Job & Karriere

Das Diplom ist die halbe Miete, heißt es. Zusammen mit monster.de haben wir für dich die wichtigsten Infos zusammengestellt, die du für die zweite Hälfte brauchst.

Babylonische Berufsbezeichnungen

Englische Jobtitel haben sich durchgesetzt. Aber Bewerber müssen nicht alles nachplappern – Hauptsache, sie machen deutlich, welche Stelle sie im Auge haben.

"Hallo, hier Sidney Carden, I call from Australia. Geben Sie mir doch mal den Heavy Overdose Administrator in Ihrer Firma!"

"Wen bitte? Bitte noch mal ein bisschen langsamer!"

"Den Chief of Permanent Lightning and Strike Detonator!"

"Wer soll denn das sein?"

"Haben Sie keinen Head over Heals Income Communications Assistant?"

"Ich weiß nicht, was das sein soll, Entschuldigung! Können Sie das mal auf Deutsch sagen?"

Steffen Lukas alias Sidney Carden, Moderator bei Radio PSR Leipzig, konnte nicht. Denn das war die Pointe seines Spaßanrufs bei einer großen Werbeagentur: In der schönen, neuen Arbeitswelt ist man mit seinem Latein schnell am Ende – mit Deutsch sowieso

Wortungetüme der Globalisierung

"Gerade international agierende Unternehmen achten auf eine einheitliche, länderübergreifend funktionierende Nomenklatur, schließlich ist das Arbeitsumfeld der Mitarbeiter häufig nicht mehr auf Deutschland begrenzt", erläutert Werner Brandl, Geschäftsführer der Münchener Namensagentur Brandl. "So wie heute Autos nicht mehr Namen wie Taunus oder Käfer, sondern eben Mondeo oder Beetle tragen, werden auch Berufszeichnungen angepasst." Dabei kommen manche Wortungetüme heraus.

Den Chief of Permanent Lightning and Strike Detonator, den der Rundfunkmoderator suchte, gibt es zwar nicht, dafür aber den Junior Program Manager qPCR & NAP Systems (BS–1) oder den Innovation Acceleration Team Marketing Stream Leader. Beides sind aktuell ausgeschriebene Marketingjobs, der eine in der Pharma-, der andere in der Lebensmittelindustrie.

Keine brachiale Verdeutschung

Warum einfach, wenn’s auch kompliziert geht? Brandl vermutet, dass in englischen Berufsbezeichnungen der Wunsch anklingt, mit den Großen des internationalen Wirtschaftstheaters auf einer Bühne zu stehen. Eine "brachiale Verdeutschung" lehnt er jedoch ab, wenn das Unternehmen tatsächlich in dieser Liga spielt. Das meint auch Manfred Gotta, Inhaber der Markenberatung Gotta Brands im badischen Forbach. International geläufige Begriffe krampfhaft übersetzen zu wollen, wirke "nur lächerlich".

Wissenschaftler fürchten, dass mit dem deutschen Idiom auch ein Stück kultureller Identität verloren geht. Musik- und Unterhaltungsindustrie, Medien, Werbung und Umgangsprache würden schon genug zur Spracherosion beitragen – da bräuchte die Wirtschaft nicht noch eins draufzusetzen. Holger Klatte vom Verein Deutsche Sprache, der seit 1997 den "Sprachpanscher des Jahres" kürt, hält die meisten englischen Begriffe in Stellenanzeigen deutscher Zeitungen für "vollkommen überflüssig". "Als Bewerber wäre ich vorsichtig, wenn man sich unter einem Call-Service-Agent oder einem Front-Office-Manager mehr vorstellt als einen Telefonisten und eine Empfangskraft", sagt er.

"Gut Deutsch" ist beliebt

Doch die meisten Jobsucher haben ein feines Gespür dafür, was es mit den Berufsbezeichnungen auf sich hat. Eine Umfrage des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) unter 2400 Jugendlichen ergab, dass nur 18 Prozent der weiblichen und neun Prozent der männlichen Befragten den "Sales Manager" attraktiver fanden als den "Verkaufsleiter". In die gleiche Richtung weist eine wirtschaftswissenschaftliche Diplomarbeit der Fachhochschule Osnabrück: Angestellte eines Energiekonzerns sollten entscheiden, ob sie lieber mit jemandem zusammenarbeiten, der Anglizismen wie "Commitment" oder "Change-Prozesse" verwendet, oder mit jemandem, der sich "gut Deutsch" ausdrückt. Die Wahl fiel auf letzteren.

Gegen Sprachpanscherei anzugehen, ist das eine, einen Job zu kriegen, das andere. Wer den "Sales Manager" aus der Anzeige kurzerhand in "Verkaufsleiter" umtauft, läuft Gefahr, von der Personalabteilung falsch einsortiert zu werden – sofern er nicht gar als Besserwisser dasteht. Ein Kompromiss ist, im Betreff und im ersten Satz des Anschreibens den vom Unternehmen verwendeten Begriff zu wiederholen, "dann aber den Jargon zurückzufahren", rät Stefan Eberhard, Gesellschafter der kaufmännischen Privatschule Eberhard in Trier.

Einen Gang zurückschalten

"Man kann sich durchaus auf eine ausgeschriebene Stelle als Human Ressource Manager bewerben, aber dann zum Beispiel auf 'Erfahrungen im Bereich des Personalwesens' verweisen. Damit holt man die Luft aus dem Ballon!"

Eberhard beobachtet seit einigen Monaten, dass Unternehmen in Stellenanzeigen weniger englische Berufsbezeichnungen und Anglizismen verwenden. Er sieht einen Zusammenhang mit der Finanz- und Wirtschaftskrise: Das Versagen der hoch bezahlten "Finance Directors", "Financial Analysts" und "Risk Managers" habe das Ansehen der ganzen Zunft beschädigt: "Jetzt nämlich vermitteln die englischen Berufsbezeichnungen eher negative Emotionen wie Scheitern, Finanzkrise, Profitsüchtigkeit, deshalb werden sie neuerdings gemieden."

VON Christoph Stehr MONSTER.DE

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