VON MAXIMILIAN REICHLIN
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27.02.2015 17:30
Zum Austausch erzogen – Interkulturelle Bildung in Deutschland
Deutschland ist wie kaum eine andere Nation multikulturell geprägt: Als Exportweltmeister hat die deutsche Wirtschaft ständig mit dem Ausland zu tun, kaum ein anderes Land sieht sich in jedem neuen Jahr mit einem derart großen Zulauf an Flüchtlingen und Asylsuchenden konfrontiert. Eben deshalb ist die Interkulturelle Bildung in Deutschland so wichtig. In Schulen und Universitäten, aber auch auf Fort- und Weiterbildungen sollen Menschen hierzulande auf die Anforderungen einer globalisierten und multikulturellen Gesellschaft vorbereitet werden. Dennoch gibt es noch sehr viel zu tun, bis dieses Ziel restlos realisiert worden ist.
Deutschland, so betonen Fachleute immer wieder, ist eine Exportnation und eine Einwanderungsgesellschaft. Waren im Wert von über 100 Milliarden Euro sind alleine im Oktober 2014 aus Deutschland exportiert worden. Im Jahr 2015 werden bis zu 200.000 Flüchtlinge in der Bundesrepublik erwartet. Kurzum: Kaum ein anderes Land der Welt ist so sehr auf die Verständigung mit dem Ausland und mit fremden Kulturen angewiesen, wie Deutschland.
Ab ins Ausland! Und wer zahlt?
Wer einen Auslandsaufenthalt nicht finanzieren kann, sei es ein Praktikum oder ein Studienaufenthalt, muss auf ein Auslandssemester nicht verzichten
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Interkulturelle Kompetenz schon im Kindergarten
Das ist einer der Gründe, warum die
Interkulturelle Bildung in Deutschland immer mehr an Relevanz gewinnt. Der produktive Austausch zwischen den aufeinanderprallenden Kulturen muss, so
forderte der Deutsche Kulturrat bereits 2007, in der Mitte der Gesellschaft ankommen. Als Teil einer allgemeinen Bildung soll er in einem hohen Maße gelernt und gelehrt werden. Interkulturelle Erziehung ist daher auch ein wichtiger Punkt in der Bildungsdebatte. Nicht nur kulturelle Einrichtungen bieten deswegen in einem immer höheren Maße Programme und Projekte zur Verständigung zwischen den Kulturen an,
auch in Kindergärten, Schulen und Universitäten kommt das Konzept langsam an.
Als „Interkulturelle Pädagogik im Elementarbereich“ sollen bereits in der Vorschule Werte wie Akzeptanz und Respekt gelehrt werden, immer mehr deutsche Hochschulen bieten Kurse, Seminare und Projekte an, um die Interkulturelle Bildung zu fördern. An der Hochschule für Philosophie in München etwa wird ab dem kommenden Wintersemester zum ersten Mal der
Weiterbildungsmaster „Interkulturelle Bildung“ als Studiengang angeboten. Ziel eines solchen Bildungsprogramms ist es, Kinder, Jugendliche und Studierende auf ein Leben in einer multikulturellen Gesellschaft vorzubereiten.
Auch Erwachsene und Lehrkräfte müssen sich fortbilden
Ein solches Konzept versteht sich also nicht ausschließlich, so die Bundeszentrale für Politische Bildung, als Instrument der Integration von Personen ausländischer Herkunft sondern
hebt auch einen wirtschaftlichen Aspekt hervor: In einer globalisierten Welt, gerade in einer Exportnation wie Deutschland, brauchen Unternehmen Fachkräfte, die in besonderer Weise für den Austausch zwischen Ländern und Kulturen geschult sind. Das verstehen auch die Unternehmen: Immer häufiger werden in Deutschland mittlerweile
Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten rund um die Interkulturelle Bildung angeboten.
Dabei ist das Konzept nicht frei von Kritik. Fachleute bemängeln etwa, dass trotz des integrativen Grundgedankens der Interkulturellen Bildung gerade an Schulen noch immer ausgegrenzt und diskriminiert wird – zum Beispiel durch die Beschränkung auf Deutsch als alleinige Schulsprache. Bildungsforscherinnen und Forscher fordern deswegen schon seit einigen Jahren eine
bessere sprachliche Ausbildung der Lehrkräfte.