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Nicole B. ist ein typischer Fall: Sie hat zügig studiert, den Bachelor in Sozialwissenschaften mit "Sehr gut" abgeschlossen und sollte eigentlich gute Chancen auf eine Stelle haben. Doch für sie, wie für viele andere Geistes- und Sozialwissenschaftler, führte der Weg nach dem Studium nicht direkt in eine Festanstellung, sondern in ein Praktikum.
Auch ein bezahltes Praktikum kann "teuer" werden
Doch schnell stehen Absolventen - besonders wenn sie für ein Praktikum den Wohnort wechseln müssen - vor einem finanziellen Problem. Oft reichen Praktikantengehälter nicht aus, um ein Zimmer oder eine Wohnung und die weiteren Lebenshaltungskosten zu bezahlen. Mit dem Nebenjob wird es bei einer 40-Stunden-Woche schwierig, und wenn man nicht mehr als Student eingeschrieben ist, fallen viele Vergünstigungen weg. Deshalb ist es wichtig, sich schon vorher Gedanken darüber zu machen und gegebenenfalls finanzielle Rücklagen zu schaffen.
Am besten ist natürlich eine angemessene Vergütung für ein Praktikum. Viele Unternehmen zahlen freiwillig Beträge um 800 Euro monatlich. Damit lässt sich zumindest der Lebensstandard erhalten, den man auch als Student hat. Allerdings suchen Unternehmen mit ansehnlicher Praktikumsvergütung oft gerade keine Absolventen oder haben sich – wie die mittlerweile über 1000 Unternehmen in der Initiative "Fair Company" – sogar verpflichtet, Absolventen nicht als Praktikanten zu beschäftigen. Wer also in einem solchen Unternehmen ein Praktikum absolvieren möchte, muss auf jeden Fall noch eingeschrieben sein.
Alternative: Befristete Beschäftigung statt Praktikum
"Für Absolventen ist es einen Versuch wert, dem Wunschunternehmen statt eines Praktikums eine befristete Beschäftigung vorzuschlagen", berichtet Dr. Renate Steinbach vom Hochschulteam der Arbeitsagentur Karlsruhe von ihren Erfahrungen. Mit einem entsprechenden Gehalt sind damit die drängendsten Geldsorgen vom Tisch. Auch ihr Kollege Wilfried Kohlmeier von der Arbeitsagentur Mainz rät Berufseinsteigern, Alternativen zum Praktikum zu suchen. Konzentriere man sich zu sehr auf die Finanzierung des Praktikums, verliere man andere Möglichkeiten aus dem Blick wie beispielsweise den Berufseinstieg über Zeitarbeit.
Wer sich dennoch für ein Praktikum entscheidet, kann bei einer mageren oder gar fehlenden Bezahlung noch auf andere Weise finanziell über die Runden kommen. "Immer wieder ziehen Praktikanten zurück zu den Eltern, die dann teilweise für den Lebensunterhalt aufkommen", sagt Lutz Pöhlmann, Praktikumsbeauftragter der Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Mannheim. "Zumindest zwei oder drei Monate können manche Absolventen auch aus ihren Rücklagen überbrücken", so Pöhlmann weiter.
Staatliche Hilfen? Ja, aber nicht für jeden
Und was ist mit staatlichen Hilfen? Für Absolventen endet natürlich der Anspruch auf Bafög, dafür kommen dann vor allem Hartz IV (juristisch korrekt: Arbeitslosengeld II) und Wohngeld ins Spiel. Das Wohngeld ist ein Zuschuss für Mieter oder Eigentümer mit niedrigem Einkommen. Das heißt, man muss für einen Wohngeldanspruch auch über Einkommen verfügen. Wer allein mit Wohngeld seine Bedürftigkeit beheben kann, bekommt dann natürlich kein Hartz IV mehr. Ein Wohngeldanspruch kommt daher umso eher in Frage, wenn die Praktikumsvergütung zumindest für den allgemeinen Lebensunterhalt reicht. Wer jedoch als Praktikant so wenig oder gar nichts verdient, dass er auch mit Wohngeld noch bedürftig wäre, bekommt nur Hartz IV und kein Wohngeld. Da in Hartz IV auch der Wohnbedarf eingerechnet wird, ist das kein Nachteil – das Wohngeld ist sozusagen in der Hartz IV-Leistung mit enthalten.
Das Zusammenspiel von Hartz IV und Wohngeld ist also recht kompliziert. Welche Sozialleistung vorgeht und in welcher Höhe sie gezahlt wird, hängt von zahlreichen Faktoren ab, so der Zahl und dem Alter der Personen im Haushalt und dem Gesamteinkommen dieser Personen, der Region, in der man lebt und so weiter. Das lässt sich im Einzelfall nur über eine persönliche Beratung bei den Trägern (Arbeitsagentur, Kommune, Arbeitsgemeinschaften) und entsprechende Leistungsanträge klären.
Hartz IV und Wohngeld
Doch auch für schlecht oder gar nicht bezahlte Praktikanten gibt es nicht in jedem Fall Hartz IV. Das Hauptziel von Hartz IV ist nämlich, dass die Betroffenen möglichst schnell eine Arbeit finden und von ihrem Einkommen leben können. Je genauer der Praktikant seinem Fallmanager mitteilen kann, was er im Praktikum macht und welchen Nutzen das für den Berufseinstieg bringt, umso weniger Probleme gibt es.
Wer jedoch ein Jahr nach dem Abschluss sein viertes Praktikum beginnen möchte, sollte sich auf Widerstand gefasst machen. Hier sind Umschulungen, Weiterbildungen und andere Möglichkeiten sicherlich besser – von akademischen Dauerpraktikanten mit Hartz IV-Finanzierung hat niemand etwas, auch der Absolvent selbst nicht. Ein kurzes Praktikum bis drei Monate wird leichter akzeptiert, bei einem längeren Praktikum wird schnell vermutet, dass der Praktikant vor allem als billige Arbeitskraft ausgenutzt wird. Da die Fallmanager die "schwarzen Schafe" vor Ort meist kennen, schützt das den Absolventen auch vor Ausbeutung.
Krankenversicherung nicht vergessen
Ein besonders wichtiger finanzieller Aspekt beim Thema "Praktikum" ist schließlich die Krankenversicherung, denn nach dem Studium sind die günstigen Studententarife passé. Zumindest in der rechtlichen Grauzone ist der Tipp, einfach weiter immatrikuliert zu bleiben oder sich bei einer Fernuniversität einzuschreiben, um sich den Status "Student" und die damit verbundenen Vergünstigungen zu sichern. Das Thema erledigt sich von selbst, wenn man Hartz IV bezieht oder durch eine Praktikumsvergütung, Zeitarbeit oder einen befristeten Arbeitsvertrag Einkommen über 400 Euro erzielt, weil man dann krankenversicherungspflichtig ist. In allen anderen Fällen muss man als Praktikant in den sauren Apfel beißen und sich regulär freiwillig versichern.