VON SINEM S. | 02.03.2012 16:02

Fukushima - ein Jahr später

Tsunami, radioaktive Strahlung, nukleare Katastrophe... Schlagworte, die die letzten Monate nicht aus den Medien wegzudenken waren. Die Welt geriet in Aufruhr, Angst machte sich breit. Niemand konnte bisher erahnen, wie eine nukleare Katastrophe, die sich weit weg von unser „sicheren“ Gesellschaft ereignete, das Denken und Empfinden der Menschen beeinflussen konnte. Doch wie sieht es jetzt, ein Jahr danach aus? UNI.DE zieht Bilanz.

Am 11.März 2011 ereignete sich das, was nach Tschernobyl nie wieder passieren sollte: Ein Tsunami tötete in Japan fast 19300 Menschen und beschädigte die Kühlsysteme des Atomkraftwerkes von Fukushima. Diese wurden so stark überhitzt, dass radioaktive Strahlung in die Umwelt eindrang und sämtliche Landstriche rund um die Präfektur Fukushima verstrahlte. Für die Bewohner der Provinz, die die Flutwelle knapp überlebten, begann die Katastrophe aber erst danach: Die Sorge, verstrahlt zu sein, oder seinen Heimatort für immer verlassen zu müssen, traf weitaus mehr Opfer. Mehr als 100.000 Menschen mussten evakuiert werden, die Aussicht für Jahre oder Jahrzehnte nicht zurückkehren zu können, als traurigen Begleiter im Gepäck. Seitdem hat sich einiges verändert: Obwohl sich schon seit Jahren (spätestens nach Tschernobyl) eingefleischte Aktivisten für die Abschaffung der Atomenergie einsetzen, drang die unmittelbare Gefahr, die sich mitten unter uns befindet, erst jetzt so richtig ins Bewusstsein der Menschen rund um den Globus. Sogar solche, die sich bisher nicht damit auseinandersetzten, demonstrieren nun für die Abschaltung der Kernkraftwerke.

Tschernobyl

Weltweit gab es unterschiedliche politische Reaktionen auf die Katastrophe, die meisten Staaten wollen jedoch die Sicherheit ihrer Kernkraftwerke überprüfen und geplante Neubauten erst einmal stoppen. Ganz anders hingegen Russland: Putin will an seinen ursprünglichen Plänen, 20 zusätzliche AKWs zu errichten, weiterhin festhalten.Der Anteil des Atomstroms soll von derzeit 16% auf 33% ansteigen, Russland möchte eine führende Macht in Sachen Atomenergie werden. Auch China plant seine bisherigen Kapazitäten an Atomenergie bis 2030 zu verachtfachen.

Wie sieht es heute aus?

Die Regierung bemüht sich auch heute, ein Jahr danach, um Schadensbegrenzung. Japans Ministerpräsident Yoshihiko Noda verspricht seinen Bürgern eine „Wiedergeburt“ rund um die Region des Atomkraftwerkes Fukushima Daiichi. Allerdings kann er hierfür keinerlei Zeitangaben machen, klar ist, dass die Demontage des beschädigten AKWs 40 Jahre dauern kann. Kein wirklicher Trost für die Einwohner der Region, die nun mit der Katastrophe alles verloren haben. Weitaus schlimmer trifft es aber diejenigen, die zu spät oder gar nicht evakuiert wurden, da die Regierung Japans erst sehr spät zugab, dass sich radioaktive Substanzen bereits in der Atmosphäre befinden könnten. Auch weitere Maßnahmen stießen weltweit auf Unverständnis: Die japanische Regierung setzte den Grenzwert der maximalen Strahlenbelastung für Schulkinder der Region auf 20 Millisievert pro Jahr herauf. Dies entspricht jedoch der Belastung, der zum Beispiel Atomkraftwerksmitarbeiter in Deutschland ausgesetzt sein dürfen. Die Proteste führten schließlich dazu, dass der Grenzwert wieder auf ein Millisievert pro Jahr herabgesetzt wurde. Die wirklichen Folgen werden sich wohl aber erst nach einiger Zeit herausstellen.