VON ANJA KAUFFMANN | 21.06.2010 14:04

Erfahrungsbericht: Studium an der Newcastle University England

Für vier Monate nach England zum Studium an der Newcastle University England

Vorbereitung des ERASMUS-Aufenthaltes
Um meine Chancen auf den Arbeitsmarkt, sowie meine Fähigkeiten in der englischen Sprache zu verbessern und um ein Semester lang ein fremdes Land auf eigene Faust zu erkunden, habe ich mich entschieden, ein Auslandssemester in England wahrzunehmen. Allerdings bin ich dann doch nicht ganz alleine in die weite Welt hinausgezogen, sondern wurde von meiner ebenso reiselustigen Freundin und Kommilitonin Julia begleitet. Wir haben uns bei Frau Dr. Neumann, der Auslandskoordinatorin im Bereich Germanistik, meinem Erstfach, für mögliche Auslandsaufenthalte erkundigt. Der Fachbereich Germanistik hatte zu diesem Zeitpunkt ERASMUS-Partnerschaften mit einer Universität auf Malta und mit der Universität in Newcastle in Großbritannien für den englischsprachigen Raum im Angebot. Julia und ich entschieden uns für die Universität in Newcastle. Zunächst mussten wir natürlich abwarten, ob sich noch andere Bewerber für einen Aufenthalt in Newcastle melden würden, da Newcastle nur drei Plätze für Studenten der Universität Rostock vorgesehen hat. Das International Office und Frau Dr. Neumann haben uns dann Unterlagen gegeben, die wir für die Bewerbung an der Newcastle University ausfüllen mussten. Frau Dr. Neumann hat die ausgefüllten Unterlagen nach England geschickt und nach wenigen Monaten haben wir die Zusage von der Newcastle University erhalten. Dabei ist es sehr wichtig, alle Termine und Fristen wahrzunehmen und auch einzuhalten. Man muss sich schon sehr früh für einen Auslandsplatz bewerben sollte daher rechtzeitig mit der Planung beginnen, um auch in dem gewünschten Semester ins Ausland gehen zu können.
Nachdem man offiziell an der Universität angenommen wurde, heißen die nächsten Schritte: Module wählen, Wohnung suchen und Geld auftreiben. Wie sich herausstellte, war ein Schritt schwerer als der andere. Im Vorfeld des Auslandssemesters muss man das „Learning Agreement“ ausfüllen, auf dem man bereits Module einträgt, die man in Newcastle zu studieren beabsichtigt. Das ganze muss von Frau Dr. Neumann abgesegnet und unterzeichnet werden. Vor Ort hat man dann aber noch einmal die Möglichkeit, seine Kurse zu ändern, was oft der Fall ist, da sich die Module und ausgeschriebenen Kurse noch kurzfristig ändern können. Ich habe beispielsweise ein Angebot der Newcastle University erhalten, ein Semester lang den MA Professional Translating for European Languages zu studieren, was von meinen eingetragenen Kursen natürlich komplett abgewichen ist. Das bedeutet ein wenig Papierkram, viel Gerenne, aber im Endeffekt kriegt man fast immer das, was man sich ausgesucht hat. Die Wohnungssuche haben wir erst vor Ort aufgenommen. Man konnte sich natürlich im Vorfeld um einen Studentenwohnheimsplatz bewerben, aber da meine Freundin und ich gehört hatten, dass die Erstsemester in solchen Wohnheimen oft rasante Partys feiern und man kaum Ruhe hat, haben wir uns entschieden, uns vor Ort selbst eine Wohnung zu besorgen. Wir haben uns natürlich vorher bei Studenten, die bereits ein Auslandssemester in Newcastle verbracht haben, erkundigt, welche Tricks und Kniffe man bei der Wohnungssuche anwenden muss. Uns wurden zwei Makler bzw. Agenturen empfohlen, die günstig an Studenten Wohnungen vermieten und auch bestimmte Wohngebiete, die schöner und näher an der Uni sind. Das hat sich vor Ort dann aber alles anders entwickelt. Dazu aber nachher mehr.
Gerade England ist natürlich berühmt berüchtigt für die hohen Mieten und hohe Lebensunterhaltungskosten, daher sollte man frühzeitig mit dem Sparen anfangen bzw. den Kontakt zu engen Verwandten auffrischen und ausbauen, die einen dann notfalls aushelfen können. Natürlich gibt es Unterstützung von ERASMUS, aber erstens kriegt man nicht vom ersten Tag an, den man im Ausland verbringt, Geld, sondern erst ein paar Wochen später (je nachdem wie schnell man bestimmte Formulare ausfüllt und zurückschickt) und zweitens deckt das ERASMUS-Geld nicht halb die Kosten, die in England auf einen zukommen. Deswegen ist es unbedingt empfehlenswert, sich selbst noch Geld zur Seite zu legen, sich gegebenenfalls noch um Auslands-BAföG oder Stipendien zu bemühen oder von jeglichen Freizeitaktivitäten in England Abschied zu nehmen. Letzteres will natürlich keiner. Übrigens sollte man Auslands-BAföG auch rechtzeitig anmelden, da die Bearbeitungsfrist ein halbes Jahr beträgt. Ich habe beispielsweise mein BAföG erst erhalten, nachdem ich bereits wieder aus England zurück war. Ist zwar dann auch schön, alles auf einmal auf dem Konto zu haben, aber in England wurde es dann natürlich ziemlich knapp mit den Pennys. Auch immer wieder erwähnenswert: Rechtzeitig Flüge buchen und aufpassen, dass man zum Beispiel bei Ryanair nicht über die Gepäckbeschränkungen kommt (der halbe Kleiderschrank muss ja mit und 15 Kilogramm sind da eindeutig zu wenig)! Und, England ist zwar in der EU, hält aber beständig an seinem Pfund fest, also beachtet die Wechselkurse!


Vorstellung des Gastlandes und des Uni-Standortes
Einige Besonderheiten Englands habe ich ja bereits erwähnt: Pfund, hohe Mieten, Unterhaltungskosten etc. Was jeder natürlich auch weiß: In England regnet es viel (und seit neuestem schneit es auch heftig). Ich war nun gerade im Wintersemester da, also ist das nicht so überraschend, aber man munkelt, dass es auch im Sommer nicht anders sei. Also kommt ihr bei der Klamottenwahl nicht um ein paar wasserfeste Schuhe und Jacken rum. Und fehlende Kleiderstücke in England zu shoppen, ist auch nicht immer ratsam. Erstens sind die Briten nie dem Wetter entsprechend gekleidet und demzufolge gibt es auch in den Kaufhäusern etwas andere Ware als bei uns und zweitens kommt dann die Geldfrage wieder ins Spiel.
Newcastle ist sehr nah an Schottland gelegen, was natürlich die Reiselust extrem steigert. Auch Liverpool und Manchester sind gut von Newcastle aus zu erreichen. Auf Reisetipps komme ich später aber noch zurück.
Die Region um Newcastle ist geprägt durch den Geordie-Akzent, der selbst für english native speakers schwer zu verstehen ist. Aber an der Universität hat man eher weniger Probleme mit dem Akzent, da viele Professoren und Studenten um sauberes Englisch bemüht sind. Aber sobald man mal zu einem Fußballspiel (Newcastle United – jetzt auch wieder erstklassig) geht oder mit Hostelbesitzern ins Gespräch kommt, merkt man den Unterschied sehr schnell.
Die Uni liegt mitten im Herzen der Stadt. Das ist ideal, um sich in den Pausen bei Costa oder Starbucks aufzuhalten. Das Campusgelände beinhaltet alle Fakultäten, Bibliotheken, PC-Pools etc. Wenn man Rostocker Verhältnisse gewöhnt ist, wo man mitunter nach Warnemünde muss, um sich eine Vorlesung über das deutsche Staatsrecht anzuhören (ich studiere im Zweitfach öffentliches Recht), kommt einen das Gelände in Newcastle wie das Paradies vor. Nur zur Sporthalle ist man ca. 10 Minuten zu Fuß unterwegs, aber das ist dann auch eher wie eine kleine Aufwärmübung anzusehen.
Nicht zu vergessen, Newcastle liegt an der Nordseeküste. Also muss man auf Strandspaziergänge auch nicht verzichten. Und die Kombination aus Sandstrandabschnitten und Steilküste ist auch „award winning“, wie es die Briten ausdrücken würden.


Struktur des Studiums an der Gastuniversität
Ich habe während meines Aufenthaltes in Newcastle gelernt, dass es einen großen Unterschied zwischen undergraduate und postgraduate students gibt. Ich war mit meinem MA Studienfach natürlich Postgrad, was meine Freizeitmöglichkeiten in etwa halbierte. Die Undergrads hatten, meiner persönlichen Meinung nach, weniger zu tun – es sei denn man besucht literarische Kurse, dann muss man auch sehr viel nebenbei lesen, aber sonst ist der Unterschied zwischen Under- und Postgrads sehr zu spüren (nicht unter auch daran, dass es Toiletten nur für Professoren und Postgrads gibt). Ich hatte gar nicht so viele Kurse, aber dafür umso mehr Hausaufgaben und assignments. Allerdings sind die Professoren und auch andere Studenten sehr hilfreich, so dass einem viel unter die Arme gegriffen wird. Meine Tutorin schrieb mir auch mehrfach, ob ich irgendwelche Probleme oder Fragen hätte und dass ich jederzeit auf sie zukommen könnte. Sowieso ist es wichtig, täglich seine Emails abzurufen, da in Newcastle alles über E-Mails und dem Blackboard (ähnlich wie stud.ip in Rostock) läuft. An Prüfungen kommt man auch als ERASMUS-Student nicht vorbei, aber man hat genügend Vorbereitungszeit und Lernstress ist ja für deutsche Studenten eh nix Neues. Allerdings läuft an der Newcastle University alles etwas bürokratischer, strikter ab. Bei den Prüfungen muss man natürlich den Studentenausweis mitnehmen, aber zusätzlich noch Erklärungen und Formulare ausfüllen, bis man dann letztendlich die heiß ersehnte Prüfung beginnen kann.
Um die englische Sprache zusätzlich zu perfektionieren, bietet die Universität kostenlose Sprachkurse an. Am Anfang des Semesters muss jeder Student einen Einstufungstest absolvieren. Je nachdem, wie das Ergebnis ausfällt, werden dann Kurse angeboten, die man wahrnehmen kann, aber nicht muss. Ich habe eine „listening and speaking class“ mitgemacht. Man kann sich die Kurse wohl auch anrechnen lassen, aber wie das funktioniert, weiß ich nicht so genau. Ich habe meinen Kurs nur mitgemacht, um mein mündliches Sprachniveau zu verbessern und nicht, um Credits zu sammeln. Allerdings kann es durchaus passieren, dass man in solchen Kursen nur mit Asiaten zusammen sitzt und an deren Akzent muss man sich auch erst einmal gewöhnen. Aber auf jeden Fall ist ein Sprachkurs auch eine zusätzliche Chance, nette Leute kennen zu lernen.


Studentisches Leben
Kommen wir zurück zur Wohnungssuche. Julia und ich sind am 13.09.2009 in Newcastle gelandet. Wir hatten vorher ein Hostel gebucht, damit wir Zeit haben, uns auf die Wohnungssuche zu begeben und falls wir nicht sofort eine Wohnung bekommen würden, wenigstens ein Dach über dem Kopf zu haben. Zunächst haben wir die uns empfohlenen Makler bzw. agencies aufgesucht – ohne Erfolg. Die meisten waren nur an Studenten interessiert, die ein Jahr in Newcastle bleiben oder sie hatten generell nichts frei. Davon haben wir uns aber nicht entmutigen lassen, sondern sind dann im Internet auf Suche gegangen. Dort gibt es nette Seiten wie gumtree.com oder easyroommate.com, auf denen viele Wohnungen und Zimmer angeboten werden. Wir haben uns dann mehrere Wohnungen in Jesmond und Heaton (auf keinen Fall Fenham, so wurde uns gesagt) rausgesucht und die Vermieter angerufen oder per Email kontaktiert. Viele Anzeigen waren nicht zu gebrauchen, da die Vermieter nur Mietverträge ab 6 oder 12 Monate vergeben haben und wir was für 4 bis maximal 5 Monate gesucht haben. Wie Frauen so sind, überkam uns dann doch ein wenig die Angst, weil wir unser hart erspartes Geld nicht gleich am Anfang für die Hostelübernachtungen (ca. 20 Pfund/Person und Nacht) ausgeben wollten. Aber am zweiten Tag hatten wir dann einen Termin zur Wohnungsbesichtigung in West Jesmond. Die Wohnung hat uns auf Anhieb gefallen. In England gibt es diese typischen Reihenhäuser mit unterschiedlich gestrichenen Türen und Hinterhof – genau so eine Wohnung war das. Drei Mädels waren bereits eingezogen, auch alle von ERASMUS, wir haben also super reingepasst. Gleich um die Ecke war ein TESCO (beliebter britischer Einkaufsmarkt) und 200 Meter entfernt (bzw. 0,124 Meilen) war gleich eine Metrohaltestelle. Die Monatsmiete betrug 340 Pfund, inklusive aller Kosten wie Internet, Strom, Wasser etc. Nachdem wir die erste Monatsmiete und die Kaution von 300 Pfund hinterlegt hatten, war unser Konto gleich erheblich geschrumpft. Wir haben uns dann entschieden, auf ein Metroticket (vier Wochen in der Stadtzone – reicht, um zur Uni zu kommen – kostet 30 Pfund mit Studentenrabatt) zu verzichten, und stattdessen 20 bis 25 Minuten zur Uni zu laufen. So konnten wir etwas Geld sparen, um Reisen nach Edinburgh und Liverpool zu finanzieren.
Als Student bekommt man in den Kinos und bei anderen kulturellen Veranstaltungen Rabatt, aber nichtsdestotrotz ist das Leben in England teuer. Zunächst einmal haben wir uns im Sportcenter angemeldet, was uns 93 Pfund gekostet hat (man hat dann aber eine breite Auswahl an Sportkursen wie Aerobic, Pilates etc. und kann natürlich das Fitnesscenter benutzen). Zusätzlich gibt es in England das System der Societies, in die man eintreten kann. Die Auswahl ist groß. In der fresher´s week bekommt man genügend Informationen zu den Freizeitmöglichkeiten in Newcastle, so auch zu den Societies. Als ERASMUS-Studenten sind wir natürlich in die ERASMUS-Society eingetreten. Dort wird dann der Freizeitbereich Reisen und Party abgedeckt. Zudem gibt es viele sportbezogene Societies wie Reiten, Judo, Fußball, Rudern etc., in die man aber ein hübsches Sümmchen Geld investieren muss. Die Sprachen und Kennlern-Socities wie ERASMUS nehmen nicht viel Geld, da lohnt es sich auf jeden Fall einzutreten. Man bekommt dann jede Woche eine Email zu den verschiedenen Aktivitäten, die von der jeweiligen Society angeboten werden und kann selbst entscheiden, ob man teilnehmen will. Wenn man ein Nachtschwärmer ist, dann führt kein Weg an der ERASMUS oder auch an der Modern Languages Society vorbei. Die Organisatoren (selbst junge und wilde Studenten) verschaffen Vergünstigungen in den Clubs und für die Getränke. Somit spart man schon mal mindestens die Hälfte von dem, was man sonst im teuren Nachtleben von Newcastle ausgeben würde.
Ausflüge werden auch oft von der Universität angeboten. Das geht von regionalen Trips bis hin zu Auslandsreisen (u.a. auch wieder zurück nach Deutschland, woran wir natürlich nicht teilgenommen haben, man fährt ja nicht ins Ausland, um bei der nächsten Gelegenheit wieder zurück in die Heimat zu fliegen). Fahrten in die Region (Durham, Hadrian´s Wall, Alnwick) sind recht günstig, wohingegen längere Ausflüge nach Edinburgh zum Beispiel etwas teurer sind, aber sich auf jeden Fall lohnen. Man muss aber nicht unbedingt mit einer Society die Region erkunden. Wenn man später schon seine Clique zusammen hat, kann man auch auf eigene Faust Reisen planen. Das Busunternehmen Megabus hat täglich günstige Verbindungen nach London (6,5 Stunden), Manchester (3,5 Stunden), Edinburgh (2,5 Stunden) und viele Städte mehr. Natürlich ist Zug fahren einfacher und bequemer, aber auch viel teurer und gar nicht so viel übersichtlicher, da man nicht wie in Deutschland die Gleisnummern im Vorfeld erfährt, sondern erst vor Ort auf die Anzeigetafel schauen muss. Gerade bei Verbindungen, bei denen man viel umsteigen muss, kann das sehr hektisch werden. Ein Plus: Man kann Sitzplätze fast immer kostenlos reservieren.
Noch was für die Damenwelt: Der Primark ist ein beliebtes Ziel bei Schnäppchenjägern. Die Qualität der Ware ist zwar nicht immer hochwertig, dafür bekommt man günstig ein paar seltene und innovative Kleidungsexemplare. DVDs und Bücher sind in England extrem billig. Ich war bestimmt öfter auf der amazon.co.uk Homepage als auf der Universitätsseite von Newcastle.
Alles in allem war der Auslandsaufenthalt in Newcastle ein sehr schönes Erlebnis. Das Geld war es auf jeden Fall wert. Man lernt Leute aus der ganzen Welt kennen, isst Würstchen und Bohnen zum Frühstück, sieht überall vermeintliche Geisterfahrer auf den Straßen und weiß die Sonne danach sehr zu schätzen.