VON CHARLOTTE MEYER | 30.04.2015 14:21

Ufa – nicht nur eine Filmproduktionsfirma: Über meine Lehrerassistenz in Russland

Es gibt viele Wege, einen Auslandsaufenthalt in sein Studium einzubauen. Ich habe meinen ersten Auslandsaufenthalt in den Semesterferien in der russischen Provinzstadt Ufa verbracht, den ich über meine ehemalige Russischlehrerin organisiert hatte. Ich habe während dieser Zeit Deutschschüler auf eine Deutschzertifikatsprüfung vorbereitet, die von der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen abgenommen wurde. Ich habe damals selbst gar nicht so recht verstanden, wo ich mich eigentlich befunden und was ich dort gemacht habe.


Unerwartete Möglichkeit

Für mich ist mein erster Auslandsaufenthalt jetzt schon fünf Jahre her. Ich bin eigentlich sehr kurzfristig darauf gekommen. Kurz vor Semesterende dachte ich mir, es wäre eigentlich ganz nett, in den Semesterferien einen längeren Aufenthalt in Russland einzuplanen. Russisch hatte ich bereits im Gymnasium gelernt und Slawistik als Nebenfach gewählt, da schien es mir obligatorisch, auch mal die Kultur, mit der ich mich so intensiv beschäftigte, von innen her kennenzulernen. Da ich zu dem Zeitpunkt gar keine Ahnung hatte, wo ich mit dem Plan Auslandsaufenthalt + Russland so kurzfristig anfangen sollte, schrieb ich meiner ehemaligen Russischlehrerin. Sie war während meiner Schulzeit nach Russland gegangen und ich vermutete, dass sie sich dort noch aufhielt und arbeitete. Ich schrieb ihr dann, um sie um Rat zu bitten. Ich wollte von ihr wissen, ob sie eine Idee hätte, wie ich meinen Plan in die Tat umsetzen könnte. Dass sie mir dann anbot, an eine Schule nach Ufa zu gehen, hatte ich nicht erwartet, doch fand ich es spannend und sagte zu, ohne dabei aber genau zu wissen, was mich erwartete.

Permafrost im Sommer

Plötzlich Lehrerin

Die Schule lag in einem der ärmeren Stadtteile der Stadt und hauptsächlich Arbeiterkinder kamen dort in den Unterricht. Ich hatte mir zunächst vorgestellt, mit den Schülerinnen und Schülern Konversation und mündlichen Sprachgebrauch zusätzlich zum üblichen Deutschunterricht zu üben. Dass ich dann in den regulären Unterricht eingebunden und mit der Prüfungsvorbereitung betraut wurde, war neu für mich und ich wusste überhaupt nicht wie ich das bewerkstelligen sollte. Nach einer gewissen Zeit konnte ich mich aber einarbeiten und den Unterricht gut gestalten. Für mich war es das allererste Mal, dass ich unterrichtet hatte und es war schon unbefriedigend zu sehen, wie sich die Begeisterung der Schüler mit der zunehmenden Trockenheit der Prüfungsvorbereitung schmälerte. Mir schlugen Missmut und Herumgemüffel entgegen; ich merkte, wie sich mein Exotenbonus als Deutsche in Nichts auflöste.

Unvoreingenommen erlebt man mehr

Wenn ich jetzt an diese Zeit in Ufa zurückdenke, muss ich mich schon über mich selbst wundern. Mit welcher Unvoreingenommenheit ich an die Dinge herangegangen bin und wie sehr ich auch das, was ich gesehen habe, idealisierte. Dass die Schule in einem der gefährlichsten Teile der Stadt lag ist mir überhaupt nicht klar gewesen und ich habe dort regelmäßig ausgiebige Spaziergänge unternommen. Für mich war es die allererste Erfahrung in Russland und das, was ich sah, war für mich stellvertretend für das Land, vollkommen wertfrei betrachtet. Erst als ich zwei Jahre später noch einmal nach Ufa gekommen bin, habe ich gemerkt wie profan und ordinär und zum Teil auch heruntergekommen der Ort eigentlich ist. Es war schon eine ziemlich intensive Erfahrung für die zweieinhalb Monate der Semesterferien.