VON CHARLOTTE MEYER | 20.07.2015 15:28

Studentische Rechtsberatung – Lernen und einen guten Zweck erfüllen

“Einen Bewerber, der zu schlecht ist, den kann es nach unserer Zielsetzung gar nicht geben”, meint Natalie Wolff von der studentischen Rechtsberatung „student-law“. Studentische Rechtsberatungen bringen für Jura-Studierende viele Vorteile mit sich: den Aufbau von Netzwerken, das Arbeiten im Team und nützliche Erfahrungen für das spätere Berufsleben. Aber vor allem für Rechtsschutzsuchende ist diese Art der Beratung eine kostenlose Unterstützung. In Deutschland haben sich seit 2010 vermehrt studentische Beratungen gegründet. UNI.DE berichtet warum.


Rechtsberatung – aber unprofessionell

Studentische Rechtsberatung wird meistens von Universitäten angeboten, um Studierenden die Möglichkeit zu bieten, ihr theoretisches Wissen an echten Fällen auszuprobieren. Die Studierenden in diesen Rechtsberatungen sind dementsprechend keine fertig ausgebildeten Juristen, sondern sammeln durch die Beratung Praxiserfahrung für das Berufsleben. Dieses Angebot kann Teil der universitären Ausbildung sein und unterscheidet sich von professionellen Beratungsangeboten von Universitäten oder vom AStA, in denen Mitarbeiter mit Befähigung zum Richteramt für Studierende arbeiten. Die Studentische Rechtsberatung hingegen ist eine Möglichkeit insbesondere für bedürftige Menschen, kostenlose Rechtsberatung zu bekommen und für Studierende gleichzeitig eine Chance, soziale Kompetenzen zu erproben.

Armut - Alltag in Deutschland

Ursprung in den USA

Die Ursprünge der studentischen Beratung kommen aus den USA, wo diese Form des Rechtsbeistands eine lange Tradition hat. Sogenannte „Legal Clinics“ spielen eine wichtige Rolle im amerikanischen Rechtsschutzsystem und beschreiben nicht nur Einrichtungen an Universitäten, sondern werden auch von sozialen Organisationen oder Kanzleien angeboten. In den USA haben diese „Legal Clinics“ auf universitärer Ebene noch einmal eine andere Bedeutung als in Deutschland, da der Praxisbezug in der juristischen Ausbildung hier beispielsweise nicht durch ein Referendariat gegeben ist. Studierende können sich so besser auf die juristische Arbeitspraxis vorbereiten. Durch eine Spende der Ford-Foundation in den 1960er Jahren konnten in den USA viele solcher „Legal Clinics“ eingerichtet werden und mittlerweile bieten die meisten amerikanischen Law Schools unentgeltliche Rechtsberatung an.

Seit 2010 viele studentische Beratungen in Deutschland

In Deutschland ist diese Form der Rechtsberatung lange nicht möglich gewesen. Das Rechtsberatungsgesetz sah bis 2008 keine individuelle Beratung durch Studierende vor und ließ nur gutachterliche Tätigkeiten zu. Mittlerweile ist dieses Gesetz liberalisiert worden und lässt Beratung und Tätigkeiten außer Gericht wie etwa Mahnschreiben oder Telefonate zu. Für Studierende weiterhin unzulässig sind darüber hinaus die Vertretung vor Gericht sowie die Beratung in Steuerangelegenheiten. Seit 2010 haben sich in diesem Zusammenhang bundesweit entsprechende Legal Clinics an Universitäten gebildet. Seit 2013 etwa gibt es die gemeinnützige UG „student-law“, die sich an der Universität Heidelberg gegründet hat und mittlerweile auch online Hilfe anbietet. Die Gießener Refugee Law Clinic wurde bereits 2007 gegründet und hat sich auf Asyl- und Ausländerrecht spezialisiert. So gibt es fast in jeder Universitätsstadt studentische Rechtsberatungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten: Die Humboldt-Universität in Berlin etwa bietet Rechtsberatung im Bereich der Grund- und Menschenrechte an, die Universität Hamburg berät Privatpersonen, Stiftungen und kleine Unternehmen im Bereich Social Media und Internetrecht und die Universität Tübingen betreibt seit Ende 2011 eine überregionale, studentische Rechtsberatung mit Standorten unter anderem in Berlin, Heidelberg und Frankfurt an. Diese Angebote allerdings stehen in Konkurrenz mit den Dienstleistungen von professionellen Anwaltskanzleien und diese befürchten nun Probleme bei der Akquise von neuen Mandanten. Zudem wird der tatsächliche Nutzen solcher Angebote in Frage gestellt, weil es durch das Referendariat ohnehin eine praktische Ausbildung im Fach Jura gibt und in Deutschland seitens des Staates Hilfe für Bürgerinnen und Bürger mit geringem Einkommen vorgesehen ist. Bei „student-law“ ist man sich jedoch einig, dass man keine flächendeckende, kostenlose Rechtsberatung einführen möchte. „Wir wollen das Rechtsbewusstsein und das Rechtsgefühl von Menschen stärken“, so Mitbegründerin Wolff und ein zentraler Baustein von „student-law“ sei der Ausbildungsgedanke. Dass man damit in Konkurrenz zu Kanzleien tritt ist dann wohl eher ein Nebeneffekt der Arbeit.