VON LISI WASMER | 21.06.2013 15:57

Lehramt – Beruf mit Zukunft?

Jährlich entscheiden sich tausende junge Menschen für ein Lehramtsstudium, sei es aus Überzeugung oder aus der weit verbreiteten Ratlosigkeit hinsichtlich der weniger bekannten Alternativen. Denn wer keine Lust auf Medizin, BWL oder Jura und dennoch nicht die Muße hat, kryptische Studiengangsbeschreibungen für Fächer wie etwa Byzantinistik zu durchstöbern, der landet nicht selten beim Lehramt. Immerhin hat man als Lehrer gute Aufsichten auf einen Arbeitsplatz, folgt man der Redensart „Lehrer braucht man immer“. Was dabei aber nicht außer Acht gelassen werden darf: Genauso wie die Schülerzahlen schwanken auch die Neuanstellungen für Lehrer fast schon im 3-Jahres-Rhythmus. Bleibt die Frage: Wie stehen die Chancen wirklich, nach dem Studium einen Beruf zu finden? Stimmt das Märchen vom allgemeinen Lehrermangel? Wo werden Lehrer gebraucht – und vor allem: welche?

Was sind die Fakten? Fakt ist, dass Deutschland heute wie nie zuvor die Folgen der demographischen Entwicklung zu spüren bekommt, wie sie sich in den vergangenen Jahren vollzogen hat. Allgemein werden weniger Kinder geboren, die Lebenserwartung steigt aufgrund sich verbessender medizinischer Versorgung – die Bundesrepublik altert. 2030 werden zwei Drittel der Deutschen über 60 Jahre alt sein. Das bringt Probleme mit sich, mit denen auch die Schulpolitik zu kämpfen hat. Ein anschauliches Beispiel liefert etwa die Reaktion des Landes Sachsen auf den gravierenden Geburtenrückgang nach der Wende. Es gab zu viele Lehrer für zu wenige Kinder. Anstatt dem Lehrerüberschuss durch Entlassungen entgegenzuwirken, wurden kaum neue Lehrer eingestellt. So weit, so gut. Das Problem: Auch Lehrer werden älter. Durch den mangelnden Nachschub an jungen Lehrkräften führen Pensionierungswellen zu einem massiven Lehrermangel. Auf einmal gibt es zu viele Schüler für zu wenige Lehrer.

Efterskole: Fortschrittliches Schulmodell aus Tradition

Zukunftsträchtig, aber nur bedingt

Demnach sollte das Lehramtsstudium eigentlich gute Aussichten auf einen Arbeitsplatz nach dem Studienabschluss bieten. Aber auch diese Annahme trifft nur bedingt zu. Zum einen sind die Chancen auf eine Einstellung abhängig davon, wo man arbeiten möchte. Denn die Anzahl freier Stellen in den einzelnen Bundesländern variiert stark. Allgemein gibt es im Westen weniger Stellen als im Osten, im Norden mehr als im Süden. Das liegt nicht zuletzt an den unterschiedlich hohen Gehältern, die seit 2006 auf Landesebene festgelegt werden. Zum anderen betrifft der Lehrermangel nicht alle Lehramtsformen gleichermaßen. So gibt es beispielsweise wesentlich mehr Gymnasiallehrer als solche für Grund- oder Mittelschulen. Auch hier ist davon auszugehen, dass Verdienstunterschiede ausschlaggebend für die Unterschiede verantwortlich sind.

Stadt und Land: Zwei alte Konkurrenten

Wie so oft, wenn es um Fachkräftemangel geht, gilt auch für die schulpolitische Situation in Deutschland: Die Verteilung von Arbeitskräften in der Stadt und auf dem Land unterscheiden sich erheblich. Das hängt zum einen mit der allgemeinen Tendenz zur Verstädterung zusammen; hinzu kommt außerdem, dass die Landbevölkerung tendenziell älter ist und somit weniger Nachwuchslehrer vorhanden sind. Und auch wenn Lehrer aus der Stadt an Schulen auf dem Land kommen, ist noch lange nicht gesagt, dass sie auch dort bleiben, wie ein Bericht der „Berliner Zeitung“ illustriert: Der Berliner Lehrer Uwe Prigann unterrichtete seit 1999 an einer Berufsschule in Brandenburg, bis ihm eine Stelle an einem Berliner Gymnasium angeboten wurde. Er wechselte im laufenden Schuljahr. Während Steffen Reiche, der Brandenburgische Bildungsminister moniert, Berlin stehle dem Land die Lehrer, beteuert Prigann, seine Anstellung in Brandenburg sei für ihn nur eine Art Provisorium gewesen. Er habe stets in Berlin unterrichten wollen, dort aber keine Stelle gefunden.

Lieber gar nicht, als aus Verlegenheit

So oder so: Es sind viele Faktoren, die bei einem Lehramtsstudium darüber entscheiden, was die Zukunft mit sich bringt. Daraus macht auch die Politik keinen Hehl. Im Fazit einer prognosengestützten Informationsbroschüre des Bayerischen Kultusministeriums für Abiturienten heißt es nicht umsonst, die Entscheidung für ein Lehramtsstudium müsse sorgfältig überlegt werden.