VON ANGELA SCHWEIZER | 04.05.2015 13:52

Von einer, die niemals aufhörte anzufangen: Monika Hauser und ihr Einsatz für kriegstraumatisierte Frauen

Es war anfangs vor allem die Wut im Bauch, die sie angetrieben habe, so die Ärztin und Aktivistin Dr. Monika Hauser. Alle Welt hätte im Jugoslawienkrieg entsetzt auf die Massenvergewaltigungen geschaut, aber niemand etwas unternommen. Daher fuhr sie kurzentschlossen selbst ins Krisengebiet. Seit Anfang der 90er Jahre kämpft Monika Hauser nun schon mit ihrer Frauenrechtsorganisation medica mondiale für kriegstraumatisierte Frauen und leistet psychologische und medizinische Hilfe auf der ganzen Welt.


Es gibt Dinge, die mir Frauen in Bosnien erzählt haben, die ich ganz tief in mir vergraben habe, über die ich mit niemandem reden kann. Das geht soweit, dass ich denke, das kann ich nicht einmal einer Therapeutin antun, ihr das zu erzählen. Die sind in mir vergraben, die stecken fest, irgendwo da drinnen.“ Schon früh wurde Monika Hauser mit dem Thema sexueller Gewalt gegen Frauen konfrontiert. Geboren in Südtirol, wächst sie in der Schweiz in der Obhut ihrer Großmutter auf, da ihre Eltern beide berufstätig sind. Ihre Großmutter vertraut sich ihr schon früh an und erzählt ihr von der Gewalt gegen Frauen in der Südtiroler Heimat, von Vergewaltigung und Ausbeutung, oft durch die Ehemänner.

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„Wir hatten das Gefühl großer Kraft“

Das Bedürfnis, anderen Menschen zu helfen und für Menschenrechte zu kämpfen, bestimmt fortan ihre berufliche Laufbahn. Sie studiert Medizin in Österreich und Italien und wird Fachärztin für Gynäkologie, zunächst in einem Südtiroler Regionalkrankenhaus. Sie reibt sich jedoch an Autoritäten und eingefahrenen Strukturen und setzt sich schon zu ihrer Ausbildungszeit stark für ihre Patientinnen ein, so bot sie beispielsweise nach Feierabend in einer Selbsthilfegruppe zusätzliche Unterstützung an. Als Monika Hauser im Jahre 1992 von den Massenvergewaltigungen an bosnischen Frauen im Jugoslawienkrieg hört, zögert sie nicht lange. Ohne finanzielle Mittel fährt sie nach Zenica in Zentralbosnien und gründet dort mit einheimischen Frauen das Frauentherapiezentrum Zenica. Während internationale Hilfsorganisationen noch zögern, die Lage als zu unübersichtlich und die Informationen als zu wenig konkret einschätzen, bleibt sie in Zenica, wo die Flüchtlingsströme aus allen Landesteilen ankommen. „Wir wussten, dass wir es schaffen würden, wir hatten das Gefühl großer Kraft“, so Monika Hauser in einem Interview. „Mich hat das Nichtstun des Westens wütend gemacht.“

Mit Spendenfonds und Fördergeldern etabliert sie ein Zentrum für kriegstraumatisierte Frauen, das juristische, medizinische und psychologische Hilfe leistet. Sie greift das Tabuthema Vergewaltigung als Kriegsmittel auf und dokumentiert zahlreiche Fälle. Diese Dokumente werden später auch in Den Haag als Beweismittel verwendet.

Die Ablehnung des Bundesverdienstkreuzes

Nach ihrer Rückkehr aus Bosnien ist Monika Hauser als politische Botschafterin aktiv und erhält zahlreiche Preise, unter anderem den Right Livelihood Award im Jahre 2008. Die Ambivalenz der Auszeichnungen machen ihr zu schaffen. Monika Hauser empfindet dies oft als Alibi, um sich nicht weiter mit dem eigentlichen Thema auseinanderzusetzen oder selbst aktiv zu werden. Trotzdem sieht sie die zahlreichen Auszeichnungen vor allem als Anerkennung der Leistung der bosnischen Frauen, „denn normalerweise wird Frauenarbeit doch nur als Caritas gesehen“. Als ihr im Oktober 1996 das Bundesverdienstkreuz verliehen werden soll, lehnt sie dies jedoch ab. Monika Hauser protestiert damit gegen den Beschluss der deutschen Bundesregierung, bosnische Kriegsflüchtlinge in ein instabiles und immer noch desaströses Bosnien-Herzegowina zurückzuführen. Der letzte Satz in ihrem Brief an den damaligen Bundespräsidenten: „Die moralische Kraft der Bundesrepublik Deutschland muss sich unter anderem daran messen lassen, wieweit sie sich in ihrer Politik für Überlebende eines Genozides einsetzt.“

Auch heute noch unterstützt sie mit ihrer Organisation medicamondiale.org Kriegsopfer in Ländern wie Syrien oder Libyen und versucht so „die Öffentlichkeit über die Ursachen und Hintergründe sexualisierter Gewalt gegen Frauen aufklären und auf die Rechte der Frauen aufmerksam machen“