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Jedes Jahr schließen knapp 25.000 wissenschaftliche Mitarbeiter an Hochschulen und Forschungseinrichtungen ihre Zeit als Doktorand mit der Promotion ab. "Die Zahl ist seit Ende der 90er Jahre konstant", sagt Marcus Müller, Vorsitzender des Doktoranden- und Postdoc-Netzwerks Thesis. Viele der Promovierten wechseln in die Wirtschaft, aber ein nicht unerheblicher Teil – wie viel, weiß niemand genau – bleibt als Postdoc an der Universität oder einer außeruniversitären Forschungseinrichtung und arbeitet fortan als Berufswissenschaftler – zumindest vorerst.
Mit Beginn der Promotion tickt die Karriereuhr
Denn es gilt noch immer der alte Spruch, dass man in der Wissenschaft Professor oder gar nichts wird. Im so genannten akademischen Mittelbau, zu dem auch die Postdocs gehören, gibt es wenige unbefristete Stellen. "Ihr Anteil dürfte unter zehn Prozent liegen", schätzt Michael Hartmer, Geschäftsführer des Deutschen Hochschulverbandes (DHV).
"Mit dem Beginn der Promotion tickt die Uhr", sagt Thesis-Vorsitzender Müller. Promotions- und Postdoc-Stellen sind zeitlich befristet und die Zahl an Jahren, die ein Wissenschaftler sich von Zeitstelle zu Zeitstelle hangeln darf, hat der Gesetzgeber inzwischen auf zwölf Jahre begrenzt. Danach muss er entweder eine Professur oder eine andere feste Stelle besetzen – andernfalls steht er auf der Straße.
Die Juniorprofessur
Es gibt die Alternative, dass man nur noch indirekt von der Hochschule oder Forschungseinrichtung bezahlt wird, weil man sein Einkommen aus Drittmitteln bekommt, zum Beispiel aus den Töpfen der Deutschen Forschungsgemeinschaft oder der EU. "Trotzdem kommt es zu Härtefällen durch das Wissenschaftszeitvertragsgesetz, das habe ich schon in meinem direkten beruflichen Umfeld erlebt", sagt Müller.
Hintergrund der zeitlichen Befristung ist das Ziel des Gesetzgebers, die Zeit bis zum Ruf auf eine Professur zu verkürzen. "Professoren mit 35 sind noch immer eine Rarität", weiß Michael Hartmer. "Immerhin kommt es häufiger vor als früher." Der Grund ist die sogenannte Juniorprofessur: Seit 2002 können junge Wissenschaftler mit herausragender Promotion unabhängig an Hochschulen forschen und lehren. Rund 800 Juniorprofessoren gibt es derzeit.
Nur 40 Prozent der Habilitierten erhalten eine Professur
Der klassische Weg dagegen führt über die Habilitation zu einer Professur. Sie bescheinigt dem Wissenschaftler, dass er sein Fach in voller Breite in Forschung und Lehre vertreten kann. Wer sich habilitiert hat, kann als Professor berufen werden. Im Schnitt sind Wissenschaftler bei ihrer ersten Berufung fast 42 Jahre alt. Die Zahl der Habilitationen schwankte in den vergangenen Jahren zwischen 1800 und 2300, so das Statistische Bundesamt.
Laut dem Bundesbericht zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses vom vergangenen Jahr liegt die Zahl der Habilitationen, die in eine Professur münden, bei ungefähr 40 Prozent. Mit anderen Worten: die Mehrheit der Nachwuchswissenschaftler geht leer aus. Zwischen 1995 und 2007 sind laut DHV in Deutschland rund 1500 Professorenstellen eingespart worden, mehr als 40 Prozent davon in den Sprach- und Kulturwissenschaften. Angesichts dieser Situation verwundert es nicht, wenn der Hochschulexperte Ulrich Teichler aus Kassel davon spricht, dass die Qualifizierung zum Berufswissenschaftler im Vergleich zu anderen Berufsgruppen ungewöhnlich lang und das Stellenangebot ungewöhnlich gering ist.
Die Gehaltsschere öffnet sich
"Das Jahreseinkommen von Wissenschaftlern des akademischen Mittelbaus liegt bei 40.000 bis 45.000 Euro brutto", erzählt Thesis-Vorsitzender Müller. Professoren haben Beamtenstatus und werden nach der W-Besoldung eingestuft: Die Grundgehälter sind fest, das Dienstalter wirkt sich nicht mehr wie früher bei der C-Besoldung aus. Statt dessen gibt es Leistungsbezüge, auf die es allerdings keinen Rechtsanspruch gibt. Die Stufe W1 ist für Juniorprofessoren vorgesehen, W2 und W3 für reguläre Professoren. Die Einkommen variieren inzwischen auch merklich von Bundesland zu Bundesland.
Michael Hartmer beobachtet, dass die Schere zwischen den Gehältern heute weiter auseinander klafft als früher: "Unterschieden sich C2- und C4-Monatsbezüge inklusive höchstmöglicher Zulagen früher um bis zu 5000 Euro, liegen heute zwischen W2 und W3 mit höchster Zulage bis zu 10.000 Euro." Manche außeruniversitäre Forschungseinrichtung bezahle ihre Instituts- oder Bereichsleiter "international wettbewerbsfähig" – also überdurchschnittlich gut.
"Der Ruf an ein Max-Planck-Institut zum Beispiel ist sicherlich die Krönung einer Wissenschaftlerkarriere", so Hartmer. "Das erkennt man auch daran, dass die Betroffenen solche Berufungen selten ablehnen." Denn auch in punkto Sachmittelausstattung überflügeln viele außeruniversitäre Forschungseinrichtungen die Universitäten – ein durchaus überzeugendes Argument für heutige, oft teure, Forschungsprojekte.
Mehr Chancen an den Fachhochschulen
Keine wissenschaftliche Laufbahn, aber letztlich doch einen Professorentitel haben rund 12.500 Beschäftigte der Fachhochschulen. Eingruppiert werden sie ähnlich wie ihre Kollegen an der Uni, ihr Berufungsalter liegt im Schnitt bei 40 Jahren. "Da sie aufgrund der gesetzlichen Anforderungen eine Prädikats-Promotion und mindestens fünf Jahre Berufspraxis als Wissenschaftler vorweisen müssen – davon mindestens drei außerhalb der Hochschule –, können sie auch kaum jünger sein", sagt Hubert Mücke, Geschäftsführer des Hochschullehrerbundes (hlb).
FH-Professoren sind ebenfalls in den Besoldungsstufen W2 und W3 eingruppiert. Die Chancen, eine solche Professur zu bekommen, sind in Mückes Augen gar nicht so schlecht, wenn die fachlichen Voraussetzungen stimmen. "Gerade für technische Professuren war es in den vergangenen Jahren sehr schwierig geeignete Kandidaten zu finden", sagt er. Bei den Einkommen, die erfahrene Ingenieure in der Wirtschaft verdienen, kann die W-Besoldung einfach nicht mithalten. "Große Fachhochschulen haben bei den Gehältern etwas mehr Spielraum als kleine, aber insgesamt sind die Möglichkeiten begrenzt."
Der Reiz der Forschung und Unabhängigkeit
Auch das niederländische Forschungsinstitut SEO Economisch Onderzoek kam vor zwei Jahren zu dem Schluss, dass deutsche Professoren in punkto Gehalt im Vergleich zu ihren Kollegen in sieben anderen Industrienationen den Kürzeren ziehen: In den USA, Großbritannien, der Schweiz, den Niederlanden, Belgien und Frankreich fällt die Kaufkraft der Nettoeinkommen von Professoren deutlich höher aus, teils um das Zweieinhalbfache. Nur die schwedischen Professoren schneiden schlechter ab als ihre deutschen Kollegen. Im Verhältnis zu einer vergleichbaren Tätigkeit in der Industrie fallen die Jahresgehälter deutscher Professoren im Durchschnitt ebenfalls deutlich niedriger aus. Angehörige des akademischen Mittelbaus haben teils sogar noch größere finanzielle Nachteile.
"Eine wissenschaftliche Karriere ist kein Zuckerschlecken", sagt Michael Hartmer. Dass trotzdem immer wieder Akademiker mit Begeisterung diesen Berufsweg einschlügen, liege an ihrer inneren Überzeugung: "Für sie stehen die Suche nach Wahrheit und der Erkenntnisgewinn – der eigentliche Reiz, den Forschung ausmacht – ganz oben. Und sie legen viel Wert auf ihre Unabhängigkeit, die sie in der Wissenschaft stärker erleben als zum Beispiel in der Industrie."
Weitere Informationen
Kerstin Janson, Harald Schomburg, Ulrich Teichler: Wege zur Professur, Waxmann-Verlag, Münster 2007
Kommunikations- und Informationssystem "Wissenschaftlicher Nachwuchs": www.kisswin.de