Lernziel Lebensfreude: Glück als Schulfach
Schlimmer als Schule ist nur noch der Zahnarztbesuch … Das behauptet eine Umfrage unter Schülern.
Schulleiter Ernst Fritz-Schubert wollte das so nicht stehen lassen, sondern etwas tun. Er hat zusammen mit
einem Expertenteam das Schulfach Glück erfunden, das nun seit einem Jahr an der Willy-Hellpach-Schule in
Heidelberg auf dem Lehrplan steht.
Das ist wohl einzigartig in Deutschlands Stundenplänen: ein Schulfach
»Glück«. Für viele Schüler steht Glück sicher nicht an erster
Stelle, wenn sie an die Schule denken. Das wollte Fritz-Schubert unbedingt
ändern. In seinem Buch beschreibt er das noch junge Fach
von der Idee bis zur Unterrichtspraxis und den Ergebnissen nach
dem ersten Unterrichtsjahr. »Wir müssen unsere Jugendlichen in
dem Sinne für das Leben vorbereiten, in dem wir ihnen Chancen
einräumen, sich aktiv und sinnvoll zu betätigen«, so Fritz-Schubert.
Er will mit dem Glücksfach Lebenskompetenz, Lebensfreude und
Persönlichkeitsentwicklung fördern und diese auch im Schulalltag
realisieren.
Aber was ist Glück überhaupt? Erlebt nicht jeder Glück anderes?
Und kann man Glück lernen und lehren? Das Interesse der Heidelberger
Schüler ist jedenfalls groß. In der »Glücksstunde« lernen
sie über Themen wie »Selbstbild und Idealbild« oder »Seelisches
Wohlbefi nden«. Auch körperliches Wohlbefi nden und soziale Kompetenzen
sollen vermittelt werden. Lehrer, ein Diplompädagoge, ein
Schauspieler und eine Entspannungstherapeutin entwickeln und
halten die glücklichen Unterrichtsstunden. Auch wenn man »glücklich
sein« nicht erlernen kann wie Rechnen und Lesen, so kann man
doch die Fähigkeit entwickeln und stärken, Glück zu empfinden.
Der Unterricht fußt auf dem
Prinzip der Selbsterfahrung
und ist mit erlebnisorientierten
Projekten gestaltet. Durch Rollenspiele,
Konzentrations- und
Wahrnehmungsübungen, Sport
oder Musik sollen die Schüler
Selbstvertrauen bekommen, Ver -
antwortung übernehmen und
sich in kollektivem Verhalten
üben. Sie sprechen über Lebensziele,
spüren ihre Stärken und
Schwächen, erkennen Emotionen
als echte Ressourcen und erhalten
Anerkennung. »Durch den Kurs
bin ich insgesamt aufmerksamer
geworden. Ich fühle mich wacher
und lebe intensiver, weil ich mehr
refl ektiere«, so eine Schülerin
über das besondere Schulfach.
Übrigens, in England gibt es diese Idee schon länger, in einem College
westlich von London wird schon seit mehreren Jahren die Kunst
des »Well being« gelehrt.
VON ANNETTE BUTENDEICH
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