VON NORA GRAF | 30.09.2015 13:25

„Spaß mit Flaggen“? - Über Fahnen, Flaggen und Farben

So heißt eine Episode der amerikanischen Serie „The Big-Bang-Theory“. Sheldon Cooper präsentiert dort in einem Video-Podcast seinen Zuschauern alle möglichen Flaggen. Auch wenn man bei diesem Thema nicht zwangsläufig an Spaß denkt, so gibt es doch ein paar Details, die erwähnenswert erscheinen, gerade was die Farbgebung betrifft.






Flaggen versus Fahnen

Gleich vorweg: Flaggen sind nicht gleich zu setzen mit Fahnen, auch wenn sie alltagssprachlich meist synonym gebraucht werden. Flaggen sind, rechtlich gesehen, ein Stück Tuch, das in großen Mengen und verschieden Größen hergestellt wird. Ursprünglich dienten sie dazu, dass sich zwei Parteien schon aus größerer Entfernung erkennen konnten. Heute repräsentieren sie in der Regel die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft. Rechtlich gesehen kann man eine Flagge ohne Weiteres ersetzen, sollte sie einmal abgenutzt sein. Man verwendet sie beispielsweise in der Diplomatie, im Sport oder beim Militär, an Flaggenmasten, auf Trikots oder an Uniformen.

Eine Fahne ist stets ein Unikat, das für einen bestimmten Zweck hergestellt wurde und das identitätstragend für eine Gemeinschaft ist, so wie zum Beispiel die aufwendig bestickte Fahne eines Trachtenvereins, die etwa bei Umzügen mitgetragen wird. Dieses Einzelstück kann also nicht einfach ausgetauscht werden. Eine Fahne ist in der Regel auch fest an einem Stock oder Mast befestigt. In der Schweiz jedoch gibt es das Wort Flagge nicht, und somit heißt ihre Flagge Schweizerfahne.

Grenzerfahrungen

Geschichte

Die Ursprünge von Flaggen bzw. Fahnen gehen mehr als 5000 Jahre zurück. Vor den heutigen Flaggen oder Fahnen gab es die so genannten Vexilloloide, eine Standartenform, die auch heute noch in manchen Teilen der Erde vorkommt. Erste Zeugnisse lassen sich auf 5500 Jahre alten ägyptischen Tonwaren finden. Die älteste erhaltene Standarte ist ein aus dem Iran stammendes 5000 Jahre altes „Tuch“ aus Metall. Denn damals war Stoff nicht sehr gängig, es wurde viel häufiger Leder, Holz, Metall und andere Werkstoffe verwendet. Wohl erstmals in China wurde Seide als Fahnenstoff verwendet. Darauf gehen wahrscheinlich auch die Veränderung zurück, die heute bei Fahnen immer noch wichtig sind: Zum einen, dass die Fahnen seitlich befestigt werden und zum anderen, dass nicht nur das Tuch, sondern auch die Fahnenstange von Bedeutung ist. Das Bilderverbot im Islam trug dann maßgeblich zur abstrakten Symbolik bei. Letztlich brachten die Kreuzzüge die Fahnen in die westliche Welt. Andere Quellen sehen die Wikinger als Ursprung für den Flaggengebrauch: In den Beowulf-Aufzeichnungen zum Beispiel wird von Kriegsbannern gesprochen.

Die heraldischen Farbregeln

Inhaltlich dient die Flagge überdies als Fläche, um ein Wappen oder nur die Hauptfarben desselben oder beides weithin sichtbar zu machen. Die Flagge hat daher eine gewisse Nähe zu heraldischen Inhalten. In der Heraldik (Wappenkunde) sind nur maximal sieben Farbtinkturen zulässig: Fünf Farben Rot, Blau, Grün, Schwarz und Purpur sowie zwei Metalle Gold und Silber, für die oft auch Gelb und Weiß verwendet wurden. Andere Farben oder Helligkeitsstufen, wie etwa orange oder auch hellblau, sind unzulässig. Ebenso galten zwei Regeln: Ein Wappen sollte nicht mehr als zwei Farben beinhalten und es darf immer nur Farbe an Metall stoßen, nicht aber Farbe an Farbe oder Metall an Metall. Durch den Kontrast war das Wappen schon aus weiter Entfernung erkennbar.

Doch neben der gestalterischen Funktion der Farben, können sie auch eine tiefere Bedeutung haben. So etwa bei der Flagge von Großkolumbien, die von 1813 und 1830 bestand. Die Farben Gelb, Blau und Rot gehen auf die Unabhängigkeitsbewegung von 1806 zurück. Eine Flagge mit diesen Farben hisste damals als erster Francisco de Miranda. Gelb steht dabei für die neue Welt, Blau für den Atlantik und Rot für den spanischen Terror. Noch heute haben die Staaten Kolumbien, Ecuador und Venezuela diese Farben in ihrer Flagge. Die Farbe Grün gilt als die Lieblingsfarbe Mohammeds, daher findet man sie in vielen Flaggen islamisch geprägter Staaten.

Die heraldischen Farbregeln gelten also auch in der Vexilollogie, der Fahnen- und Flaggenlehre. So gesehen stellt die Deutsche Flagge mit Schwarz-Rot-Gold einen Verstoß dar, da Farbe auf Farbe folgt. Wäre Gold in der Mitte, dann wäre es heraldisch richtig, so wie bei der belgischen Flagge. Doch auch viele andere Nationalflaggen entsprechen nicht den Vorgaben, so zum Beispiel die Portugals oder der Vatikanstadt, wobei bei letzterer bewusst gegen die Regeln verstoßen wurde, um den Sonderstatus des Vatikans auch visuell zu verdeutlichen.