VON SINEM S. | 25.01.2013 15:57

GEMA - Zeit für eine Reform?

Die wohl legendärste Chilloutsendung des öffentlich-rechtlichen Fernsehen im Nachtprogramm des Bayerischen Rundfunks wurde trotz großer Beliebtheit am 07. Januar 2013 eingestellt. Grund für das Aus der „Space Night“-Sendung waren die neuen GEMA-Tarife, die in den letzten Monaten immer wieder für Aufregung unter Kunstschaffenden und den Konsumenten gesorgt hatte. Der Tarif für Fernsehsendungen mit Musikbegleitung wurde umgestellt - anstatt einer bisherigen Pauschale wird nun nach dem tatsächlichen Musikanteil der Sendung berechnet. Doch nicht nur das Fernsehen hat Mehrkosten infolge der neuen GEMA-Tarife zu befürchten, auch YouTube und Co. liefern sich derzeit unerbittliche Kämpfe, wenn es um die Verwertung der Musikrechte geht.


Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs-und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) ist ein deutscher Verein, der stellvertretend für seine Mitglieder Gebühren für die Nutzung von Musik erhebt und das eingenommene Geld an die Urheber - Komponisten, Textdichter - und an die Musikverleger, verteilt. Gegen einen Jahresbeitrag kann sich jeder Musikschaffende bei der GEMA anmelden. Im April 2012 gab die Gema eine grundlegende Tarifreform bekannt, von der vor allem Discotheken und Clubs betroffen sind. Seitdem sind die Gemüter ziemlich erhitzt, teilweise ist die Rede von Preissteigerungen ab April 2013 von bis zu 1300 Prozent. Kleinere Clubs bangen um ihre Existenz, die ganz großen müssen wohl in Zukunft noch mehr Eintrittsgeld verlangen, um die Erhöhungen kompensieren zu können. Grundsätzlich lassen sich zwei Arten von Musik unterscheiden: die lizenzierte, auf die die GEMA Gebühren erheben darf, und die lizenzfreie, die nicht der Verwertung durch die GEMA untersteht. Hat sich ein Urheber bei der GEMA als Mitglied registrieren lassen, darf keines seiner Werke lizenzfrei abgespielt werden - mit ein großer Kritikpunkt an der GEMA, vor allem in Zeiten des Internets und der Free-Downloads, mit der sich Musiker eine größere Reichweite unter ihren Fans erhoffen. Dies ist aber den Mitgliedern nicht erlaubt, denn jeder kostenfreie Download würde einen Verlust für die GEMA bedeuten. Weitaus einfacher wäre da ein Modell, wo jeder Kunstschaffende selbst entscheiden könnte, welches Werk über die GEMA verwertet werden darf und welches den Nutzern frei zur Verfügung steht.

Die neuen Tarife haben es in sich

Den alten GEMA-Tarif für Diskotheken gibt es schon seit 30 Jahren - Zeit für eine Reform, dachte sich die GEMA und beschloss, den M-U III 1c, „Tonträgerwiedergabe in Diskotheken“, durch den einheitlichen M-V, den "Vergütungssatz für Unterhaltungs- und Tanzmusik mit Tonträgerwiedergabe mit Veranstaltungscharakter" zu ersetzen.

Die GEMA gibt es, mit Vorläuferorganisationen, seit 1903. Sie ist eine der größten Musikverwertungsgesellschaften der Welt, die in Deutschland die Musikrechte von über 64 000 Mitgliedern und über zwei Millionen ausländischen Künstlern vertritt. Die Datenbank der GEMA verzeichnet heute 11,5 Millionen Werke und jedes Jahr kommen mittlerweile zwischen 800 000 bis 900 000 neue hinzu. Von den Geldern, die die GEMA eintreibt, werden 85% an die Mitglieder ausgeschüttet. Doch bekommen wirklich alle Mitglieder das, was ihnen zusteht?

Arm bleibt arm, reich wird reicher

Die Verteilung der GEMA-Gebühren ist mit ein weiterer Kritikpunkt, denn entscheidend ist, wer in der Hitliste der eingespielten Titel ganz oben steht. Die GEMA-Charts werden durch ein bestimmtes Monitoring-System erstellt. Dazu hängen deutschlandweit in 120 Discotheken, Boxen, die jede Nacht eine Stunde lang die Musik aufzeichnen. Diese Mitschnitte werden von der Firma Media Control für die Gema ausgewertet. Aber nicht die Computer sind es, die die Aufzeichnungen auswerten, sondern Menschen, die sie einfach abhören. So kann es sein, dass ein Clubbetreiber Gebühren für Musik bezahlt, die er gar nicht abspielt, weil diese einfach ganz oben in den Charts steht.

Die Musiker, deren Musik tatsächlich gespielt wurde, gehen leer aus.

„Leider ist dieses Musikvideo in Deutschland nicht verfügbar“

Auch der Internetgigant YouTube steht ganz oben auf GEMAs Liste, wenn es um das Abspielen lizenzierter Musik geht. Bisher musste YouTube nämlich gar nichts für Millionen von Musikvideos zahlen, die tagtäglich von seinen Usern angeklickt werden. GEMA verlangt eine Gebühr für jeden abgespielten Song, wenn man bedenkt, dass manche Hits millionenfach angeklickt werden, würde dies eine riesige Einnahmequelle für die GEMA bedeuten. Auch kleinere Künstler, die sich bereits auf YouTube eine Fangemeinde erarbeitet haben, könnten so endlich Geld mit ihren Musikvideos verdienen. Allerdings weigert sich YouTube, auf die Forderungen der GEMA einzugehen und bietet von sich aus eine Pauschale an, wie es bereits im Ausland erfolgreiche Praxis ist. Bislang haben sich die beiden Kontrahenten noch nicht einigen können. Wer auf YouTube also ein aktuelles Musikvideo abspielen möchte, findet – nichts. Denn der Filter verhindert, dass ein YouTube-User Musikvideos einstellen könnte, die Musikrechte verletzen können.

C3S-die Zukunft der Musikbranche?

Derzeit sollte sich die GEMA warm anziehen, denn es droht Konkurrenz. Die C3S ist eine gemeinschaftliche Initiative verschiedener KünstlerInnen, die eine neue europäische Verwertungsgesellschaft gründen möchten. Die C3S soll sich vor allem am neuen Online-Markt orientieren, die es Künstlern erlaubt, auch lizenzfreie Werke unter der Creative-Common Lizenz zur Verfügung zu stellen. Der Künstler darf also, anders als bei der GEMA, selbst entscheiden, welches seiner Werke über die Verwertungsgesellschaft lizenziert wird und welches nicht. Die Mitgliedsbeiträge sollen niedriger ausfallen und direkt von den erwirtschafteten Lizenzbeiträgen abgezogen werden, außerdem soll jedes Mitglied gleiches Stimmrecht haben. Ein gesichertes Sockeleinkommen soll den Mitgliedern eine 100% Lizenzgebühreneinnahme garantieren. Noch darf die C3S keine Musikrechte verwerten, denn das Deutsche Marken- und Patentamt prüft noch den Antrag der Organisation.

Der BR hat die Space Night übrigens nach kurzer Zeit wieder aufgenommen - nach zahlreichen Protesten von Seiten der Fans beschloss die Redaktion nun auch frei lizenzierte Musik als Weltraumuntermalung zu benutzen.