Das Diplom ist die halbe Miete, heißt es. Zusammen mit monster.de haben wir für dich die wichtigsten Infos zusammengestellt, die du für die zweite Hälfte brauchst.
Mike hat die Krawatte auf Halbmast gebunden, der Hemdkragen ist abgestoßen, das Brillenglas spiegelt. Lächeln? Fehlanzeige. Mit dem kalkweißen Hintergrund wirkt das Foto wie im Bahnhofsautomaten aufgenommen. Dana hat ein paar Euro mehr investiert. Statt sechs mal vier Zentimeter gönnt sie sich ein Halbporträt, das den größten Teil des Deckblatts füllt. Die Hände sind unter dem Kinn gefaltet, große Ohrringe baumeln bis fast auf die Schulter.
Klassisch wirkt seriös
"Ich habe in meiner Berufslaufbahn schon Hunderte von Bewerberbildern gesehen", sagt Jutta Ganitis, Bewerbungsberaterin aus Wiesloch bei Heidelberg, "angefangen mit dem Foto aus dem Automaten bis hin zu Teilaktfotografien. Das ganz klassische Bild von zirka 6,5 mal 4,5 Zentimeter, oder auch etwas größer, macht für mich immer noch den seriösesten Eindruck, wenn es professionell erstellt wurde."
Doch damit fangen die Probleme an. Viele Jobsucher scheuen den Gang zum Fotografen, teils aus Kostengründen, teils weil sie sich vor der Kamera unwohl fühlen. Ganitis kennt das: "Wie viele Menschen sehen sich gerne auf Fotos? Wie viele Menschen finden sich attraktiv oder ansprechend, wenn sie ihr Bewerbungsbild ansehen? Wenige! Genau so wirken viele Bewerbungsfotos auf die Personaler."
Zünglein an der Waage
Verkrampft, verhuscht, verkleidet – wer so wenig rüberbringt, muss sich über Absagen nicht wundern. Ein gutes Foto (siehe Checkliste) ersetzt zwar nicht die fachliche Qualifikation, kann aber den Ausschlag geben, wenn zwei Bewerber nach der Papierform gleichauf liegen.
Psychologen haben herausgefunden, dass der Betrachter schon nach 150 Millisekunden, also nach weniger als einer Sechstelsekunde, ein Urteil über die abgebildete Person, ihre Fähigkeiten und ihr Sozialverhalten fällt. Der erste Eindruck ist zwar nicht in Stein gehauen und wird oft im Vorstellungsgespräch revidiert, doch so weit muss der Bewerber erst mal kommen.
Dem Gleichstellungsgesetz zum Trotz ...
In den Vereinigten Staaten sind Bewerbungsfotos seit langem verpönt. Der Civil Rights Act aus dem Jahr 1964, der jede Benachteiligung aufgrund von Rasse, Geschlecht oder Herkunft verbietet, bescherte den Gerichten eine Welle von Klagen abgelehnter Kandidaten. Um sich nicht angreifbar zu machen, sortieren Unternehmen in den USA deshalb von vornherein Bewerbungen aus, die ein Foto enthalten.
In Europa beginnen derweil die Antidiskriminierungsrichtlinien der EU Wirkung zu entfalten – unter anderem haben sie das seit 2006 in Deutschland geltende Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) angeregt. Danach müssen Unternehmen mit Entschädigungsansprüchen rechnen, wenn sie einen Bewerber wegen seiner Nationalität oder seines Alters zurückweisen. Das Bewerbungsfoto könnte in einem Prozess zu einem wichtigen Indiz werden – was in Personalabteilungen anfangs für Unruhe gesorgt hat.
... fast alle Firmen wollen ein Foto
Inzwischen wissen Unternehmen, dass sie dem Gleichbehandlungsgebot genügen, wenn sie in Stellenanzeigen nicht ausdrücklich ein Foto verlangen. Die Aufforderung, "übliche, aussagekräftige Unterlagen" zu schicken, bedeutet im Klartext: Wir wollen auch ein Gesicht sehen!
"Trotz AGG gehört heute immer noch ein ansprechendes Foto zu einer gelungenen kompletten Bewerbung", sagt Michaela Gawel, Bewerbungsberaterin aus Sankt Augustin bei Bonn. Jürgen Hesse, Gründer des Büros für Berufsstrategie Hesse/Schrader, ist derselben Meinung. "Es ist im deutschsprachigen Raum kulturell noch nicht verankert, kein Foto beizulegen", beobachtet er. "Wir raten nach wie vor, ein Bewerbungsfoto mitzuschicken."
Zweck des Bewerbungsfotos: sympathisch wirken
Zwar stellen die Arbeitsgerichte fest, dass die Zahl der Klagen steigt, in denen sich abgewiesene Kandidaten auf das AGG beziehen. Doch bislang ist eine diskriminierende Wirkung des Fotos nicht aktenkundig. In den meisten Verfahren geht es um Formulierungen in Stellenanzeigen.
Das Bewerbungsfoto dürfte in Deutschland noch einige Zeit Standard bleiben – als zusätzliche Information für den Personaler, der sich ja "im wahrsten Sinne des Wortes ein Bild von einem Bewerber machen" müsse, wie Berater Hesse findet. "Es geht dabei nicht um einen Schönheitswettbewerb", sagt er, "sondern um etwas viel Wichtigeres: Sympathie."
__________________________________________________________________________
Checkliste: Bitte recht seriös!
Profis ranlassen
Urlaubs- oder Automatenbilder gehen gar nicht. Besser einen Termin im Porträtstudio buchen. Ein "Business-Shoot" mit mehreren Posen in verschiedenen Outfits dauert eine bis anderthalb Stunden und kostet zwischen 150 und 300 Euro. Für diesen Preis sollten eine kurze Outfit-Beratung sowie eine Grundvisagie drin sein.
Wer die Fotos auch für Veröffentlichungen verwenden will, erwirbt die Nutzungs- und Bildrechte gleich mit. Einen Satz einfache Bewerbungsbilder gibt es ab 20 Euro.
Auf mehrere Karten setzen
Jede Branche hat ihre eigenen Dresscodes, die sich im Bewerbungsfoto widerspiegeln sollten. Banken mögen es klassisch- korrekt, für Werbeagenturen dürfen Kleidung, Pose und Hintergrund lockerer sein. Der Fotograf weiß das, aber man muss ihm sagen, dass die Bilder an unterschiedliche Adressen gehen. Auf die Frage, ob Farbe oder Schwarzweiß, gibt es keine branchenspezifische Antwort. Einige Bewerbungsberater halten Schwarzweiß-Aufnahmen für ausdrucksstärker.
Details beachten
Dezente Farben – im Gesicht wie am Körper – kommen am besten an. Kein auffälliger Schmuck, keine extravagante Frisur. Flecken auf dem Anzug oder abgestoßene Hemdkragen sind tabu. Wer immer eine Brille trägt, tut dies selbstverständlich auch auf dem Foto. Und: Lächeln!
Vorsicht mit fotografischen Finessen wie Kopfanschnitt oder extremer Schieflage der Bildachse. Ebenso Vorsicht mit digitalen Nachbearbeitungen, die mancher übereifrige Fotograf anbietet: Pickel wegretuschieren ist in Ordnung, aber eine Zahnlücke muss der Zahnarzt richten, nicht der Fotograf.
Richtig präsentieren
Wer sich "auf Papier" bewirbt, klebt das etwa 6,5 mal 4,5 Zentimeter große Foto rechts oben auf den Lebenslauf. Keine Büro- Heftklammer nehmen, sondern ein kleines Stück beidseitig klebendes Klebeband. Das Bild einzuscannen und aufzudrucken, empfiehlt sich nur, wenn das Druckergebnis tadellos ist.
Verfechter des "Deckblatts" in Bewerbungen lassen sich oft dazu verleiten, ein größeres Bild und eine andere Darstellung, etwa ein Halbformat, zu verwenden. Die Seriösität darf darunter nicht leiden. Und die Verhältnismäßigkeit muss gewahrt sein: Wer einen Praktikumsplatz sucht, erntet mit einem Bühnenfoto Kopfschütteln.