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Für die einen sind sie weder Fisch noch Fleisch. Andere schätzen sie gerade deshalb, weil sie nicht nur einer Spezies angehören. "Gerade die Verbindung aus zwei Disziplinen macht den besonderen Reiz an Bindestrich-Akademikern aus", sagt Dr. Norbert Meyer, Leiter des europaweiten Rekruting von Hochschulabsolventen bei der BASF in Ludwigshafen. Das Chemie-Unternehmen mit weltweit über 95.000 Mitarbeitern ist an Absolventen mehrerer interdisziplinärer Studiengänge interessiert.
Spezialisten und Querdenker
Wirtschafts-Ingenieure, Wirschafts-Informatiker, Wirtschafts-Chemiker und Wirtschafts-Mathematiker. An dieser Ausbildung schätzt Meyer "die Kombination von naturwissenschaftlichem oder technischem Fachwissen und betriebswirtschaftlichen Kenntnissen." Der Idealfall: "Sie sprechen zwei Sprachen und können zwischen zwei Fachwelten vermitteln", sagt Meyer.
Zur größte Berufsgruppe gehören die Wirtschaftsingenieure. Professor Dr. Christian Schuchardt, Präsident vom Verband Deutscher Wirtschaftsingenieure in Berlin, beschreibt deren Bedeutung für die Wirtschaft so: "Wirtschaftsingenieure stehen für innovatives, interdisziplinäres Denken und fachübergreifende, integrierte Lösungen. Als Vor- und Querdenker sind sie auch immer Initiatoren des Wandels und der Innovationen und damit Wachstumsmotoren in Unternehmen."
An den Schnittstellen der Unternehmen
Dr. Ulrich Frank bezeichnet die Berufsaussichten für Wirtschaftsinformatiker als "hervorragend". Der Professor am Institut für Informatik und Wirtschaftsinformatik der Universität Duisburg-Essen vertritt als Sprecher des Fachbereichs Wirtschaftsinformatik in der Gesellschaft für Informatik die Interessen dieser Fachrichtung. Der Vorteil der interdisziplinären Ausbildung sei zugleich die Herausforderung, in unterschiedlichen Fachrichtungen fit zu sein.
"Im Laufe der Jahre hat sich die Wirtschaftsinformatik zu einer eigenständigen Fachrichtung entwickelt, die zielgerichtet auf interdisziplinäre Jobs zwischen Betriebswirtschaftslehre und Informatik vorbereitet", so Frank. Damit hat das Vorurteil ausgedient, Bindestrich-Akademiker seien weder in der einen, noch in der anderen Disziplin zu Hause. Ob nun Wirtschaftsmathematiker bei Banken und Versicherungen oder Wirtschaftschemiker bei BASF – jede dieser Studiengänge hat seine Daseinsberechtigung.
Wachsendes Interesse
"Gerade an der Schnittstelle zwischen technischen und wirtschaftlichen Aufgabenfeldern ist die Doppelqualifikation gefragt“, so Meyer. Die BASF bietet zum Beispiel Wirtschaftschemikern ein breites Aufgabenspektrum im technischen Marketing, Einkauf, Vertrieb, Controlling, Human Resources sowie in der strategischen Planung. Weil die interdisziplinären Studiengänge noch jung sind, ist der Anteil an Bindestrich-Akademikern nicht nur bei der BASF vergleichsweise gering. Allerdings stellt Meyer in den vergangenen Jahren ein wachsendes Interesse an Hochschulabsolventen mit Doppelqualifikation fest.
Die Bundesagentur für Arbeit verzeichnete im Jahr 2005 eine Zunahme der Stellenangebote für Wirtschaftsinformatiker von 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Diese Disziplin steht exemplarisch für den Bedarf an interdisziplinär ausgebildeten Hochschülern. Als der Studiengang 1988 eingeführt wurde, waren nicht einmal 100 Studenten immatrikuliert. 20 Jahre später waren es fast 30.000. Tendenz weiter steigend. Die Wirtschaftschemie ist eine deutlich kleinere Gruppe. Aber auch sie wird in eigenständigen Studiengängen etwa an der Universität Ulm angeboten.
Welche Studienkombinationen sind möglich?
Eine andere Möglichkeit, sich doppeltes Wissen anzueignen, ist ein Master-Abschluss in Wirtschaftswissenschaften nach dem Ingenieurstudium. Das ist in Vollzeit und berufsbegleitend möglich. Die Zentralstelle für Fernstudien an Fachhochschulen (ZFH) bietet Master-Fernstudienprogramme unterschiedlicher Vertiefungsrichtung an: Unternehmensführung, Logistik, Management und Consulting, MBA and Engineering (ehemals Wirtschaftsingenieurwesen) und seit dem Wintersemester 2008/2008 Vertrieb und Marketing-Management.
In den beiden zuletzt genannten Studiengängen wird der Abschluss eines Erststudiums einschließlich zweijähriger Berufspraxis vorausgesetzt. Die Ausbildung dauert jeweils vier Semester und kostet 8860 Euro für den MBA and Engineering. Dieser Fernstudiengang wird von der Fachhochschule Gießen – Friedberg angeboten. Für den MBA Vertriebsingenieur und Marketing-Management ist die Fachhochschule Kaiserslautern, Standort Zweibrücken, zuständig. Gelernt wird im Selbststudium mit praxisorientierten Lehrbriefen. Meistens samstags finden die Präsenzveranstaltungen statt. "Wir erkennen eine kontinuierlich hohe Nachfrage nach berufsbegleitenden Studienangeboten der Fachrichtungen Wirtschaftsingenieure und –Informatiker sowie zunehmend auch bei Wirtschaftsjuristen. Wirtschaftsmathematiker werden bei uns weniger nachgefragt", sagt Dr. Margot Klinkner, die stellvertretende ZFH-Geschäftsführerin.
Doppeltes Gehalt? Leider nicht
Doppelte Qualifikation – doppeltes Gehalt, das gibt es leider nicht. "Grundsätzlich legen wir das Entgelt markt-, funktions- und leistungsorientiert fest", so Meyer. Die interdisziplinäre Ausbildung ist zudem kein Karrierefreibrief. Der BASF-Mann weiter: "Die individuelle Weiterentwicklung im Unternehmen orientiert sich an fachlicher sowie persönlicher Kompetenz und Leistung, nicht an Hochschulabschlüssen und –arten." Damit ist Chancengleichheit wieder hergestellt.