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Eigentlich hatte sich Marc Pestalozzi* vor fünf Jahren auf das Vorstellungsgespräch als Entwickler bei einem Automobilzulieferer unheimlich gefreut. Doch das verlief ungewohnt. Denn statt ihm den begehrten Job anzubieten, erkundigte sich der Personalchef während des Gesprächs erst einmal, ob er sich nicht auch vorstellen könne, eine Aufgabe im Vertrieb zu übernehmen. "Wenn Sie meinen, dass ich dafür der Richtige bin, will ich mir das gern einmal ansehen", antwortete der gelernte Elektroingenieur ohne langes Zögern. Eine Entscheidung, die er nie bereut hat. Inzwischen ist er aufgestiegen und betreut einen wichtigen Kunden seines Arbeitgebers als Leiter eines achtköpfigen Projektteams.
Offenheit ist Trumpf
"Der Mann hat eigentlich von Anfang an alles richtig gemacht", sagt Dr. Bram Gätjen, Inhaber der Dr. Gätjen & Krell Personalberatung im rheinischen Bensberg. Mit seiner Offenheit, Einsatzbereitschaft und Flexibilität im Einstellungsgespräch habe Pestalozzi gleich zu Beginn einen entscheidenden Hinweis auf seine zu erwartenden Potenziale gegeben, ist sich der Karriereexperte sicher. Wichtig für den Karriereschub innerhalb einer Firma ist nach seiner Einschätzung aber auch ein gewisses Maß an Geduld. Etwa drei Jahre Firmenzugehörigkeit vergehen nach Gätjens Erfahrung, ehe sich ein Karrieresprung anbietet: "Wer sich zu früh aus dem Fenster lehnt und ständig auf sein Können und seine Leistungsbereitschaft hinweist, kann sich bei Kollegen und Vorgesetzten auch schnell unbeliebt machen."
Wer dagegen sein Alltagsgeschäft im Griff hat, bei zusätzlichen Aufgaben und Belastungsspitzen nicht kneift und stets eigene Ideen in sein Team einbringt, macht auch ohne "Drängen und Stürmen" positiv auf sich aufmerksam. Kommen auf die eigene Abteilung dann zusätzliche komplexere Aufgaben zu, kann man der eigenen Karriere den entscheidenden Kick geben. Voraussetzung dafür ist nicht nur eine realistische Einschätzung der eigenen Person, sondern auch der Unternehmenskultur.
Unternehmenskultur einschätzen
Gibt es beispielsweise Skeptiker oder Traditionen in der Firma, die dem internen Aufstieg entgegenstehen, ist Vorsicht geboten. So kann es beispielsweise vorkommen, dass neu ausgeschriebene Stellen bevorzugt an externe Bewerber vergeben werden. Das ist zum Beispiel in sehr stark wachsenden Branchen wie im IT-Sektor der Fall: "Die stellen fast nur von außen ein", sagt Professor Michael Müller-Vorbrüggen. Er beschäftigt sich an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach mit Personalmanagement und -entwicklung.
Stimmen alle Voraussetzungen jedoch, steht einem Karrieresprung auch in der eigenen Firma nichts entgegen, selbst dann, wenn gerade keine neue Position ausgeschrieben ist. "Wer sich ständig unterfordert fühlt oder sich weiter entwickeln möchte, sollte das bei passender Gelegenheit - etwa Jahres- oder Halbjahresgesprächen - ruhig zum Thema machen", rät Bram Gätjen. Das bedeutet zwar nicht, dass der betreffende Mitarbeiter dann umgehend in die Führungsriege einer Firma aufrückt. Mitunter kann er sich mit seinem Vorgesetzten aber auf eine Erweiterung seines bisherigen Verantwortungsbereiches einigen.
Chancen unternehmens- und branchenabhängig
Natürlich kann es sich aber auch lohnen, die internen Stellenausschreibungen seines Unternehmens im Blick zu behalten - auch der Quereinstieg in eine andere Abteilung ist nicht ausgeschlossen. Das Vorgehen bei hausinternen Bewerbungen ist ähnlich wie bei der externen Jobsuche. In der Regel verlangt die Personalabteilung nach einer schriftlichen Kurzbewerbung, anschließend kommt es zum Vorstellungsgespräch mit dem Personalchef und dem zuständigen Bereichsleiter. In mindestens 70 Prozent aller Neubesetzungen kann ein interner Bewerber das Rennen für sich entscheiden, schätzt Professor Michael Müller-Vorbrüggen.
"Das gilt fast quer durch alle Branchen bei einer Betriebsgröße von mehr als 100 Beschäftigten", sagt der Wissenschaftler. Nach seiner Beobachtung ist es in den vergangenen Jahren sogar leichter geworden, sich innerhalb des eigenen Unternehmens weiterzuentwickeln. "Seit 2000 haben viele große Firmen auf die wirtschaftliche Entwicklung mit Entlassungen und Einstellungsstopps reagiert", so Müller-Vorbrüggen. Da aber immer wieder Qualitätspositionen frei würden, schaue man sich zunehmend in den eigenen Reihen um - selbst, wenn ein Einstellungsstopp nicht für leitende Angestellte gelte.
Rechtliche Grundlagen
Selbst leitende Positionen würden häufig aus dem eigenen Personalstamm besetzt. Das habe einen ganz praktischen Hintergrund. "Selbst wenn es keinen Einstellungsstopp gibt, würde die Motivation der leistungsbereiten Mitarbeiter erheblich leiden, wenn höhere Positionen immer extern besetzt würden", gibt der Wissenschaftler, der auch Unternehmen in Fragen der Personalentwicklung berät, zu bedenken. Eine Auffassung, die nach seiner Beobachtung zunehmend berücksichtigt wird.
Gleichzeitig tragen die Firmen damit auch den rechtlichen Rahmenbedingungen Rechnung. Denn die Entwicklung des eigenen Personals zu fördern, ist sogar gesetzlich geboten. "Der Arbeitgeber hat nach dem Betriebsverfassungsgesetz die Verpflichtung, für die Entwicklung seiner Arbeitnehmer Sorge zu tragen", so der Professor, "das bedeutet, dass neue Stellen immer auch intern ausgeschrieben werden müssen. Hält sich der Arbeitgeber nicht daran, kann er ziemliche Probleme mit dem Betriebsrat bekommen und muss, wenn er eine externe Besetzung vorzieht, das auch gut begründen können." Der nächste Karrieresprung innerhalb der Firma ist also grundsätzlich leichter geworden - man muss nur die richtige Chance abpassen und im rechten Augenblick "zur Stelle" sein.
*Name von der Redaktion geändert