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Online lernen: Schreiben was das Zeug hält

Online lernen hat Zukunft. Man lernt flexibel, preiswert, progressiv. Doch im virtuellen Klassenzimmer herrschen nicht nur Hochgefühle. Viele verlassen den Internet-Seminarraum still und leise durch die Hintertür

Das virtuelle Klassenzimmer von "Ikarus" ist grau. Trotzdem geht es hier sehr lebendig zu. In rund 20 Foren posten 170 Teilnehmer, was das Zeug hält. "Ikarus" ist ein kostenloses, EU-gefördertes Online-Seminar. Hier machen Teilnehmer aus verschiedenen Ländern drei Monate lang mit dem Online-Lernen vertraut. Wie ist das, wenn man Lehrer und Schüler wirklich nur im Internet kontaktiert, trotzdem richtig eng zusammenarbeitet, diskutiert, gemeinsame Arbeitspapiere erstellt?

Der Name steht für Internet-basiertes kollaboratives Arbeiten in universitären Lehr- und Lern-Szenarien, die Kurssprache ist Englisch, aber das hält auch Radebrecher nicht vom Mitmachen ab. Es gibt eine "Bibliothek", in die die Kursleiter Texte zum lesen oder abrufen eingestellt haben. Im Seminarverlauf kommen die Arbeitspapiere der Teilnehmer dazu. Wie im echten Leben gibt es neben den 20 Fach- und Gruppenforen ein Café, in dem man auch die Themen behandeln kann, die nichts mit dem Seminar zu tun haben. Gerätetauchen zum Beispiel. Wie im echten Leben geht viel zu viel Zeit drauf für das Quatschen und Fachsimpeln, aber man lernt sich kennen, und das wärmt das Herz.

Die Arbeit im Online-Team fällt vielen schwer

Trotzdem sind am Ende des Seminars nur noch 70 Teilnehmer dabei. Das liegt am unterschätzten Zeitaufwand, aber auch am seminartypischen Ärger, der bei "Ikarus" einsetzt, als die ersten schwierigeren Aufgaben beginnen. Es sind Gruppenarbeiten. Sie kranken oft daran, dass nicht alle Teilnehmer zuverlässig mitarbeiten. Fragt man, ob sie mit dem Beschluss der Gruppe einverstanden sind, kommt keine Reaktion. Manche loggen sich gar nicht mehr ein. Irgendwann beschließt die Gruppe, nicht länger auf ihre Meinung zu warten und wie geplant weiter zu arbeiten. Der Frust bleibt: Wieder einen kompletten Tag sinnlos verloren.

Lösen lässt sich dieses Problem nur mit sehr strengen Regeln. "Bei Ikarus fliegt raus, wer sich vier Tage lang nicht einloggt", sagt Ikarus-Leiter Rüdiger Fries von der Universität Saarbrücken. Wer sein Geld ins Online-Lernen investiert, bleibt schon eher bei der Stange: Kostenpflichtige Kurse binden die Teilnehmer stärker.

Die Einsamkeit des Mausklickens

Vielleicht gehören manche Schweigsamen auch zu denen, die sich überfordert fühlen, als sie eines der Programme erforschen sollten, mit denen man Online-Seminare durchführen kann. Da sitzt man mutterseelenallein vor dem Bildschirm und rätselt herum, und plötzlich wächst auch in der selbständigsten Brust der inständige Wunsch, es möge irgendjemand aus Fleisch und Blut neben einen treten, einem die Maus abnehmen und mit den altvertrauten Worten: "Sieh mal, hier musst du klicken" einfach vormachen, wie es geht.

Denn in einem Forum oder Chat lässt sich schlecht etwas zeigen. Überhaupt ist so ein Forum vor allem für Menschen geeignet, die gerne lesen und schreiben. Manche sind deshalb sehr still im virtuellen Klassenzimmer, sie hätten vielleicht eher etwas zu sagen.

Komfortable Technik bislang nur bei den "Großen"

"Alles eine Frage der Technologie", sagt dazu Lore Reß, selbst Ikarus-Teilnehmerin und im richtigen Leben Geschäftsführerin der Daten+Dokumentation GmbH, die solche virtuellen Lernplattformen betreut und an Kursanbieter vermietet. "Wenn ich was zeigen möchte, kann ich das auch." Dann arbeitet man eben mit Bild und Ton, also mit Webcam, Kopfhörer und Mikro. Das ist alles schon erfunden - nur leider noch nicht überall verbreitet.

"Große Konzerne richten sich solche Lernplattformen mit allem Drum und Dran ein", sagt Lore Reß. "In kleineren und mittleren Unternehmen dagegen ist das Online-Lernen noch sehr unterschiedlich. Manche sind top-ausgerüstet, andere gar nicht." Auch für Privatpersonen gibt es schon Online-Seminare.

Auch an der Uni zählt noch der persönliche Kontakt

Auch die Universitäten arbeiten dran. Hier freilich fehlt viel Geld. Zudem tut sich die Bürokratie sehr schwer, virtuell gezeigte Leistungen real anzuerkennen. Und die Studenten? Wer die Wahl hat, zieht die persönliche Anwesenheit vor, beobachtet Ikarus-Teilnehmer Maik Scheurer von der Universität Freiburg.

Für die Forstökologie hat er Online-Module entwickelt, die den Studierenden begleitend zur herkömmlichen Lehre zur Verfügung stehen. Effekt: Die Studenten holen sich Informationen vom Server, aber sie kommunizieren lieber nicht online, sondern fragen am nächsten Tag persönlich die Dozenten. "Vielleicht", sagt Maik Scheurer, "vielleicht haben sie Angst, sich zu blamieren, wenn jeder ihre Frage im Forum lesen kann."

VON GUDRUN SONNENBERG MONSTER.DE

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