VON MAXIMILIAN SEMSCH | 21.06.2010 12:03

Erfahrungsbericht: Mit dem Rad nach Singapur

Ich fuhr von Deutschland nach Singapur - mit dem Fahrrad

Die meisten haben mich für verrückt erklärt, als ich von meinen Plänen erzählt habe, dass ich alleine und auf dem Fahrrad von München nach Singapur fahren will. Und nicht nur das, ich wollte auch noch einen Dokumentarfilm über meine Reise drehen. Spätestens an diesem Punkt hat mir jeder gesagt, dass so etwas nicht möglich sei.


Ich wollte es trotzdem versuchen. Zum einen weil mich die Herausforderung reizte, zum anderen wollte ich neue Menschen und deren Kultur kennenlernen. Ich nahm mir neun Monate Zeit für die Vorbereitung. Ich habe mich um Sponsoren gekümmert, viel mit Kameramännern und Filmemachern gesprochen, wie man solch eine Dokumentation realisieren kann und bin am 2. Mai 2008 dann endlich losgefahren. Los ging es im Münchener Hofgarten. Ich hatte für die Reise nicht trainiert und so waren die ersten Tage, in denen mich meine Freundin Marion und Hund Alfie begleiteten, sehr anstrengend und mühselig. Wir schafften im Durchschnitt knapp 35km pro Tag. Nach zwei Wochen kehrten Marion und Alfie zurück nach München und ich war alleine unterwegs. Da war ich bereits in der Tschechischen Republik. Von dort aus ging es weiter nach Polen und dann in die Ukraine.


Die Ukraine war das erste Land außerhalb der EU und die Anspannung dementsprechend groß. Gerade in den ersten Tagen hatte ich sehr mit der Einsamkeit und dem Kulturschock zu kämpfen. Doch das änderte sich bald, genauso wie meine Kondition. Nach über einem Monat schaffte ich es das erste Mal über 100 km an einem Tag zu fahren.
Nach der Ukraine reiste ich weiter nach Russland und mit der Überquerung des Ural-Gebirges hatte ich Europa verlassen und war in Asien. Ein neuer Kontinent und ich hatte ihn aus eigener Kraft erreicht. Für Russland hatte ich nur ein 30-Tage Visum, nicht gerade viel Zeit für das größte Land der Welt. Ich musste fast 2.500 km bis zur kasachischen Grenze zurücklegen.


Nebenbei musste ich natürlich auch immer an meine Dokumentation denken und Filmmaterial sammeln. Da ich kein begleitendes Kamerateam dabei hatte, musste ich alle Aufnahmen selbst durchführen. Ich kam also an einer landschaftlich schönen Stelle vorbei, musste anhalten, die Kamera aufbauen, zurück zu meinem Fahrrad laufen, durchs Bild fahren, wieder anhalten, die Kamera einpacken und wieder weiterfahren. Das Ganze dann so drei, vier Mal pro Tag. Auch musste ich die Leute filmen, denen ich so begegnet bin und natürlich mich selbst und dabei erzählen, wie es mir so geht. Mit der Zeit wurde die Kamera zu einer Art gutem Freund, dem ich jedem Abend von meinen schönen Momenten des Tages, aber auch meinen Sorgen und Problemen erzählte.


Nach der anstrengenden Überquerung des Ural-Gebirges hatte ich es geschafft und erreichte am letzten Tag meines Visums die Grenze zu Kasachstan, dem nächsten Land meiner Reise.
In Kasachstan nahm die Bevölkerungsdichte immer weiter ab und schon bald fand ich mich in der Steppe wieder. Es gab keine Bäume mehr und das Land war bretteben. Nur der Wind war immer da, es gab auch nichts, das ihn hätte stoppen können. Wenn der Wind von hinten kam, flog ich mit knapp 35 km/h durch die Steppe. Wenn er von der Seite kam, musste ich aufpassen nicht von der Straße geweht zu werden und bei Gegenwind war ich mit Laufen genauso schnell, wie beim Fahren.
Es war mittlerweile August und die Temperaturen klettern jeden Tag auf über 42 Grad. Oftmals waren es über 100 km bis zum nächsten Haus, an dem ich mein Wasser auffüllen konnte. Ich musste also neben rund 40 kg Gepäck auch noch 10 Liter Wasser mit mir transportieren.


Nach 92 Tage erreichte ich Astana, die Hauptstadt Kasachstans. Hier wollte ich mein Chinavisum beantragen. In China liefen gerade die Olympischen Spiele und daher wollten die wohl keinen Radfahrer mit Videokamera quer durch ihr Land fahren sehen und haben mir kurzerhand kein Visum gegeben. Rückblickend war das mit Sicherheit der Tiefpunkt meiner Reise.


Ich wollte aber trotzdem weiter nach Singapur und kaufte mir ein Flugticket von Almaty nach Bangkok. Es lagen noch mal anstrengende 1200 km durch die Wüste vor mir, für die ich wieder nur 11 Tage Zeit hatte. Aber ich erreichte Almaty rechtzeitig und flog über China hinweg nach Thailand. Ich genoss meine Zeit in Kasachstan sehr. Ich war vor allem von der Gastfreundschaft der Menschen überrascht. Essen und Trinken bekam ich in jedem asiatischen Land geschenkt. Vor allem, wenn die Menschen gesehen hatten, dass ich mit dem Fahrrad unterwegs war. Aber in Kasachstan ist es mir sogar mehrmals passiert, dass ein Auto neben mir anhielt, der Fahrer mir ein paar Geldscheine in die Hand drückte, mir zu verstehen gab, dass ich mir davon etwas zu Essen kaufen sollte, mir einen schönen Tag wünschte und ohne jeden weiteren Kommentar weiterfuhr.


In Thailand angekommen, tauschte ich die trocken heiße Wüstenluft gegen die feucht heiße Tropenluft ein. Es herrschte noch der Monsun in Süd-Ost-Asien und so waren heftige Regenschauer an der Tagesordnung. Trotzdem, war das Radfahren nun wieder wesentlich einfacher. Es gab alle paar Kilometer einen Essenstand an der Straße, wo ich für wenige Cent eine warme und leckere Mahlzeit bekam. Auch im Zelt habe ich nicht mehr übernachtet, da Hotelzimmer nur wenige Euro kosten. Ich besuchte zu allererst eine der Trauminseln Thailands, um mich für eine Woche am Strand von meinen Strapazen zu erholen.


Da China für mich ausgefallen ist, machte ich noch einen Abstecher nach Kambodscha. Ich besuchte die Hauptstadt Siam Reap und die berühmten Tempelanlagen von Angkor Wat, von denen ich sehr beeindruckt war. Nach einem Monat in Kambodscha ging es wieder zurück nach Thailand. Ich war sehr begeistert von Süd-Ost-Asien. Von den Regenwäldern, mit ihrer großen Artenvielfalt und Geräuschen, die man sonst nur aus Tierdokumentationen kennt. Auf der anderen Seite gibt es wohl mit die schönsten Strände und Inseln, die man auf unserer Erde finden kann. Es ist immer warm und so etwas wie Winter kennen die Leute hier nicht. Ihr Leben hingegen ist geprägt von Regen- und Trockenzeit.


Immer der Küste entlang ging es weiter Richtung Süden. Ich fuhr noch für einen Monat durch Malaysia, das vorletzte Land meiner Reise. Es war ein neues Land und auch eine neue Kultur mit anderen Bräuchen und anderen Speisen. Das ist noch so etwas wovon ich sehr begeistert war. Ich musste nur ein paar Tage fahren und war in einer neuen Kultur und das oft innerhalb eines Landes.


Nach 211 Tagen und knapp 13.500 km erreichte ich Singapur, mein persönliches Ende der Welt.


Ich kehrte im Dezember zurück nach München und machte mich an die Arbeit meinen Film zu schneiden. Ich hatte 65 Stunden Rohmaterial gesammelt und es dauert noch mal fast sieben Monate bis der Film fertig war. Der Film lief mittlerweile schon auf mehreren Filmfestivals und hat den bayrischen Nachwuchsfilmpreis gewonnen.


Mein Abenteuer gibt es auf DVD zu kaufen. Der Film ermöglicht dem Zuschauer an einer außergewöhnlichen Reise und meinem persönlich größten Abenteuer teilzuhaben. Ich bin mir sicher, dass Ihr nach dem Film auch sofort los reisen wollt.


Weitere Infos über die Reise und die DVD gibt es unter www.what-a-trip.de