VON NORA GRAF | 08.04.2015 14:27

Die Remakery. Von altem Zeug und neuen Menschen

Kaputte Kacheln, alte Holzbretter, Gerüststangen oder auch Bodenbeläge für Turnhallen: All diese Sachen werden in Brixton, im Süden von London, benutzt, um aus ihnen wieder etwas neues herzustellen. Die Remakery heisst das Zentrum, in dem die unterschiedlichsten Materialien, die sonst auf der Müllhalde landen, wieder verwertet werden. All diese kleinen Werkstätten und ihre Projekte basieren auf ehrenamtlicher Arbeit, wodurch vor allem sozial Benachteiligte wieder sozialisiert und in die Gemeinschaft eingegliedert werden sollen.


Wo früher eine Tiefgarage war, soll bald viel Platz für die Reparatur und Wiederverwertung von alten Dingen zur Verfügung stehen. Auf etwa 1000 Quadratmetern sollen sich die kleinen Werkstätten der Remakery erstrecken. Was sich im Moment noch im Aufbau befindet, soll im Laufe dieses Jahres fertig gestellt werden. Die kleinen Studios sollen dann für Kunstschaffende, Hersteller, Anwohner oder Gewerbetreibende zur Verfügung stehen, um dort Neues aus Altem herzustellen – und das zu erschwinglichen Preisen. Etwa 11,2 Milliarden Tonnen Feststoffabfall werden pro Jahr auf der ganzen Welt entsorgt. 200 Millionen Tonnen dieses Abfalls, neben den oben erwähnten auch Möbel, Fahrräder, Computer oder Stoffe, will die Remakery pro Jahr verarbeiten. Die Remakery ist das erste Projekt in Großbritannien, das gegründet wurde, um eine Vielzahl dieser wertvollen Materialien wieder zu verwerten und dadurch die Ressourcen unserer Umwelt zu schonen.

Praktische Lösungen für Flüchtlinge

Angefangen hat das ganze Projekt im Jahr 2011, ursprünglich unter dem Namen Brixton Reuse Centre. Im Sommer 2012 erhielt das Zentrum dann die Baugenehmigung und konnte mit dem Umbau des ursprünglichen Geländes beginnen. Die wohltätige Umweltorganisation Architecture for Humanity war von Anfang an dabei, um bei der Planung und Entwicklung der Arbeitsbereiche mit zu helfen. Unterstützung erhielt das Projekt auch von öffentlicher Seite: Das Lambeth Council spendete 100.000 Pfund, aber auch das Tudor Trust oder das City Bridge Trust gewährte großzügige Spenden.

Doch die Remakery ist nicht nur ein nachhaltiges Recyclingprojekt, sondern auch ein soziales. Sie beschäftigt sich nicht nur mit vernachlässigten Dingen, sondern auch mit vernachlässigten Menschen. In Brixton gibt es viele Arbeitslose und sozial Benachteiligte. Die Menschen, die zum Teil am Rande der Gesellschaft leben, sollen durch die Freiwilligenarbeit die Möglichkeit erhalten, wieder an einer Gemeinschaft teil zu haben, zu der sie den Anschluss verloren haben. In den Werkstätten und den speziellen Angeboten kann jeder ehrenamtlich mitmachen, auch im hauseigenen Gemüsegarten. Das Ziel der Remakery ist es, nicht nur Sachen zu reparieren, sondern in gewisser Hinsicht auch das Leben von Menschen, indem diese dabei Fähigkeiten erlernen, von denen einige vielleicht gar nicht wussten, dass sie sie besitzen.

Teilhaber der Remakery Brixton Limited kann übrigens jeder werden. Ein Pfund genügt, um Anteile der gemeinschaftlich organisierten Initiative zu erwerben. Vielleicht findet diese Idee ja auch nach Deutschland. Denn als Spitzenreiter beim Recycling wäre doch schon einmal genug wiederverwertbares Material vorhanden.