Harte Debatten im Bundesrat: Noch immer pochen CDU und SPD darauf, die Liste der sicheren Herkunftsstaaten (SHS) um die sogenannten Maghreb-Staaten Algerien, Tunesien und Marokko zu erweitern. Eine solche Entscheidung würde Asylsuchenden aus diesen Ländern die Antragsstellung in Deutschland extrem erschweren. Politisches Asyl wird nur denjenigen gewährt, die in ihrem Heimatland tatsächlich politisch verfolgt werden – was, so die Ansicht der Koalition, für die Maghreb-Staaten nicht zutrifft. Partiell gelte sogar Afghanistan als sicherer Herkunftsstaat, obwohl das Land vor dem Ausbruch des Krieges in Syrien die meisten Flüchtlinge für Deutschland hervorgebracht hatte.
Sichere Herkunftsstaaten trotz unsicherer Verhältnisse?
Die Lage in den betroffenen Ländern ist selten so „sicher“, wie sie im Bundesrat gerne gezeichnet wird. Weder in Afghanistan, das in Teilen bereits seit Monaten als inoffizielles SHS gehandelt wird, obwohl die Hauptstadt Kabul erst Anfang des Monats wieder das Opfer mehrerer Terroranschläge wurde, noch in Tunesien, Algerien oder Marokko. In letzterem dürften vor allem Lesben und Schwule als verfolgte Minderheit gelten, da hier Homosexualität bei Strafe verboten ist. Und über Algerien wisse man schlicht und ergreifend zu wenig, um eine Aussage treffen zu können, so die Afrika-Expertin Isabelle Werenfels von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Schon seit zehn Jahren sei es Menschenrechtsorganisationen nicht mehr möglich, in Algerien einzureisen, um die Lage zu prüfen.
Dennoch bleibt der Kurs der Koalition hart: Wo keine unmittelbare politische Verfolgung droht, dort sei es „sicher“. 2014 und 2015 hatten CDU und SPD mit Unterstützung der Grünen bereits die sechs Balkanstaaten Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Serbien, Montenegro, Albanien und Kosovo zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt. Nun sollen Tunesien, Algerien und Marokko folgen. Diesmal jedoch ohne die Hilfe der Grünen, die in der Diskussion eine Symboldebatte sehen. Die Maghreb-Staaten stünden nur deshalb auf der Liste der potentiell sicheren Herkunftsstaaten, weil die Bundesregierung nach der Silvesternacht 2015 Handlungsbereitschaft demonstrieren wolle, so Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt.
Was eine Erweiterung der Liste für Asylsuchende bedeuten würde
Für Asylsuchende aus den drei diskutierten Ländern hätte es weitreichende Folgen, nun plötzlich aus einem offiziell sicheren Herkunftsstaat zu stammen: Da diese Gebiete als sicher gelten, besteht für deutsche Behörden keine Veranlassung, von Verfolgung auszugehen. Solche Asylanträge werden dann innerhalb von wenigen Wochen im Schnellverfahren entschieden und enden in der Regel mit einer Ablehnung. Die Antragsstellenden dürfen in dieser Zeit weder auf Jobsuche gehen, noch die ihnen zugewiesenen Unterkünfte verlassen – und haben selten ausreichend Zeit, sich über ihre Rechte aufzuklären, was eine Abschiebung zusätzlich vereinfacht.