VON JASCHA SCHULZ | 05.01.2016 15:35

Ehrenamt während des Studiums – Was kann ich machen, was muss beachtet werden

Wer während des Studiums ehrenamtlich tätig werden möchte, hat zahlreiche Möglichkeiten. Von der Arbeit in einem gemeinnützigen Verein über die Mitgliedschaft in einem studentischen Gremium zur Patenschaft für ausländische Studierende: Überall kann man sich nützlich einsetzen. Das soziale Engagement wird auch von späteren Personalverantwortlichen gerne gesehen, da es soziale und organisatorische Fähigkeiten schult. UNI.DE stellt verschiedene Ehrenämter vor und zeigt auf, was bei der Wahl einer ehrenamtlichen Tätigkeit beachtet werden muss.


Ein Ehrenamt während des Studiums bietet zahlreiche Vorteile. Vor allem steht zunächst einmal das Bewusstsein, etwas Gutes zu tun. Sich für benachteiligte Menschen oder insgesamt für die Gesellschaft einzusetzen, kann verdammt gut tun. Zusätzlich bietet ein Ehrenamt Abwechslung vom Studium und verhindert, dass man zum Fachidioten wird. Ein Ehrenamt macht sich des Weiteren gut im Lebenslauf. Ehrenamtliche Tätigkeiten schulen sogenannte Soft Skills. Hierzu zählen unter anderem Teamkompetenzen, eigenverantwortliches Arbeiten und organisatorische Fähigkeiten. All diese Qualifikationen sind in der Arbeitswelt sehr gefragt und können durch die Arbeit in einem gemeinnützigen Verein, einer Nichtregierungsorganisation, einer Partei usw. erlernt werden. Des Weiteren fällt ein Ehrenamt im Lebenslauf einfach ins Auge. "Wenn jemand bei der Bergrettung oder in einem Verein mithilft, das bleibt hängen", sagt Michael Herz, Vorstand im Bundesverband Selbständiger Personalleiter. Ein Ehrenamt macht individuell. Es steht dem Bild des roboterhaft die auf dem Arbeitsmarkt benötigten Qualifikationen sammelnden Studenten entgegen. Aber ist dies wirklich so? Denn tatsächlich ist das Ehrenamt ja ein weiterer Punkt im Lebenslauf, der wie das Praktikum, der Auslandsaufenthalt, die guten Noten und der Werkstudentenjob die Personalverantwortlichen von der persönlichen Eignung überzeugen soll. Wird nicht die Grundidee des Ehrenamts auf diese Weise unterlaufen? Werden die künftig ehrenamtlich arbeitenden Studierenden nur noch auf die Kosmetik ihres Lebenslaufs aus sein? Der Grundtenor bezüglich dieser Frage lautet: nein. Wer ein Ehrenamt nur aus egoistischen Gründen und nicht wegen der Arbeit ausübt, wird nach Einschätzung vieler das Ehrenamt bald wieder hinwerfen. Denn dieses kostet Zeit und Engagement. Wer seiner Tätigkeit nicht mit Leidenschaft nachgeht, wird diese deshalb kaum durchhalten. Das erste Gebot bei der Suche nach einem Ehrenamt lautet deshalb: Engagiere dich in einem Bereich, für den du brennst. Das zweite Gebot lautet: Mache nicht zu viel. Wer sich in zu vielen Bereichen engagiert, dem geht schnell die Puste aus, so dass er keine Sache mehr mit voller Kraft ausüben kann. Wer sowieso einen vollgestopften Terminkalender hat, sollte sich also ein Ehrenamt suchen, das vielleicht nur ein, zwei Stunden Einsatzbereitschaft pro Woche erfordert.

Der Weggang vom klassischen Ehrenamt hin zum Engagement, das auch die persönliche Entwicklung fördert, kann auch Vorteile haben. Nach der Bologna Reform sind die Stundenpläne straffer, die Prüfungen zahlreicher geworden. Des Weiteren ist in der heutigen Leistungsgesellschaft der ständige Druck da, immer noch etwas mehr zu machen. Ein Auslandsaufenthalt, ein Sprachkurs oder ein Praktikum kosten Zeit. Die meisten Studierenden haben außerdem einen Nebenjob, um sich das Studium finanzieren zu können. Studierende haben deshalb häufig das Gefühl, dass sie sich Tätigkeiten nicht mehr leisten können, die nicht auf die persönliche Weiterbildung ausgerichtet sind. Viele würden gerne helfen, verspüren aber Angst, im allseitig spürbaren Konkurrenzkampf um den besseren Lebenslauf abgehängt zu werden. Ein Ehrenamt, das zum einen den sozialen Drang befriedigt, zum andern auch die persönliche Qualifikation erhöht, scheint dieses Problem zu lösen.

Viele Hochschulen haben dies mittlerweile erkannt und Ehrenamtsprojekte ins Leben gerufen. Engagement für die Gesellschaft wurde von den betreffenden Hochschulen in ihrem Bildungsauftrag verankert. An der Uni Augsburg etwa heißt das Programm „Bildung durch Verantwortung.“ In einigen Fällen besteht sogar die Möglichkeit, durch Teilnahme an einem gemeinnützigen Projekt Credit Points zu erwerben.

Die Idee, soziales Engagement unmittelbar in die universitäre Lehre einfließen zu lassen, kommt aus den U.S.A. und nennt sich Service Learning. Der theoretische Stoff kann hierbei im günstigsten Fall unmittelbar im Projekt praktisch umgesetzt werden. Zum Beispiel könnte ein Web-Designer den Internett-Auftritt einer sozialen Einrichtung erstellen. Oder Lehramtsstudierende helfen lernschwachen Kindern den schulischen Stoff aufzuarbeiten. IT-Studierende könnten Computerkurse für Seniorenstudenten anbieten. Auf diese Weise werden Studierende zum Ehrenamt angespornt, haben aber gleichzeitig nicht das schlechte Gewissen, durch dieses die eigene Entwicklung zu vernachlässigen.

Was kann ich machen?

Nun bleibt die Frage, wo genau man sich denn engagieren kann. Tatsächlich gibt es zahlreiche Möglichkeiten.

Wer gerne etwas für Studierende tun möchte, kann sich beispielsweise in der Fachschaft seines Studiengangs engagieren. Die Mitglieder der Fachschaft vertreten die Gesamtheit der Studierenden des betreffenden Faches. Sie sind vor allem dafür verantwortlich, eine Anlaufstelle für Studierende zu bilden und deren Eingewöhnung in das studentische Leben zu fördern. Sie organisieren Erstsemestereinführungen und Semesterpartys und erstellen Orientierungsmagazine.

Wer verhindern möchte, dass die studentische Stimme in der weitläufigen Landschaft der Hochschulpolitik verloren geht, der kann sie im allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) oder in vergleichbaren studentischen Gruppen engagieren. Diese sind für die Außenvertretung der Studierenden verantwortlich.

Des Weiteren gibt es zahlreiche studentische Initiativen, deren Mitgliedschaft vorteilhaft sein kann. Wer später in die Medien- und Kommunikationsbranche möchte, kann sich zum Beispiel im Uni-Radio engagieren oder für Uni-Magazine schreiben. IT-ler sind in der Technik stets gefragt, um beispielsweise die Server der Uni am Laufen zu halten.

Ärzte ohne Grenzen

Häufig sind an der Uni auch Hochschulgruppen großer Nichtregierungsorganisationen wie etwa Amnesty International vertreten. Vom Spenden sammeln und Flyer verteilen über die Organisation größerer Events können Freiwillige hier auf vielfältige Weise Engagement zeigen. Teilweise bilden sich auch eigene soziale oder ökologische Initiativen, so bei "Greening the University e.V." an der Uni Tübingen. Die teilnehmenden Studierenden setzen sich für eine nachhaltige Energiewirtschaft der Uni ein und können dabei einen besonders beachtlichen Erfolg verzeichnen: Das Studium Oecologicum, das sich rund um Themen wie Nachhaltigkeit und Energiesparen dreht, wurde erst auf Initiative von Greening the University gegründet.

Ein Klassiker unter den Ehrenämtern an Universitäten sind nach wie vor Patenschaften. Hier übernimmt man die Mentor- oder Patenschaft für ausländische Studierende, körperlich oder geistig eingeschränkte, Seniorenstudierende oder Studierende mit Kind und hilft bei den unterschiedlichen Anforderungen, die im Uni-Alltag zu bewältigen sind.

Auch Tandem-Programme zwischen heimischen und ausländischen Studierenden werden nahezu von jeder Uni angeboten. Die Tandempartner treffen sich an ein oder mehreren Tagen pro Woche und machen etwas miteinander. Dabei gelten die Partner als Experten für ihre jeweilige Muttersprache und helfen den Gegenübern, diese so gut wie möglich zu erlernen. Durch dieses Ehrenamt werden nicht nur die eigenen Sprachkenntnisse, sondern zusätzlich auch die interkulturellen Kompetenzen gestärkt. Ähnliche Tandem-Programme werden auch von vielen sozialen Organisationen, wie beispielsweise der Caritas, bezüglich der Eingliederung von Flüchtlingen angeboten.

Außerhalb der Uni bieten sich ebenfalls zahlreiche Möglichkeiten, sich gesellschaftlich zu engagieren. Wichtig ist zum Beispiel die Schüler- und Hausaufgabenhilfe für diejenigen, die sich keinen bezahlten Nachhilfeunterricht leisten können, auf diesen aber dringend angewiesen sind. Die Diakonie, das Kinderhilfswerk und weitere Vereine sind Ansprechpartner für diejenigen, die sich in diesem Bereich gemeinnützig einbringen möchten.

Auch die Altenpflege oder die allgemeine Lebenshilfe ist häufig auf ehrenamtliche Arbeit angewiesen. Wer sich die Pflege eines Menschen nicht zutraut, kann bereits dadurch helfen, wenn er einfach Zeit mit Menschen verbringt, die nur noch wenige soziale Kontakte pflegen.

Wichtig bei der Suche nach einem Lehramt ist stets, dass die persönlichen Interessen in dieses einfließen können. Wer sportbegeistert ist, kann eine Jugendmannschaft leiten. Studierende einer technischen Universität finden eventuell bei der Hilfsorganisation Ingenieure ohne Grenzen das passende Engagement. Wie so viele Ehrenämter bietet dieses nicht nur die Möglichkeit, seine theoretischen Kenntnisse zu vertiefen, sondern auch die Vernetzung in der späteren Arbeitsbranche voranzutreiben.

Wo finde ich ein Ehrenamt?

Zunächst kann bei der Fachschaft oder dem Studentenwerk nachgefragt werden. Am schwarzen Brett an der Uni oder auf diversen Internetportalen (csr-jobs.de, ehrenamtsportal.de, charisma-diakonie.de, caritas.de/spendeundengagement/engagieren, ehrenamt.de) findet sich ebenfalls ein breites Angebot an Auswahlmöglichkeiten. Einfach mal einen gemeinnützigen Verein anzuschreiben, dem man gerne helfen möchte, kann ebenfalls zum Erfolg führen.