Die Frau im 20. Jahrhundert
Lange Zeit war die Frau dem Mann nachgeordnet: im Eheleben, sozial, gesellschaftlich, politisch; bis ihr nach dem Zweiten Weltkrieg die Aufgabe zufiel, die zerbombten Städte von Trümmern und Schutt zu befreien. Sie schleppten schwere Lasten, führten die Höfe ihrer gefallenen Männer – das Selbstbild der Frau veränderte sich, sie gewann an Selbstvertrauen, hatte Verantwortung, handelte eigenständig(er). Kurz darauf kamen erste konkrete frauenrechtliche Ansprüche: Der Frankfurter Frauenausschuss forderte 1946 nicht nur die Gleichberechtigung der Frau, sondern auch, dass ihnen erlaubt würde, in Verwaltungen zu arbeiten, das gleiche Recht auf Arbeit und den gleichen entsprechenden Lohn zu haben etc. Wunsch und Ziel waren generell ein Wertschätzen der von Frauen geleisteten Arbeit und einem entsprechenden Angleichen ihrer Rechte. Die Folge: Mit der BRD fand die Gleichberechtigung von Mann und Frau 1949 Einzug ins Grundgesetz.
Weitere Anpassungen folgten innerhalb der nächsten Jahrzehnte: Der Frau wurde ein Mitspracherecht im Eheleben eingeräumt (1957, siehe Gehorsamsparagraph), sie durfte erwerbstätig werden und dies auch ohne ihren Ehemann entscheiden (1958), ein eigenes Konto eröffnen und ihr Vermögen verwalten. Schwangere bekamen Kündigungsschutz, Mutterschaftsurlaub wurde eingeführt, Schwangerschaftsabbrüche wurden (1976, unter bestimmten Bedingungen) straffrei und, ein besonders wichtiger Schritt für die Selbstbestimmung der Frau, die Antibabypille kam 1961 auf den Markt. Dennoch blieb die Frau in der Realität zunächst lange in ihrer alleinigen Rolle als Frau und Mutter verhaftet – ohne Erwerbstätigkeit oder neue individuelle Entscheidungsmöglichkeiten. Vor allem gesellschaftlich änderte sich der Blick auf die Frau nur langsam.
90er bis heute: Auf die Familie fokussiert statt auf die Frau allein
Kurz nach dem Mauerfall in Berlin gab es weitere neue Gesetze und Programme, um der Frau als Mutter und Erwerbstätige zu helfen und um Familienalltag und Kindererziehung zu erleichtern. Der rechtliche Anspruch auf einen Kindergartenplatz, Elternzeit und Elterngeld, Neubau von Betreuungseinrichtungen für Kinder sollten dazu beitragen, dass sich die Frau aus ihrer alleinigen Aufgabe als Hausfrau und Mutter lösen und Familie und Arbeit gleichermaßen in ihr Leben integrieren kann.
Trotz dieser vielen Verbesserungen bestehen noch immer einige Ungerechtigkeiten im Geschlechterverhältnis: Frauen bekommen z. B. im Schnitt 22 Prozent weniger Lohn als Männer für dieselbe Arbeit, arbeiten den Kindern zuliebe häufiger in Teilzeitjobs als Männer, steigen so auch weniger in Chefetagen auf und leisten noch immer den Mammutanteil in der privaten Pflege von Familienangehörigen, im Haushalt und der Kinderbetreuung.
Female Shift, oder eher: Gender Shift
Laut dem Global Gender Gap Report ist die Kluft zwischen den Geschlechtern in zwei Punkten mittlerweile quasi geschlossen: in Gesundheitsfragen und medizinischer Versorgung einerseits und in Sachen Bildung andererseits. Hier ist der weibliche Teil der Bevölkerung sogar schon längst auf der Erfolgsspur. Fast 40 Prozent verlassen die Schule mit Abitur, immer mehr nehmen ein Studium auf. Die UNESCO sieht die Frauen heute als Bildungsgewinner: in Nordamerika, Westeuropa, aber auch bereits in Ostasien und Lateinamerika.