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Boreout: Wenn Unterforderung krank macht?

Boreout, Desinteresse und Langeweile im Job sind die Gegensätze zum oft zitierten Burnout. Weniger problematisch ist das nicht. Ob man im Job überfordert oder unterfordert ist - beides kann krank machen.

Beate Schulze beantwortet die wichtigsten Fragen zum Boreout. Sie ist Soziologin und Psychologin an der Universität Zürich und forscht zum Thema Stressprävention und Burnout.

Was sind die Ursachen von Boreout?

Beate Schulze: Auf den ersten Blick entsteht Boreout durch Unterforderung. Diese kann zu Langeweile und Selbstzweifeln führen. Vielen Betroffenen kommen zudem Zweifel über den Sinn ihrer Arbeit: Sie werden – wie beim Burnout-Syndrom – desinteressiert und zynisch.

Doch wie entsteht Unterforderung? Eine Studie bei CEOs ergab: Top-Manager gehen davon aus, dass zwei Prozent ihrer einfachen Angestellten gerne mehr Verantwortung hätten. Fragt man die Angestellten, wünschen sich 60 Prozent von ihnen eine anspruchsvollere Aufgabe. Hinzu kommt, dass Vorgesetzte zu wenig Zeit haben, die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter kennenzulernen und ihnen Rechnung zu tragen.

Der Untergebene empfindet dies als fehlende Anerkennung – einer der häufigsten Stressfaktoren. Nicht zuletzt spielt aber auch die wachsende Erwartung an den Job eine Rolle. Unsere Arbeit soll viele Wünsche erfüllen: Geld, Karriere, Selbstverwirklichung, Spass, soziales Netz.

Warum ist Unterforderung genauso schlimm wie Überforderung?

Bei leistungsorientierten Menschen, und so sehen sich heute die meisten, ist Unterforderung sehr belastend. Sie signalisiert fehlende Wertschätzung. Betroffene fühlen sich wie unsichtbar. Wenn Engagement und Ideen nicht mehr gefragt sind, ist dies extrem demotivierend. Es entsteht, wie bei Menschen, die überlastet sind, eine grosse emotionale Anspannung.

Boreout führt gleichermassen zu Stress wie Burnout?

Ja, aber die Stressmechanismen unterscheiden sich. Beim Boreout liegen die Gründe in mangelnder Anerkennung, darin, dass berufliche Ambitionen missachtet und Betroffene vom Kollegenkreis ausgeschlossen werden. Und häufig steht die aktuelle Arbeitssituation im Widerspruch zum eigenen Leistungsverständnis. Das erzeugt Scham und Selbstzweifel. Aber auch Druck, den Schein zu wahren – also beschäftigt zu erscheinen.

Wurde das Phänomen Boreout wissenschaftlich untersucht?

Von Boreout spricht man erst, seit die beiden Unternehmensberater Philippe Rothlin und Peter R. Werder ein Buch darüber veröffentlicht haben. Wissenschaftlich wird zwischen Burnout und Boreout nicht unterschieden. Boreout kommt als Konzept nicht vor, entsprechend gibt es auch keinerlei wissenschaftliche Studien zu dem Phänomen. Unterforderung hingegen wird bereits in einem der ersten Stressmodelle aus dem Jahr 1908 thematisiert.

Restrukturierung, Stellenabbau: Viele Angestellte klagen heute über zu viel Arbeit – wie kann es sein, dass es welche gibt, die ihre Arbeitstage mit Nichtstun verbringen?

Dass sie gar nichts tun, ist ja nicht der Fall. Sie fühlen sich bei dem, was sie tun, vielmehr desillusioniert. Und dafür bietet die heutige Arbeitswelt durchaus Gelegenheit. Vielen werden Arbeiten abverlangt, die nichts mit ihrem ursprünglichen Berufsbild oder ihrer Stellenbeschreibung zu tun haben. Psychologen sprechen von "illegitimen Aufgaben".

Damit werden Fachleute gezwungen, ihre eigentliche Kompetenz brach liegen zu lassen. Beispielsweise Ärzte: Sie müssen immer mehr administrative Aufgaben erledigen und verlieren dadurch viel Zeit für den Kern ihrer Arbeit – sich um die Patienten zu kümmern. Das wird als unfair empfunden. Und diese Stressfaktoren greifen den Selbstwert an.

(Die Fragen stellte Vera Sohmer)

Checkliste:

Wenn Sie vier oder mehr der folgenden Fragen mit Ja beantworten, könnten Sie von Boreout betroffen sein.

Erledigen Sie private Dinge während der Arbeit?

Fühlen Sie sich unterfordert oder gelangweilt?

Tun Sie ab und zu so, als ob Sie arbeiten würden – tatsächlich haben Sie aber nichts zu tun?

Sind Sie mit Ihrer Arbeit eher unglücklich?

Vermissen Sie den Sinn in Ihrer Arbeit, die tiefere Bedeutung?

Könnten Sie Ihre Arbeit eigentlich schneller erledigen, als Sie dies tun?

Würden Sie gerne etwas anderes arbeiten, scheuen aber den Wechsel, weil Sie dabei zu wenig verdienen würden?

Verschicken Sie während der Arbeit private E-Mails an Kollegen?

Interessiert Sie ihre Arbeit nicht oder wenig?

(Quelle: Diagnose Boreout: Warum Unterforderung im Job krank macht, Philippe Rothlin, Peter R. Werder, Redline-Wirtschaftsverlag)

Von Vera Sohmer MONSTER.DE

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