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Keine Floskeln im Bewerbungsgespräch

Schlagfertigkeit beim Bewerbungsgespräch - geht das? Unbedingt, meinen Rhetorikexperten: Wer keine Phrasen verwendet, sondern interessant formuliert, der macht sich interessant.

Der Bewerber sitzt dem Personalchef gegenüber. Der blättert in den Unterlagen und stellt schließlich die entscheidende Frage: "Warum sollen wir von den 20 Bewerbern gerade Sie einstellen?" Auch Anja Bretschneider kam an der Frage nicht vorbei. Die 31 Jahre alte Leipzigerin, die sich bei einer Werbeagentur beworben hatte, antwortete aus dem Bauch heraus: "Weil ich weiß, wie man überzeugend wirbt. Bei den anderen 19 bin ich mir da nicht so sicher." Noch heute weiß die Werbetexterin nicht, ob jener Satz den Ausschlag für ihre Anstellung gab. "Ich fand mich da sogar ein wenig frech, aber der Geschäftsführer lachte - und schon war die Situation entspannter."

Sich authentisch verkaufen

Silvia Schneider, Personalreferentin eines Berliner mittelständischen Unternehmens, kennt solche Situationen zu Genüge: "Mit solchen Fragen teste ich, ob der Bewerber authentisch ist, denn nichts ist langweiliger als eine auswendig gelernte und hochtrabend klingende Standardantwort." Wer es hingegen schafft, die Personalerin zu überraschen, hat beste Karten.

Für Bewerber hingegen ist das durchaus ein Dilemma: Einerseits muss ein Gespräch gründlich vorbereitet sein, andererseits sollen die Antworten eben nicht vorformuliert, sondern kreativ und geistreich wirken. "Doch das muss kein Gegensatz sein", sagt Rene Borbonus. Der Inhaber des Kommunikationsinstituts Communico ist als Rhetorik-Trainer Experte für vorbereitete Spontaneität und kennt deren Tücken: "Von Winston Churchill ist überliefert, dass ihn nichts so viel Vorbereitung gekostet hat wie seine Stegreifreden", betont Borbonus und zieht Parallelen zu Bewerbungssituationen. "Eine gute Vorbereitung, in der man kritische Situationen im Kopf durchspielt, ist das A und O."

Vorbereitung ist ein Muss

Auch Schlagfertigkeits-Trainer Matthias Pöhm rät, sich auf Bewerbungsgespräche optimal vorzubereiten. "Sie müssen auf die Fragen präpariert sein - auch wenn am Ende von 50 vorbereiteten Fragen nur drei gestellt werden. Aber das sorgt für eine Sicherheit, die auf das ganze Gespräch abfärbt", so Pöhm.

Anders als Pöhm aber hat Rene Borbonus Schwierigkeiten mit dem Begriff "Schlagfertigkeit": "Da steckt schon das Wort ,schlagen’ drin, was auf den Versuch anspielt, den Gesprächspartner zu übertrumpfen oder zu überfahren." Doch das sei in Bewerbungsgesprächen tabu, betont der Westerwälder. Auf keinen Fall dürfe ein Bewerber den Personaler mit einem flapsigen Kommentar angreifen, ihn beleidigen oder gar dessen Kompetenz in Frage stellen.

In brenzligen Situationen: Rückfragen hilft

Auf der sicheren Seite ist hingegen, wer in brenzligen Situationen auf den Trick des Rückfragens zurückgreift. Borbonus: "Wenn ein Personaler etwa sagt 'ich glaube nicht, dass Sie die richtige Person für diese Position sind' und der Bewerber fragt zurück 'worauf beziehen Sie sich denn?', muss der Personalchef die Kritikpunkte benennen - und man kann auf jeden einzelnen eingehen."

Meist zielen kritische Nachfragen eines Personalers auf die "wunden Punkte" einer Biografie ab. Gerade darauf könne man sich optimal vorbereiten, sagt Borbonus. Schließlich kenne man die entsprechenden Stellen im Lebenslauf selbst am besten. Hier biete es sich an, rhetorische Bilder zu zeichnen. "Wer beispielsweise 17 Semester studiert hat, kann auf die kritische Nachfrage das Bild entwickeln, dass auch Wein manchmal Jahre benötigt, um zu reifen - oder dass die Pyramiden gerade deshalb heute noch stehen, weil man sich für ihren Bau Zeit gelassen habe."

Bewerber muss seine Schwächen kennen

Auch wenn erfahrene Personaler wie Silvia Schneider wissen, dass der Bewerber mit derlei sprachlichen Bildern vom eigentlichen Problem ablenken will, gibt man sich in ihrem Unternehmen mit derlei Antworten zufrieden. Denn sie zeigten letztlich, dass sich der Bewerber darüber im Klaren ist, wo seine Probleme liegen, erläutert die Personalchefin: "Ich will ja mit der kritischen Nachfrage zur Studiendauer nur testen, ob der junge Mensch generell Schwierigkeiten damit hat, eine Aufgabe zu Ende zu bringen. Wenn er der Kritik aber sogar mit einem Bild begegnen kann, spricht das für ein großes Maß an Reflexionsvermögen."

VON Hagen Kunze MONSTER.DE

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