Hass und Wut auf der einen, Melancholie auf der anderen Seite. „Heimat“ bezeichnet oft einen Ort, jedoch auch soziale, kulturelle oder zeitliche Kontexte können gemeint sein. In jedem Fall steht etwas die Psyche dauerhaft prägendes dahinter.
Seinen Ursprung findet der Begriff im indogermanischen Wort „kei“ = „liegen“. Lange wird er ausschließlich in geografischem Kontext verwendet. Ab dem 19. Jahrhundert kommt er zunehmend bei der Landbevölkerung auf. „Stählern“ wird damit verbunden – ein scharfer Kontrast zur seichten Zivilisiertheit der Städter. 1890 wird die deutschsprachige Region von einer starken Heimatbewegung erfasst. Wörter wie Heimatkunst, Heimatroman oder Heimatkunde entstehen. Nun steht die Verwurzelung und Bindung an Ort und Ideologie im Vordergrund.
Nach der als Erniedrigung empfundenen Niederlage im ersten Weltkrieg spielt der Begriff am Scheidepunkt zum Nationalsozialismus eine starke ideologische Rolle. Seitdem haftet ihm der fade Beigeschmack der Nazizeit an. Erst in den 1970er Jahren versuchen Deutsche Intellektuelle eine Rehabilitation. Tatsächlich haben sie Erfolg, wie Studien des Instituts für Demoskopie Allensbach belegen. Allmählich wandelt sich der Begriff zu einem Synonym für „Zuhause“.
Dennoch zeigen aktuelle Ereignisse wie die heftige Debatte um Thilo Sarrazins Buch „Deutschland schafft sich ab“ deutlich die stark emotionale Komponente. Durch die Behauptung der geringen ökonomischen Produktivität von Arabern und Türken stellt Sarrazin implizit die Frage nach dem Bleiberecht – einem Recht, das jeder Mensch in seiner Heimat besitzt, jedoch in der Fremde nur begrenzt.
Die Bedeutung von „Heimat“ kann nicht ohne weiteres gefasst werden. Häufiger Richtungswandel in der Interpretation und politische Ausbeutung führten zu einer Überlast der negativen Konnotation. Gleichzeitig wird an diesem Begriff und seinem heutigen Verständnis jedoch auch die Moderne erkennbar. Eine Moderne mit offener Diskussion und zertrümmerten Doktrinen.