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Eine Probezeit, meistens sechs Monate, ist Standard in fast jedem Arbeitsvertrag. So haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine letzte Möglichkeit sich schnell und problemlos voneinander zu trennen, wenn es nicht klappen sollte. Doch immer mehr Berufstätige sehen sich bei einer Bewerbung nicht nur mit Telefoninterview und Vorstellungsgespräch konfrontiert, sondern auch mit dem Wunsch des potenziellen Arbeitgebers, ein paar Tage auf Probe im Unternehmen zu arbeiten.
"Arbeit zur Probe" in vielen Branchen üblich
"Probearbeit ist inzwischen in vielen Branchen ein übliches eignungsdiagnostisches Zusatzinstrument", sagt Hans-Georg Willmann, Diplom-Psychologe und Geschäftsführer der Freiburger Personalberatung JobID. "Ich hatte schon viele Klienten, die in ihrer Bewerbung – quasi als Wettbewerbsvorteil – die Bereitschaft zur Probearbeit angeboten hatten oder die nach einem Vorstellungstermin zur Probe arbeiten sollten – vom einfachen Lagerarbeiter über die Assistenz der Geschäftsführung bis zum Hochschulabsolventen."
Wenn einem nach dem Vorstellungsgespräch ein solches Angebot zur Arbeit auf Probe gemacht wird, kann das Bewerber schon irritieren: Will das Unternehmen einen bloß ausnutzen? Verkauft man sich unter Wert, wenn man darauf eingeht? Ist das rechtlich einwandfrei?
Nur seriöse Angebote annehmen
Willmann hat da eine pragmatische Haltung: "Man sollte so ein Angebot zur Probearbeit annehmen, denn auch für den Bewerber ist es eine Chance, das Unternehmen, die Mitarbeiter und Vorgesetzten kennen zu lernen und so zu prüfen, ob das Miteinander und die Aufgabe dem entsprechen, was man sich erhofft hat."
Arbeiten auf Probe bedeutet arbeiten ohne Entgelt, deshalb sollte man natürlich darauf achten, ob die Rahmenbedingungen stimmen oder ob man nur ausgenutzt werden soll, ohne Chance auf eine spätere Anstellung. "Seriöse Probearbeit ist vom Arbeitgeber vorbereitet, währenddessen begleitet und nachbereitet", so Willmann. "Eine Einladung zur Probearbeit vor einem Vorstellungsgespräch zum Beispiel halte ich für unseriös." Schließlich sortiere man im Auswahlverfahren mit jedem Schritt weitere Bewerber aus – einige lädt man zum Gespräch ein und ein bis zwei Favoriten prüft man vielleicht noch in der Probearbeit.
Wann Probearbeit sinnvoll ist
Bei der Probearbeit geht es auch nicht darum, dass der Bewerber wirklich wertschöpfend mitwirkt. Vielmehr will sich der Arbeitgeber ein Bild über Arbeitsmoral, Fähigkeiten und Auftreten gegenüber Kunden, Vorgesetzten und Kollegen machen.
"Es ist in Ordnung, wenn eine Rechtsanwaltsfachangestellte ein, zwei Tage assistiert oder eine Sekretärin drei Tage mit dem Geschäftsführer 'mitläuft', um Sprach-, Organisations- und Kommunikationsfähigkeiten unter Beweis zu stellen", verdeutlicht Willmann, "aber es ist nicht okay, wenn ein Wirtschaftswirtschaftler in der Betriebsrechnung einen Monat lang Zahlen auswerten muss oder ein Jurist eine Woche lang in der Universitätsbibliothek Literatur recherchieren soll."
Die rechtliche Lage
Stefan Kramer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hannover, weist darauf hin, dass bei einer Arbeit auf Probe rechtlich zwischen weisungsabhängiger und weisungsunabhängiger Arbeit unterschieden werden muss:
"Erbringt eine Person 'auf Probe' eine weisungsabhängige Arbeitsleistung besteht laut Paragraf 612 BGB regelmäßig ein Arbeitsverhältnis und ein Entgeltanspruch auf der Basis einer üblichen Vergütung. Steht hingegen das zeitlich begrenzte Kennenlernen eines Arbeitsplatzes ohne weisungsabhängige Arbeitspflicht im Mittelpunkt, liegt kein vergütungspflichtiges Arbeitsverhältnis vor."
Vorsicht vor Ausbeutung
Ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein aus dem Jahr 2005 verdeutlicht dies:
Eine Spedition hatte mit einem Berufsfahrer ein "unentgeltliches Praktikum" vereinbart. Der Fahrer übernahm jedoch schon bald – auf Weisung der Spedition – ganztägige Liefertouren. Als ihm nach etwa zwei Wochen mitgeteilt wurde, dass er nicht mehr eingesetzt werde, klagte er auf Gehaltszahlung. Das Gericht gab ihm Recht, weil es sich um ein normales Arbeitsverhältnis handele: Der Fahrer hatte während der zwei Wochen eine vollständige Arbeitsleistung auf einem Vollzeitarbeitsplatz erbracht und war weisungsabhängig tätig.
Probearbeit und die Arbeitsagentur
Besonders vorsichtig sollte der Arbeitnehmer bei Probearbeit sein, wenn er noch anderswo beschäftigt ist: "Während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses darf er seinem Arbeitgeber keine Konkurrenz machen oder bei einem Wettbewerber tätig sein", stellt Kramer klar. "Das ist ein Grund zur fristlosen Kündigung."
Arbeiten zur Probe ist auch für die Agentur für Arbeit ein probates Mittel, um Jobsuchende in ein Beschäftigungsverhältnis zu vermitteln. Diese sogenannten "Maßnahmen bei einem Arbeitgeber" sind in Paragraf 46 des Sozialgesetzbuches (SGB III) festgeschrieben und sehen für die Probearbeit eine zusammenhängende Frist vor, die bis zu vier Wochen dauern darf.
Arbeitslosengeld läuft weiter
"Dem Arbeitgeber entstehen dabei keine Kosten", sagt Christine Weber, Teamleiterin des Arbeitgeberservice bei der Arbeitsagentur Stuttgart. "Der Arbeitnehmer auf Probe bekommt weiterhin Arbeitslosengeld sowie die Ausgaben für die Anfahrt und eventuell anfallende Kosten für die Kinderbetreuung ersetzt. Eventuell zahl die Arbeitsagentur auch einen Zuschuss zu den Übernachtungskosten, wenn die Arbeitsstelle weiter weg ist."
Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer können bei der Arbeitsagentur den Wunsch nach Probearbeit vorbringen, der Arbeitgeber muss dann einen entsprechenden Fragebogen ausfüllen. Das diene auch dazu, um die Häufigkeit von Probearbeitsverhältnissen mit der Zahl der Einstellungen in Verbindung zu bringen, so Weber. "Natürlich gibt es überall schwarze Schafe, aber insgesamt ist die Probearbeit nach unserer Erfahrung eine positive Sache – überwiegend mündet sie in einer Anstellung."
Immer mehr Branchen setzen auf Probearbeit
Speditionen, Hotel- und Gaststättengewerbe und das Handwerk sind die häufigsten Bereiche, in denen zur Probe gearbeitet werde, weiß Weber, aber "es kommt in allen Branchen vor, auch in der Informationstechnologie und im Webdesign habe ich es schon erlebt."