VON JASCHA SCHULZ | 30.09.2015 14:04

Farbstoffe in der Kleidung: Viele bunte Farben, viele Chemikalien

In bunt ist das Leben viel schöner. Aus diesem Grund tragen so viele Menschen farbige Kleidung. Doch nicht alles, was gut aussieht, ist auch gut für den Menschen. Viele Farbstoffe, die zur Färbung von Textilien verwendet werden, können gesundheitsschädliche Wirkungen haben. Auch andere Chemikalien, die der Kleidung ein makelloses Aussehen garantieren sollen, bergen ein Gesundheitsrisiko für den menschlichen Organismus.

Farbige Kleidung ist etwas Schönes – solange die Farbe auf der Kleidung bleibt. Löst sie sich und geht im schlimmsten Fall in den menschlichen Körper ein, dann kann dies unangenehme Folgen haben. Gesundheitsorganisationen warnen vor allem vor Azofarbstoffen. Diesen wird ein krebserregendes Potenzial zugesprochen. In Deutschland sind diese Azofarbstoffe verboten, allerdings wird vor allem in asiatischen Ländern weiterhin Baumwolle damit gefärbt. Circa drei Viertel der in Europa verkauften Ware wird in Billiglohnländern hergestellt, in denen diese Substanzen eingesetzt werden. Der Grund: Azofarbstoffe sind günstig, außerdem erzeugen sie kräftige und resistente Farben. Gerade in der Massen- und Wegwerfindustrie der Textilien sind derartige Eigenschaften gefragt, wenn man massentaugliche Ware kostengünstig produzieren möchte.

Fair, sozial und ökologisch

Auch sogenannte Dispersionsfarben gelten Gesundheitsorganisationen als bedenklich. Es wird angenommen, dass sie zu Allergien führen oder diese sogar verursachen können. Es besteht die Gefahr, dass sich Partikel der Dispersionsfarbe abspalten und in die Haut eindringen. Dabei können unangenehme Ekzeme entstehen. Insbesondere auf glatten, synthetischen Fasern (Polyester) lösen sich Farbstoffe schneller als auf raueren Fasern. Die Gefahr, dass sich Farbpartikel lösen, besteht immer dann, wenn diese bei der Färbung nachlässig eingearbeitet wurden. Auch dies ist in Billiglohnländern, in denen Angestellte zumeist unter enormem Zeitdruck und desaströsen Bedingungen arbeiten, häufig der Fall. Allerdings bekommen wenige Menschen tatsächlich aufgrund der Kleidung eine Allergie. Der Toxikologe Thomas Platzek berichtet, dass lediglich ein bis zwei Prozent aller Allergie-Patienten aufgrund von Textilien erkrankt sind.

Weitere Substanzen, die in Kleidungsstücken gefunden werden, gehen ebenfalls mit einer Gesundheitsgefährdung des Konsumenten einher. Auch hier sind es die optischen Anforderungen, die zu der Verwendung der fragwürdigen Substanzen führen. Häufig verwendet werden zum Beispiel Phthalate, die als Weichmacher fungieren und die Kleidungsstücke geschmeidig und knitterfrei machen. Allerdings können sie bei ihrem Träger zur Unfruchtbarkeit führen und den Hormonhaushalt durcheinanderbringen. Außerdem stehen sie in Verdacht, die Entstehung von Diabetes zu begünstigen.

Die Risiken des Stoffes Pentachlorphenol (PCP) gelten als besonders vielseitig. Der Stoff soll Chlorakne auslösen, Nerven schädigen und Krebs erregen. Er ist in Deutschland verboten, wird aber in vielen anderen Ländern eingesetzt, um Kleidung bei langen Reisen vor Schimmelbefall zu schützen. Greenpeace hat in einer kürzlich durchgeführten Untersuchung 82 Kleidungsstücke auf ihre gesundheitsschädlichen Wirkungen geprüft. Phtalate wurden dabei in vier Kleidungsstücken gefunden, krebserregende Amine, die bei der Verwendung von Azofarben entstehen, in zwei Artikeln.

Allerdings besteht eine gesundheitliche Gefahr nicht nur für die Konsumenten. Die Arbeitenden in den Textilfabriken sind häufig in hohem Maße den giftigen Chemikalien ausgesetzt. Die Färbung der Kleider mit den giftigen Substanzen und die spätere Aufarbeitung der Stoffe führt bei ihnen häufig zu Ekzemen an mehreren Körperstelle. Nicht selten muss auch die Umwelt unter den Produktionsbedingungen der Textilindustrie leiden. "Modemarken missbrauchen weltweit Flüsse als private Abwasserkanäle", beschwert sich Christiane Huxdorff, Chemie-Expertin bei Greenpeace. Für Fische sind die meisten Chemikalien, die zur Textilproduktion verwendet werden, noch weitaus gefährlicher als für Menschen.

Was kann getan werden, um gesundheitsschädigende Kleidung zu vermeiden?

Im Netz kursieren einige Tipps, wie man den gesundheitlichen Risiken bei seiner Kleiderwahl aus dem Weg gehen kann. Man sollte zum Beispiel auf Kleidung mit den Hinweisen: „Bitte vor dem ersten Tragen waschen“ oder „Bitte separat waschen“ verzichten. Diese Etiketten weisen darauf hin, dass Kleidungsstücke mit fragwürdigen Farbstoffen versetzt wurden, von denen die ‚lockeren‘ Partikel zunächst einmal rausgewaschen werden müssen. Trotzdem sollte jedes Kleidungsstück vor dem ersten Tragen gewaschen werden, um leicht lösbare Chemikalien zu entfernen. Auch die Hinweise „bügelfrei“ oder „knitterarm“ gelten als Indikator für das Vorhandensein chemischer Substanzen.

Des Weiteren empfehlen Gesundheitsorganisationen das Tragen von ökologischer Kleidung. Diese ist aufgrund der aufwendigeren Produktion zwar teurer als ‚normale Kleidung‘, dafür kommt sie ohne chemische Zusatzstoffe aus. Außerdem hält sie länger und sorgt auf diese Weise für einen nachhaltigeren Umgang mit Textilressourcen. Allerdings muss beim Kauf eines ökologisch hergestellten Kleidungsstücks darauf geachtet werden, ob ein entsprechendes Sigel die Qualität des Textilartikels garantiert.

Heißt es in Zukunft dann ökologischer Strickpulli, statt geschmeidigem, farbig-grellleuchtendem Sweater? Vielleicht. Die Frage ist, ob die weltweit führenden Modekonzerne ihr öffentlich kommuniziertes Vorhaben umsetzen und weitaus bessere Produktionsbedingungen einführen werden. Nach Aussagen der Verantwortlichen soll der Herstellungsprozess nachhaltiger werden und die Eindämmung von chemischen Stoffen reduziert werden. Erst wenn dieses Ziel tatsächlich erreicht wird, könnte man tatsächlich ökologisch und gesundheitlich unbedenklich handeln, wenn man Artikel dieser Konzerne kauft.