VON SUSANNE BREM | 29.04.2017 14:02
Crowdfarming: Hilf mir, dein Essen anzubauen
Vor zwei Jahren sind die spanischen Geschwister Úrcolo mit ihrem neuen Geschäftsmodell gestartet: Die Orangenbauern ernten ihre Zitrusfrüchte erst dann, wenn sie vom Konsumenten gekauft wurden, und auch nur exakt in der bestellten Menge. Die Käufer und Käuferinnen übernehmen dabei Patenschaften für das Lebewesen, von dem sie später konsumieren. Beim Crowdfarming erzeugt man so viel, wie gebraucht wird – aber nicht mehr. Was zu Beginn von vielen Augen mit Skepsis beobachtet wurde, hat sich mittlerweile als Konzept bewährt und wird von anderen Bauern nachgeahmt. Ist diese Strategie die Zukunft der Lebensmittelproduktion?
Die Familie Úrcolo stand vor sieben Jahren kurz vor dem Ruin. Die Zwischenhändler wollten die Ernte zu solch niedrigen Preisen abkaufen, dass teilweise nicht einmal mehr die Produktionskosten gedeckt waren. Viele andere Bauern in der Region ums spanische Valencia ereilte dasselbe Schicksal, einige mussten ihre Landwirtschaft schließlich aufgeben. Die Úrcolos versuchten sich stattdessen aber an einer neuen Strategie: Sie wollten künftig direkt an den Endkonsumenten verkaufen und den Zwischenhandel überspringen. Für den Verkauf sollte exakt die Menge geerntet und versendet werden, die die Kundschaft haben möchte. Ein weiterer Clou: Die Käufer und Käuferinnen übernehmen künftig eine Patenschaft für das Lebewesen, von dem sie profitieren möchten. So entspricht der Baumbestand auch dem tatsächlichen Bedarf und Kaufinteresse im Endverbrauch und die Bauern investieren in keine Pflanzen, deren Früchte sie nicht loswerden. Ein gutes Konzept?
Der Nutzen: effizient und nachhaltig
Crowdfarming bedient sich damit dem Prinzip der Schwarmfinanzierung. Indem viele einzelne Abnehmende bereits vor der Produktion ins Boot geholt werden und ihre Kaufkraft gebündelt wird, mindern die Bauern ihr finanzielles Risiko und sichern ihre Abnahmen. Dadurch kann außerdem einer Überproduktion entgegen gewirkt werden, die zu Lebensmittelverschwendung führen würde (100 Millionen Tonnen Nahrung, 1/3 der Gesamtproduktion in Europa, werden laut Gonzalo Úrcolo weggeworfen). Und auch die finalen Kunden und Kundinnen ziehen ihren Nutzen aus Crowdfarming: Sie wissen als Pate und Patin genau, woher das Obst stammt, unter welchen Bedingungen es hergestellt und ob oder wie es chemisch behandelt wurde. Crowdfarming bietet eine hohe Transparenz; dazu kann man selbst einen direkten Bezug zu seinem Essen gewinnen, seine Entstehung nachvollziehen und dessen Wert besser verstehen.
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Ähnlichen Ansätzen begegnet man immer häufiger. In Sachsen haben Konsumenten z. B. die Möglichkeit, dort angebautes Obst und Gemüse selbst zu ernten und zu gärtnern. Da dieses Prinzip auch bereits in die Viehlandwirtschaft eingezogen ist, hilft es, artgerechte Tierhaltung zu ermöglichen und zu kontrollieren. So kann man bei den spanischen Orangenbauern auch eine Bienen- statt Baumpatenschaft übernehmen und dabei seinen Honig beziehen. Auf der südafrikanischen Rinderfarm Livestock Wealth werden mithilfe von Investorengeldern Rinder aufgezogen und Kälber geboren und gepflegt. All diesen Projekten ist der Gedanke gemeinsam, das für den Mensch Profitable an der Natur zwar weiter zu nutzen, aber dabei nachhaltig zu agieren. Konsumierende sollen am Produktionsprozess teilhaben können, um ihn so transparenter und verständlicher zu machen, die Wertschätzung dafür zu erhöhen und die Umwelt nicht für finanziellen Gewinn auszubeuten. Die Zahl derer, die sich mit den Handlungsprinzipien des Crowdfarmings identifizieren, wächst derzeit immer weiter. Die Úrcolos sprechen ihrerseits bereits von einer „
Orangen-Revolution“.
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