VON SINEM S. | 25.05.2012 11:06

Schule der Zukunft?

Auf der Mörikeschule in Nürtingen läuft einiges anders, zumindest anders als auf herkömmlichen Schulen. Das Stichwort lautet hier „Beziehungssicherheit“. Die Schule möchte ihren Zöglingen emotionale Sicherheit bieten, weil dies nach Ansicht der Pädagogen die Grundlage für eine gewaltfreie Umgebung bildet und die Schüler zu handlungsfähigen und selbstbewussten Menschen erzieht.

In einer „Atmosphäre des Vertrauens“ sollen die Kinder und Jugendlichen der Mörikeschule in Nürtingen in ihrer Eigenwahrnehmung und Empathiefähigkeit gestärkt werden, Konflikte selbstbewusst aushandeln und Freude am Lernen entwickeln. Selbstständigkeit ist auch eine Leitlinie dieses Schulkonzepts, und soll eine „innere, intrinsische Motivation“ bewirken, die die Schüler dazu anregt, eigenständig ihre Interessen und Ziele zu verfolgen. Sozialtraining in Kleingruppen und Berufseinstiegsbegleiter sollen emotionale und soziale Kompetenzen fördern, Lesepaten, Hausaufgabenbetreuung und das „Lernbüro“ sorgt für die Entwicklung der Basiskompetenzen in Mathe und Deutsch. Die Kinder kommen auch nicht zu kurz in puncto Bewegung: Hiphop, Basketball, Judo, Kendo und die Gartenwerkstatt sorgen unter anderem auch für die leibliche Betätigung. Zudem hat die Mörikeschule eine eigene Schulsozialarbeit, die Kindern in schwierigen Konfliktsituationen helfen und beratend zur Seite stehen. Realistische Lebensperspektiven können hier zusammen erarbeitet werden und stärken das Selbstvertrauen der Schüler. In der sozialpädagogischen Gruppenarbeit werden Teamfähigkeit, Toleranz und Respekt geschult. Wenn man bedenkt, dass an herkömmlichen Schulen oftmals Leistungsdruck und Mobbing an der Tagesordnung stehen, bietet einem die Mörikeschule mit ihrem Konzept mehr emotionale Sicherheit, als Schulen, die sich strikt an den Lehrplan halten, und keine Zeit für Problemfälle finden.

Auch Nena macht es vor

Selbstvertrauen

2007 gründete Nena mit ihrem Ehemann Philipp Palm die Neue Schule Hamburg (NSH). „Demokratische Schule für eine sich verändernde Welt“: Die Schüler machen was sie wollen, es gibt keine Klassen und auch keine Bewertung der Leistungen. Was erstaunlich ist: Die Schüler sind in den Arbeitsgemeinschaften (so wird der Unterricht genannt) und auch in ihren Freundschaften altersmäßig stark gemischt. So kann es vorkommen, das im Geschichtskurs (der übrigens nicht obligatorisch ist, die Kinder können sich dafür anmelden), ein 6-jähriger mit einem 16-jährigen zusammensitzt und gemeinsam dem Geschichtslehrer lauscht. An der NSH haben Kinder vor allem genug Zeit, um sich spielerisch auf Entdeckungsreise zu begeben und selbst als Forscher tätig zu werden. Wer möchte, kann ein Buch lesen, im Garten arbeiten oder in der Gemeinschaftsküche kochen. Oder sich einfach nur unterhalten. Statt Unterricht gibt es hier einfach nur genug Raum und Zeit für kreative Selbstexperimente. Der Basislernstoff wird deswegen aber trotzdem nicht vernachlässigt, die Kinder und Jugendlichen gestalten sich ihren Tages-/Lernablauf selbst und entscheiden, wann sie was lernen möchten. Prüfungen gibt es keine, wer möchte, kann diese extern ablegen, die Lehrer helfen einem beim Erarbeiten des Stoffes. Grundsätzlich ist die Schule nämlich davon überzeugt, dass ein Abitur kein Garant für einen erfüllten Lebensweg sein muss, jegliche Berufszweige sind erstrebenswert, Hauptsache das Kind weiß, was es kann und möchte. Zwänge sind hier fehl am Platz. Außerdem funktioniert die Schule nach dem basisdemokratischen Prinzip: Schüler und Mitarbeiter sind gleichberechtigt, auf wöchentlichen Schulversammlungen wird demokratisch über Dinge abgestimmt, die Organisation und Verwaltung betreffen. Soll ein neuer Lehrer eingestellt werden, entscheiden auch hier Schüler und Lehrer zusammen. Das Modell der Neuen Schule Hamburg richtet sich nach dem Vorbild der Sudbury-Valley School, die 1968 in den USA gegründet wurde.