsche Spur zu bringen, um ungestört ihr Liebesleben genießen zu können. Die Beziehung droht, durch den Einfluss von BND, CIA und Stasi zu scheitern, doch da passiert das Unfassbare: Die Mauer fällt.

„Ostalgie-Filme“ wie „Goodbye Lenin“, „Sonnenallee“ etc., kommen nicht nur beim „Ossi-Publikum“ gut an. Der Einblick in ein gescheitertes Politiksystem des mysteriösen Eisernen Vorhangs scheint den Voyeurismus des Zusehers anzusprechen. Spätestens nach dem“ Oscar“ von „Das Leben der Anderen“ scheint Ostalgie ein Kassengarant zu sein. Leider ist dies bei diesem „grenzwertigen“ Streifen zwischen Komödie, Drama und Telenovela nicht der Fall. Der Stasi-Apparat wird gänzlich verharmlost und schon fast ins lächerliche gezogen, nicht anders ergeht es den westlichen Geheimdiensten - schließlich standen wir damals kurz vor einem möglichen Dritten Weltkriegs-Szenario. Mit einer völlig vorurteilsfreien aber auch naiv nostalgischen Sicht inszeniert Regisseur Peter Timm seine ganz eigene Ost-West Liebes-Beziehung.

Sozialkritische Statements, westliche Status-Symbole, für die damalige Zeit passende Graffitis und Parolen, verzieren und bereichern das „Mauer“-Werk“ wortwörtlich. Weitere Pluspunkte bekommen die sympathischen - und gewollt naiv, teilweise auch unfreiwillig komischen wirkenden - Haupt- und Nebendarsteller. Max Mehmet wird gern in die Rollenschublade des sympathischen Verlierers („Männerherzen“, „ Fleisch ist mein Gemüse“) gesteckt. Bis auf („66/67“) hat er dieses Klischee auch bestens besetzt, während Felicitas Woll zu unspektakulär, ja fast schon langweilig, spielt.

Die Nebendarsteller machen hingegen eine gute und glaubwürdige Figur wie der Stasi-Offizier (Thomas Thieme) die polit-poetische Ossi-Disco-Kellnerin (Katja Danowski) oder die überdrehte Anna Fischer (Fleisch ist mein Gemüse). Lediglich beim sächsischen Dialekt, der zwar auch irgendwie lustig ist, hätte sie sich ein bisschen zurück halten können. Insgesamt gesehen folgt, lacht und leidet der Zuseher von der ersten bis zur letzten Filmminute. Dabei fällt nicht nur die Mauer sondern auch dem Zuseher ein Stein vom Herzen.